Im Fokus der Grünen

Beck und Özdemir gegen Ditib

Die Ditib steht derzeit im Fokus der Grünen. Vor allem Beck und Özdemir werfen dem Verband vor, abhängig von Ankara zu sein. Das Land Hessen dementiert. Es arbeitet seit Jahren mit der Ditib. Hinweise für einen Einfluss Ankaras gebe es nicht.

Angesichts der jüngsten Entwicklung in der Türkei rückt in Deutschland die Türkisch-Islamischen Union (Ditib) in den Fokus. Vor allem Grünen-Politiker kritisieren den Verband bei jeder Gelegenheit, sie unterstehe dem türkischen Präsidenten Erdoğan und sei nicht unabhängig. Die Ditib dementiert die Vorwürfe. Auch das hessische Kultusministerium kann die Kritik nicht nachvollziehen. Sie hält am Ditib als Partner beim islamischen Religionsunterricht fest.

„Wer mit Ditib kooperiert, kooperiert mit Ankara und nicht mit einer Religionsgemeinschaft in Deutschland“, sagte der religionspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Beck, dem Evangelischen Pressedienst. Die Predigtmotive in Ditib-Moscheen würden „direkt aus der nationalen türkischen Politik entnommen, nicht aus der Religion“, sagte der Oppositionspolitiker ohne konkrete Beispiele zu nennen.

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Beck für, Özdemir gegen Reli-Unterricht mit Ditib

Er sei nicht für einen Abbruch der Gespräche oder bestehender Kooperationsformen. „Ich rate aber dringend davon ab, von den Grundlagen des deutschen Religionsverfassungsrechts abzusehen, indem man religiöse Vereine zu Religionsgemeinschaften macht und sie damit mit Privilegien einer Körperschaft des öffentlichen Rechts analog zu den Kirchen ausstattet“, sagte der Bundestagsabgeordnete.

Beck fügte hinzu, es spreche nichts dagegen, dass Ditib auch künftig beim islamischen Religionsunterricht mitredet. „Aber ausschließlich mit Ditib zu reden, das geht nicht“, betonte er. Als gute Übergangslösung bezeichnete er das Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen, wo der Beirat für den islamischen Religionsunterricht aus Vertretern der Verbände und Sachverständigen besteht. NRW hatte zum Schuljahr 2012/13 als erstes Bundesland den bekenntnisorientierten Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach eingerichtet.

Ditib: Zur Ditib gehören bundesweit mehr als 900 Ortsgemeinden. Gegründet wurde der Dachverband mit Sitz in Köln 1984 als eingetragener Verein. Die Ditib tritt laut Selbstdarstellung für einen weltoffenen und liberalen Islam ein und verfolgt gemeinnützige religiöse, wohltätige, kulturelle und sportliche Zwecke. In ihren Grundsätzen ist verankert, dass sie als überparteiliche Organisation „jede Art von parteipolitischer Aktivität in den Vereinsräumen“ verbietet. Organisatorisch ist die Ditib mit der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet verbunden. Die meisten der rund 900 Imame, die in Ditib-Moscheen in Deutschland arbeiten, sind türkische Beamte, die von der türkischen Behörde bezahlt werden. Die Imame werden in der Regel für fünf Jahre nach Deutschland geschickt und müssen Studium und Berufserfahrung vorweisen. Etwa 60 Ditib-Imame sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Um die Zahl der in Deutschland ausgebildeten Vorbeter zu erhöhen, fördert der Verein nach eigenen Angaben muslimische Studierende an deutschen Universitäten.

Grüne bei türkischen Muslimen durch

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir geht noch einen Schritt weiter und verlangt, den Einfluss des Islam-Verbandes Ditib auf den islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen zurückzudrängen. Ditib gehe es „in erster Linie um Politik und nicht um Religion“, sagte Özdemir dem Boulevardblatt Bild. Für seine Vorwürfe lieferte auch Özdemir keine Beispiele.

Die Ditib weist die Kritik zurück. Die Vorwürfe seien ein „Bashing von Muslimen“ und schadeten deren Integration, sagte Ditib-Sprecher Zekeriya Altug am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst. Dies bringe auch die Institutionalisierung des Islams in Deutschland in Gefahr. Durch das Verhalten mancher Politiker würden die Muslime genau dazu gedrängt, was man ihnen momentan unterstelle, „dass sie sich von Deutschland weiter entfremden.“

Tatsächlich wird der Unmut innerhalb der muslimischen Community immer größer. Gemunkelt wird, die Grünen-Politiker würden wahllos gegen alles austeilen, was mit der Türkei oder dem sunnitischen Islam in irgendeiner Form in Verbindung steht. Auf Wählerstimmen aus der türkisch-muslimischen Community könnten die Grünen ohnehin nicht mehr zählen. Teile der Community sehen aber auch in der Ditib die Schuld. Durch ihre zunehmenden Alleingänge habe der Verband den Koordinationsrat der Muslime, ein Zusammenschluss der vier größten islamischen Religionsverbände in Deutschland, geschwächt und stünde nun weitestgehend alleine da.

Rheinland-Pfalz will prüfen

In den Bundesländern wird der Umgang mit Ditib unterschiedlich gesehen. Während Rheinland-Pfalz nach den Worten von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kritisch prüfen will, ob der Verband sich weiter an Vertragsverhandlungen der Landesregierung mit fünf islamischen Verbänden zur Ausgestaltung des islamischen Religionsunterrichts beteiligen könne, will Hessen an Ditib als Partner beim islamischen Religionsunterricht festhalten.

Ein Sprecher des hessischen Kultusministeriums nannte auf epd-Anfrage die Diskussion über Ditib in Rheinland-Pfalz zwar verständlich. In Hessen sei die Situation aber nicht vergleichbar. Denn in diesem Bundesland gebe es ja schon seit mehr als drei Jahren eine bewährte Zusammenarbeit mit der türkisch-islamischen Organisation.

Hessen: keine Hinweise auf Einfluss Ankaras

Die Landesregierung überprüfe regelmäßig den von Ditib-Leuten erteilten Religionsunterricht. Dabei habe sich bislang gezeigt, dass es keinen Einfluss des türkischen Staats gebe. Sollte ein solcher festgestellt werden, würde ihn das hessische Kultusministerium auch nicht dulden und unverzüglich eingreifen, sagte der Sprecher. Bislang habe es nie einen Grund für Beanstandungen gegeben.

In Niedersachsen ist die Unterzeichnung der umstrittenen Verträge des Landes Niedersachsen mit den muslimischen Verbänden erneut infrage gestellt. Die CDU-Fraktion in Landtag beschloss am Dienstag einstimmig, während der laufenden Legislaturperiode keine weiteren Verhandlungen aufzunehmen. Insbesondere der Verband Ditib habe nicht die nötige Staatsferne zur Türkei, sagte der Fraktionsvorsitzende Björn Thümler in Hannover. Die Landesregierung verhandelt seit Jahren mit den Verbänden Ditib und Schura und den Alevitischen Gemeinden über den Vertrag. (epd/mig)