Rabbiner-Kolleg

Jüdisch-Muslimische Dialoge sind „heikler als politische Diskussionen“

Der Rausschmiss Armin Langers am jüdischen Abraham-Geiger-Kolleg sorgt für Diskussionen. Offiziell hat sein Ausschluss nichts mit seinem Engagement für einen jüdisch-muslimischen Dialog zu tun. In internen Mails, die dem MiGAZIN vorligen, rät das Kolleg dem Studenten aber vom Dialog „unbedingt ab“.

Eigentlich ist Armin Langer ein Student, wie man sich ihn für eine theologische Ausbildung nur wünschen kann. Er ist sozial engagiert und aktiv im interreligiösen Dialog. Speziell der jüdisch-muslimische Austausch ist für ihn eine Herzensangelegenheit. Im Dezember 2013 gründete er die Salaam-Shalom-Initiative für ein friedliches Zusammenleben von Juden und Muslimen.

Sein Engagement ist bekannt weit über Berlin hinaus. Er ist gern gesehener Gast auf Podien und in Medien – seine Pointen sind spitz, seine Kritik scharf. Das kommt in der Breite gut an, beim Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg dagegen weniger.

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Jüdisch-muslimisches Engagement nicht erwünscht

Die Kolleg-Leitung stört sich an Langers Einlassungen offenbar so sehr, dass er zuletzt sogar von der Rabbinerprüfung ausgeschlossen wurde. Ausschlaggeben sei ein kritischer Gastkommentar in der Tageszeitung (taz) gewesen. Darin hatte Langer den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, in scharfem Ton kritisiert für seine Forderungen nach einer Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Nach aufkommender Kritik teilte die Kolleg-Leitung mit, dass der Ausschluss mit Langers Engagement für den jüdisch-muslimischen Dialog nichts zu tun habe und auch nicht als Kritik daran verstanden werden dürfe.

Wie aus Kolleg-internen Mails (liegen dem MiGAZIN vor) allerdings zu entnehmen ist, war Langers Engagement im Bereich des jüdisch-mulimischen Dialogs der Kolleg-Leitung aber seit Längerem ein Dorn im Auge. Schon im März 2015 machte die Kolleg Leitung dem Rabbinatskandidaten in einer Mail klar, dass seine Einlassungen nicht erwünscht sind.

„Das fällt aufs Kolleg zurück“

Die Deutsche Welle hatte Armin Langer angefragt für einen Radio-Talk zum Thema „Dialog der Kulturen“. Der Student bat daraufhin die Kolleg-Leitung um Erlaubnis, um an der Sendung teilnehmen zu dürfen. Zuvor wurde Langer dazu verpflichtet, „alle Presseanträge“ die er bekommt, der Kolleg-Leitung vorzulegen und eine „Genehmigung“ einzuholen. Statt dem erhofften ‚OK‘ sprach Kolleg-Sprecher Hartmut Bomhoff in seiner Antwortmail eine deutliche Warnung aus.

Er riet dem Studenten von einer Teilnahme „unbedingt ab“. „Fragen des religiösen Dialogs zwischen Muslimen und Juden sind noch heikler als politische Diskussionen“, so der Kolleg-Sprecher in seiner Mail an den Studenten. Selbst wenn Langer im Radio deutlich mache, dass er weder Experte noch Repräsentant sei, „Du wirst auf diese Rolle festgelegt – und das fällt aufs Kolleg zurück“, schreibt Bomhoff. In einer anderen Mail von ihm an Langer heißt es: Das Kolleg lege „Wert darauf, ihre Außendarstellung selbst zu steuern.“

Kolleg weicht Fragen aus

Auf Fragen des MiGAZIN, ob das Kolleg seinen Studenten die Teilnahme an Diskussionsrunden über den muslimisch-jüdischen Dialog generell untersagt, ging das vom Bildungs- und Innenministerium geförderte Kolleg nicht ein. Stattdessen wurde das MiGAZIN auf zahlreiche Kooperationen, Veranstaltungen und Dokumente verwiesen, in denen auch der Dialog mit Muslimen Gegenstand waren beziehungsweise sind, darunter auch eine Kooperation mit dem Institut für Islamische Theologie in Osnabrück.

Eine Teilnahme Langers an der Radio-Sendung sei Bomhoff damals deshalb „heikel“ erschienen, weil der Student zuvor schon mit Gastbeiträgen in Zeitungen Debatten ausgelöst und sich als „Rabbinatskandidat am Anfang seiner Ausbildung doch stark beschädigt“ habe. Als Beispiel nennt Bomhoff ein Essay von Langer aus September 2014 im Tagesspiegel mit dem Titel: „Die Muslime sind die neuen Juden“.

Uçar: Dialog ist alternativlos

Auch Professor Bülent Uçar vom Institut für Islamische Theologie in Osnabrück bezeichnet den Dialog zwischen religiösen Menschen in Fragen des Glaubens als „schwierig und heikel“, da sich Religionen „immer um die Frage der Wahrheit fokussieren“. Bekanntermaßen bestünden dort „diametral entgegengesetzte Auffassungen und Glaubensüberzeugungen“. Seinen Studenten würde Uçar vom Dialog aber nicht abraten. Im Gegenteil. Dazu gebe es „keine Alternative“.

Kolleg-Leitung: Halte Dich aus diesen Dingen heraus

Der Drang des Kollegs, seine Studenten zu kontrollieren, wirft auch in anderen Kontexten Fragen auf. Als Armin Langer von österreichischen Wissenschaftlern angefragt wurde, ob er die Umwandlung des Geburtshauses von Adolf Hitler zu einem „Haus der Verantwortung“ mit einem Statement unterstützen möchte, blockte die Kolleg-Leitung ebenfalls ab. „Was ist denn bitteschön Deine Verbindung zu Österreichs Umgang mit Adolf Hitler? Bitte halte Dich doch aus diesen Dingen heraus“, antwortet ihm Bomhoff per Mail – wohl unwissend, dass Langers Vater Österreicher ist und seine halbe Familie dort lebt.

Zurück bleibt Armin Langer mit großen Fragezeichen. „Was ist mit der Meinungsfreiheit?“, möchte er wissen. Das Kolleg weigere sich bis heute, „eine offizielle, schriftliche Erklärung zu verfassen, in der es zu meinem Rausschmiss Stellung bezieht“. Er habe nichts in der Hand, auf das er sich stützen könne. „Nichts, wo ich nachlesen kann, was meinen Rauswurf begründet“, sagte er dem MiGAZIN.