Burka-Debatte geht weiter

De Maizière verteidigt geplantes Teilverbot der Vollverschleierung

Während viele Politiker für ein teilweises Burka-Verbot im öffentlichen Dienst oder an Schulen plädieren, sehen andere in der Debatte eine „reine Symbolpolitik“. Derweil entscheidet ein Gericht über einen Burka-Fall an einer Schule.

In der sogenannten Burka-Debatte suchen Politiker einen Ausgleich zwischen religiöser Toleranz und westlichen Werten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte ein geplantes Teilverbot der Vollverschleierung. „In bestimmten Bereichen ist es für das Funktionieren unserer Rechtsordnung unverzichtbar, auch rechtlich einzufordern, dass alle Menschen ihr Gesicht zeigen“, sagte de Maizière der Bild am Sonntag.

Die Vollverschleierung sei „ein Affront gegen die offene Gesellschaft und zudem frauenfeindlich“, so der Innenminister. Ein generelles Burka-Verbot schloss de Maizière allerdings aus. „Man kann nicht alles, was man ablehnt, gleich verbieten. Ich möchte nicht mit einem Burkaverbot vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern“, fügte der CDU-Politiker hinzu.

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Ramelow: Union rückt wieder nach rechts

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte zu Forderungen aus CDU und CSU nach einem Burka-Teilverbot der Zeitung Die Welt: „Da merke ich, dass sich an ihrer konservativen Blut-und-Boden-Weltsicht nichts geändert hat. Die Union rückt wieder ganz weit nach rechts.“

Die Länder-Innenminister von CDU und CSU hatten sich in ihrer am Freitag vorgestellten „Berliner Erklärung“ auf die Forderung nach einem teilweisen Verbot der Vollverschleierung geeinigt. Danach könnten Niqab oder Burka etwa im öffentlichen Dienst, vor Gericht, im Verkehr, sowie in Schulen und Kitas verboten werden.

Kraft kann sich Teilverbot vorstellen

Auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zeigte sich offen für ein Verbot der Vollverschleierung in bestimmten öffentlichen Bereichen. „Wir werden die Vorschläge für ein spezielles Burka-Verbot genau prüfen“, sagte die NRW-Regierungschefin der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. „In den öffentlichen Einrichtungen müssen wir das regeln, weil es wichtig ist, auf dem Amt den Menschen ins Gesicht zu sehen.“ Im Verkehr müsse die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gewährleistet werden.

In islamischen Gesellschaften sei die Burka ursprünglich eine Art Privileg und nicht unbedingt mit der Unterdrückung der Frau verbunden gewesen, sagte die Kulturwissenschaftlerin Barbara Vinken am Sonntag im Deutschlandfunk. In der Debatte über ein Verschleierungsverbot sieht Vinken die Chance, darüber nachzudenken, dass auch „wir keine Gleichheit der Geschlechter haben“.

Polizeigewerkschaft: Burka keine Sicherheitsfrage

Gegen ein Verbot der Vollverschleierung sprach sich der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, im Radiosender NDR Info aus. Er sei der Ansicht, das Burka-Verbot stehe „für reine Symbolpolitik“. Es lenke von den tatsächlichen Problemen ab, die man im Bereich der inneren Sicherheit in Deutschland habe. „Ein Burka-Verbot ist eine Frage der Integration und der Zuwanderungs-Politik und weniger ein Thema der inneren Sicherheit.“

Radek sagte der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung: „Die Burka interessiert uns als Polizei nur, wenn sie bei einer Identitätsfeststellung hinderlich sein sollte.“

Burka im Social-Media

Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt wertete ein mögliches Teilverbot für die Burka als „richtiges Signal“. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Hasselfeldt, „Integrationshemmnisse dürfen wir nicht aus falsch verstandener Toleranz dulden“. Insofern sei der Beschluss der Unionsinnenminister zu begrüßen, Vollverschleierung an Schulen, Universitäten, bei Meldeämtern oder auch bei Demonstrationen zu verbieten.

Auch im Internet wird die Burka-Diskussion kontrovers geführt. Das Thema trägt aber auch zur allgemeinen Belustigung bei. Ekrem Şenol etwa fordert im Hinblick auf die geringen Fallzahlen ein „Walfangverbot an Deutschlands Flüssen – stellenweise zumindest“. Ein Twitter-Nutzer Namens Brand New Me schreibt: „Ein Burka-Verbot gegen Terrorismus. Als nächstes: Glatzenverbot gegen Rechtsextremismus.“ Und Tanja versteht Folgendes nicht: „Rassisten muss eine Demokratie ertragen, aber Kleidungsstücke bedrohen die freiheitliche Grundordnung.“

Burka-Fall vor Gericht

Derweil entscheidet das Verwaltungsgericht Osnabrück an diesem Montag in einem Eilverfahren darüber, ob ein Abendgymnasium eine vollverschleierte Muslimin unterrichten muss. Die Frau habe Klage eingereicht, weil das Osnabrücker Gymnasium eine bereits erteilte Zulassung widerrufen habe, teilte das Gericht mit. Die Schule habe die Frau zunächst im April aufgenommen, hieß es. Zu Beginn des Schuljahres habe sich jedoch herausgestellt, dass die Muslimin sich aus religiösen Gründen verpflichtet sieht, einen Niqab zu tragen. Dabei handelt es sich um einen Gesichtsschleier, der lediglich einen kleinen Sehschlitz für die Augen offen lässt.

Der in Deutschland aufgewachsene türkische AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroğlu sieht in diesem Fall die Schule im Recht. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter schreibt er: „Wer sein Gesicht der Kommunikation entzieht, kann auch nicht unterrichtet werden.“ (epd/mig)