Bürokratische Hürden

Wer Flüchtlinge beschäftigen will, braucht einen langen Atem

Flüchtlinge wollen gerne arbeiten. Doch bei der Integration in den Arbeitsmarkt sind etliche bürokratische Hürden zu überwinden. Neue Integration Points in Bonn bieten erste Hilfe.

„In Syrien wollte ich Architekt werden“, sagt Jehad Abdou. Seit knapp einem Jahr lernt der 17-Jährige am Bonner Heinrich-Hertz-Berufskolleg Deutsch. Jehad ist einer von acht Jugendlichen aus der Internationalen Förderklasse des Heinrich-Hertz-Berufskollegs in Bonn. Die meisten der acht Flüchtlinge im Alter zwischen 16 und 18 Jahren haben auch schon ein Praktikum absolviert. „Die Arbeitgeber waren durchweg zufrieden“, kann ihre Lehrerin, Anna Katinka Rödger, berichten.

In einem Jahr wollen die Jugendlichen gut genug Deutsch können, um eine Ausbildung zu beginnen. Dann wird der Integration Point, eine gemeinsame Einrichtung der Arbeitsagentur und der Stadt Bonn, Anlaufstelle für die Vermittlung sein. Aber auf dem Weg in den Arbeitsmarkt sind Hürden zu nehmen. Und das gilt nicht nur für die Flüchtlinge. Denn Unternehmer, die Flüchtlinge einstellen wollen, müssten einen langen Atem haben, berichten drei Arbeitgeber aus der Region.

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Als Unternehmer müsse man sich sehr bemühen und selbst aktiv auf die Behörden zugehen, sagt Jörg Haas, Mitinhaber der BonnVisio Unternehmensgruppe, die unter anderem Hotels betreibt. Sein Unternehmen habe eigens eine Mitarbeiterin aus der Personalabteilung freigestellt, um die Einstellung von Flüchtlingen zu organisieren. Es sei aber vor allem für kleinere Betriebe kaum möglich, die gesetzlichen Vorgaben zu durchschauen. „Wir Unternehmer brauchen jemanden, der uns durch den Paragraphen-Dschungel führt“, erklärt Haas. Insofern sei der im April eröffnete Integration Point in Bonn ein Schritt in die richtige Richtung. Insgesamt gibt es in Nordrhein-Westfalen 53 Integration Points, die helfen sollen, Flüchtlinge unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Derzeit sei das allerdings noch zu schwierig, kritisiert Paul Faßbender, Seniorchef der Baustoffhandelsfirma Tenten. Die Gesetze müssten vereinfacht werden. Dass sein Unternehmen inzwischen zwei Flüchtlinge eingestellt habe und einen als Praktikanten beschäftige, sei vor allem der Flexibilität der örtlichen Arbeitsagentur zu verdanken.

Flexibel müssen auch die Arbeitgeber sein, wie die Erfahrungen von Ruth van der Elzen zeigen. Die Geschäftsführerin der Nova Vita Residenz Bonn, die ein Hotel und ein Seniorenheim betreibt, stellte einen Flüchtling als Auszubildenden für das Hotelfach ein. Doch es stellte sich heraus, dass er den Anforderungen in der Berufsschule noch nicht gewachsen war. „Jetzt wird er erst einmal Fachkraft im Gastgewerbe und dann gucken wir weiter“, sagt van der Elzen. „Teilqualifizierung“ heißt das in der Sprache der Arbeitsagentur. So wie in diesem Fall sei ein schrittweises Vorgehen immer öfter die Lösung, sagt Raimund Becker, Vorstand der Bundesagentur für Arbeit.

Van der Elzen hat allerdings auch schon die Erfahrung gemacht, dass die Erwartungen zu hoch sind. Ein jugendlicher Flüchtling brach die Beschäftigung in ihrem Unternehmen ab, weil seine Familie darauf pochte, dass er in Deutschland studieren solle. Auch Jehad Abdou soll studieren. Aber er ist realistisch. Ob er seinen Traum vom Architektur-Studium in Deutschland verwirklichen könne, wisse er noch nicht. „Vielleicht mache ich auch eine Ausbildung.“ (epd/mig)