"Ungeheuerliche Anmaßung"

CSU-Generalsekretär Scheuer möchte „eigenen Islam kultivieren“

CSU-Generalsekretär Scheuer fordert ein Islam-Gesetz. Damit möchte er die „Kultuvierung“ des Islam. Das stößt beim Integrationsbeauftragten Özoğuz und bei Muslimen auf Kritik. Muslime bräuchten keine Sonderregeln, sondern Gleichbehandlung. Scheuers Vorstoß sei eine „ungeheuerliche Anmaßung“.

Die Forderung von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nach einem Islam-Gesetz, das die Praxis der Finanzierung von Moscheen und Imamen aus dem Ausland beendet, hat ein geteiltes Echo ausgelöst. Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies am Mittwoch in Berlin auf die Deutsche Islamkonferenz, die sich im aktuellen Arbeitsprogramm zum Ziel gesetzt habe, die Beziehungen zwischen Staat und muslimischen Organisationen weiterzuentwickeln. Die Sprecherin des Justizministeriums wollte die Umsetzbarkeit der Forderungen nach einem Islamgesetz auf der Grundlage von Interviewäußerungen nicht kommentieren. Sollte es konkrete Pläne geben, werde das Ministerium sicher eingebunden, sagte sie.

CSU-Generalsekretär Scheuer sagte der Tageszeitung Die Welt: „Wir müssen uns stärker und kritischer mit dem politischen Islam auseinandersetzen, denn er hintertreibt, dass sich Menschen bei uns integrieren. Dazu brauchen wir ein Islam-Gesetz.“ Die Finanzierung von Moscheen oder islamischen Kindergärten aus dem Ausland, etwa aus der Türkei oder aus Saudi-Arabien, müsse beendet werden.

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„Alle Imame müssen in Deutschland ausgebildet sein und unsere Grundwerte teilen“, sagte der CSU-Politiker. Es könne nicht sein, dass andere, zum Teil extreme Wertvorstellungen aus dem Ausland importiert würden. Zudem müsse Deutsch die Sprache der Moscheen werden. „Das aufgeklärte Europa muss seinen eigenen Islam kultivieren. Da stehen wir noch am Anfang unserer Bemühungen. Wir müssen da nun endlich durchstarten.“

Özoğuz gegen Islamgesetz

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), stellt sich gegen den CSU-Vorstoß für ein Islamgesetz. „Für alle gilt in unserem Land das Grundgesetz. Auch für Kirchen und Religionsgemeinschaften“, sagte Özoguz der Passauer Neuen Presse. Der Islam sei Teil von Deutschland. Die überwältigende Mehrheit der Muslime stehe zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wenn es Zweifel an der Finanzierung eines islamischen Vereins gebe, müssten die Behörden den Verein überprüfen. Notfalls könne ein Vereinsverbot verhängt werden, fügte die Politikerin hinzu.

Dagegen wurde der Vorstoß Scheuers vom CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach begrüßt. Die Forderung sei richtig, dass Imame, „die bei uns lehren und für die Moscheegemeinen arbeiten, in Deutschland ausgebildet sein müssten“, sagte der Bundestagsabgeordnete der Saarbrücker Zeitung.

Mit einer Ausbildung in Deutschland würden Imame laut Bosbach auch die gesellschaftlichen Verhältnisse besser kennen. Zudem würden auch „keine Lehrinhalte verbreitet werden, die mit den Normen unserer freiheitlich demokratischen Ordnung nicht vereinbar sind“, betonte der CDU-Politiker. Mit der Finanzierung von Moscheen und Moscheegemeinden wollten Länder wie die Türkei oder Saudi-Arabien „von außen politischen Einfluss auf die Arbeit dieser Gemeinden nehmen“. Das sei weder integrationsfördernd noch im Interesse Deutschland, sagte Bosbach.

„Eine Deutsch-Pflicht bei Predigten in Moscheen lehne ich ab“, fügte die Integrationsbeauftragte Özoğuz hinzu. So etwas werde zurecht auch nicht von Gottesdiensten in der Russisch-Orthodoxen Kirche oder in Synagogen verlangt. „Es will ja auch niemand den katholischen Gottesdienst auf Latein verbieten“, sagte Özoğuz . „Es gibt zudem viele Moscheen, die schon heute alternativ auch Predigten auf Deutsch anbieten.“ Es gebe zudem bereits vier Lehrstühle für Islamische Theologie in Deutschland, die Imame ausbilden.

Islamrat: Wollen keine Sonderrechte

Bei Muslimen stoßen die Forderungen Scheuers auf Kritik: „Wir haben in Deutschland ein vorbildliches und bewährtes Religionsverfassungsrecht, das das Verhältnis von Staat und Religion regelt. Ein ‚Islam-Gesetzes‘ brauchen wir nicht“, erklärt Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrates. Die Politik müsse aufhören, „dem Islam eine Sonderrolle unter den Religionen zuzuweisen. „Der Islam braucht weder Sonderrechte noch ein Gesetz, sondern Gleichbehandlung, im Rahmen des bereits bestehenden Religionsverfassungsrechts“, so Kesici weiter.

Der Islam brauche auch keine Kultivierung von Seiten der Politik. Das ist eine „ungeheuerliche Anmaßung und unvereinbar mit unserer Verfassung“. Die Politik habe weder die gesetzliche noch gesellschaftliche Legitimation, Religionen nach ihren Wünschen zu kultuvieren. Das sei nichts anderes als der Versuch, das verfassungsrechtlich verbriefte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften zu untergraben. „Ich rufe Scheuer zur Besonnenheit auf“, so Kesici.

Die Ausbildungen der in Deutschland tätigen Imame sind nach Angaben der Deutschen Islam Konferenz sehr unterschiedlich. Zentren für islamische Theologie gibt es derzeit an den Universitäten Tübingen, Münster, Osnabrück, Frankfurt am Main und Erlangen-Nürnberg. Die Deutsche Islamkonferenz hatte gefordert, neben den etablierten Lehrstühlen für evangelische und katholische Theologie auch islamische Theologie an den Hochschulen zu etablieren, um deutschsprachige Imame und Lehrer für den islamischen Religionsunterricht auszubilden. (epd/mig)