EU-Flüchtlingspolitik

Entwicklungshilfe und Fluchtursachenbekämpfung stehen nur auf dem Papier

Wenn die EU Flüchtlingspolitik mit afrikanischen Ländern macht, steht häufig „Entwicklungshilfe“ und „Fluchtursachenbekämpfung“ auf dem Papier. In Wahrheit werden dubiose Vereinbarungen mit unterdrückerischen Regimen geschlossen und mit Wirtschaftssanktionen gedroht wenn Grenzen nicht dichtgemacht werden.

In der Flüchtlingspolitik plant die EU-Kommission, afrikanischen Staaten sogenannte Migrationspartnerschaften anzubieten. Ziele seien eine Bekämpfung von Fluchtursachen und ein Rückgang der irregulären Migration nach Europa, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Die Idee baue auf Erfahrungen auf, die Brüssel mit dem EU-Türkei-Abkommen gemacht habe. Zu den ausgewählten Länder gehören demnach Tunesien, Niger, Äthiopien, Mali, Senegal, Nigeria und Libyen sowie die Nahost-Staaten Jordanien und Libanon.

Im Laufe der Zeit könnten aber noch weitere Länder in Afrika und Asien dazu kommen, sagte der griechische EU-Kommissar: „Wir wollen mit jedem dieser neun Staaten verschiedene Vereinbarungen treffen. Wir wollen sie überzeugen, dass sie illegale Migranten wieder zurücknehmen. Wir möchten zudem erreichen, dass diese Länder konsequent gegen Menschenschmuggler vorgehen und dass sie ihre Grenzen wirksam sichern.“

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Wer nicht mitmacht soll bestraft werden

Außerdem wolle Brüssel mit Staaten, die in unmittelbarer Nähe zu den Herkunftsländern der Flüchtlinge liegen, vereinbaren, dass sie den Menschen noch stärker als bisher eine sichere Aufnahme nahe der Heimat gewähren, sagte Avramopoulos. Ländern, die sich kooperativ zeigten, könne zusätzlich zu den bisherigen Hilfsgeldern weitere substanzielle Unterstützung oder etwa der Ausbau von Handelsbeziehungen zugesagt werden. „Wer sich nicht an die Vereinbarungen hält, dem können allerdings auch Einschränkungen zukommen“, fügte Avramopoulos hinzu.

Nach Angaben des EU-Kommissars könnten von 2016 bis 2020 etwa acht Milliarden Euro für die Finanzierung der Migrationspartnerschaften bereitgestellt werden. Um langfristig gegen Fluchtursachen vorzugehen, werde die EU-Kommission im Herbst einen Investitionsplan vorstellen, mit dem private und öffentliche Investitionen angestoßen werden sollen. Dafür wolle die Kommission bis 2020 rund 3,1 Milliarden Euro bereitstellen.

Menschenrechtsbeauftragte kritisiert EU-Flüchtlingspolitik

Kritisch äußerte sich die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), zu den Plänen der EU-Kommission. Diese Vereinbarungen liefen darauf hinaus, die Hürden für Flüchtlinge, die aus afrikanischen Ländern nach Europa streben, weiter zu erhöhen. Der geplante Migrationspakt sei „sehr problematisch“.

Deutlicher wurde Ska Keller, migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im EU-Parlament. Mit diesen Plänen wolle die Europäische Kommission die Verantwortung für die globale Flüchtlingskrise an Drittstaaten abschieben. „Mit Fluchtursachenbekämpfung hat das nur wenig zu tun. Der EU-Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten geht es vor allem darum, dass sie mehr Menschen in diese Länder abschieben können“, so Keller.

Mit Eritrea und Somalia sollen unterdrückerische Regime EU-Geld für so genanntes Migrationsmanagement bekommen. Diese Regime sollen durch verstärkten Grenzschutz dafür sorgen, dass die Menschen nicht mehr fliehen können. „Statt Fluchtursachenbekämpfung betreibt die EU-Kommission eine Bekämpfung der Fluchtwege“, so Keller weiter. Der Iran etwa solle nach dem Willen der EU-Kommission dafür sorgen, dass es afghanische Flüchtlinge trotz deutlich steigender Anerkennungsquoten nicht mehr in die Europäische Union schaffen. Die EU-Kommission sei offenbar bereit, die humanitären Werte der EU zu verkaufen.

Ausbau der Festung Europa

Für den Bundestagsabgeordneten Niema Movassat (Die Linke) handelt es sich hierbei um den weiteren „Ausbau der Festung Europa“. Die EU spreche immer davon, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Stattdessen erhöhe sie den Druck auf afrikanische Staaten, „sich zu Komplizen der eigenen tödlichen Abschottungspolitik zu machen“.

Wer den Menschen in Afrika Bleibeperspektiven in ihren Heimatländern schaffen möchte, müsse faire Handelsbeziehungen und Entwicklungspartnerschaften auf Augenhöhe etablieren. Stattdessen „droht die EU den Staaten sogar mit Sanktionen, wenn sie nicht zu willfährigen Außenposten der europäischen Abschottungspolitik werden. Autoritäre Regime wie der Sudan oder Äthiopien werden angehalten, noch autoritärer gegen die eigene Bevölkerung sowie Flüchtlinge aus den Nachbarstaaten vorzugehen. Das ist der endgültige Abgesang auf das sogenannte Friedensprojekt Europa“, so Movassat.

Die EU-Kommission hatte am vergangene Woche Pläne vorgestellt, wonach zunächst mit sieben afrikanischen Ländern Verträge zur Rücknahme von Flüchtlingen geschlossen werden sollen. Kooperationsbereite Länder sollen mit Finanzhilfen und Investitionen belohnt werden, wofür die Kommission bis 2030 acht Milliarden Euro bereitstellen will. (mig/epd)