Opferperspektive

Rassistische Angriffe auf Nachbarn sind normal

Rassistische Übergriffe von Nachbarn gehören laut dem Verein Opferperspektive zur Normalität in Deutschland. Die Opfer würden alleine gelassen, die Polizei verharmlose Rassismus. Unterstützung, wie sie Boateng derzeit erhalte, sei eine Ausnahme.

Der brandenburgische Verein Opferperspektive hat die öffentliche Debatte nach den Äußerungen des AfD-Politikers Alexander Gauland über den Fußballstar Jérôme Boateng begrüßt. Viele Migranten und schwarze Deutsche, die von Rassisten aus der Nachbarschaft vertrieben würden, erführen keine Unterstützung, erklärte Hannes Püschel von der Opferperspektive am Dienstag in Potsdam.

Fußballnationalspieler Jérôme Boateng bestätigt Alltagsrassismus in Deutschland. Zwar sei Fremdenfeindlichkeit in den vergangenen Jahren weniger geworden, aber sie sei „längst noch nicht weg“, sagte Boateng den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das zeigten die jüngsten Gauland-Äußerungen. „Es ist traurig, dass man da wieder etwas zurückgefallen ist. Ich hatte gehofft, das wäre überwunden“, sagte der Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters.

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Polizisten verharmlosen rassistische Angriffe

Laut Püschel von der Opferperspektive gehören rassistische Angriffe auf tatsächliche oder vermeintliche Migranten im engeren Wohnumfeld, mit dem Ziel, sie aus der Nachbarschaft zu vertreiben, zur Normalität in Deutschland. „Allein im Mai wurden uns im Land Brandenburg drei schwere rassistische Angriffe bekannt, die davon motiviert waren, dass die Täter Menschen mit Migrationshintergrund nicht in ihrer Nachbarschaft dulden wollen.“

Die Erfahrungen, die die Betroffenen in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld machen müssten, reichten von Pöbeleien im Hausflur, über zerstörte Fahrräder und Kinderwagen bis zu physischen Angriffen. So sei einem Kenianer beim Bezug der neuen Wohnung von den Nachbarn Pfefferspray ins Gesicht gesprüht worden. Kurdische Kinder wurden den Angaben zufolge von Leuten aus dem Nebenaufgang mit dem Fahrrad angefahren und ein Syrer im Fahrstuhl zusammengeschlagen. „Die Liste ließe sich endlos fortsetzen“, hieß es. Immer noch verharmlosten Polizisten derartige Fälle als Nachbarschaftsstreitigkeiten und Vermieter zögerten, Rassisten ihre Grenzen aufzuzeigen.

Opfer bekommen keine Unterstützung, Boateng Ausnahme

Häufig erhielten die Betroffenen nicht die klare und offene Unterstützung, wie sie jetzt für den Nationalspieler Boateng öffentlich artikuliert werde, betonte Püschel.

Boateng begrüßte die Distanzierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über Regierungssprecher Steffen Seibert als „niederträchtig“ verurteilt hatte. Es habe ihn gefreut, dass Merkel sich „so klar und deutlich“ geäußert habe, sagte der Fußballprofi. Das sei wichtig „nicht nur für mich, sondern auch für unser Land“. Zugleich erklärte der Nationalspieler, er konzentriere sich nun auf Fußball-Europameisterschaft in Frankreich. „Das Thema ist für mich jetzt gegessen“, betonte er. (epd/mig)