Armin Schuster, CDU, NSU, Untersuchungsausschuss
Armin Schuster (CDU) im Bundestag © Parlamentsfernsehen

Armin Schuster zum NSU

„Weil wir den Kopf des Trios gar nicht kennen…“

Mit einem zweiten NSU-Untersuchungsausschuss will der Bundestag die Aufklärung rechtsterroristischer Strukturen vorantreiben. Vor dem einstimmigen Beschluss hielt CDU-Politiker und Ausschussmititglied Armin Schuster eine bemerkenswerte Rede, die das MiGAZIN in Auszügen dokumentiert:

Von Armin Schuster Freitag, 13.11.2015, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 15.11.2015, 18:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Ich war Mitglied des Untersuchungsausschusses in seiner ersten Auflage. Ich bin zurzeit noch Mitglied im zweiten Untersuchungsausschuss. Wenn ich das vergleiche, muss ich sagen: Der Untersuchungsausschuss, der gerade läuft, ist für mich reine Pflichterfüllung.

Der, der vor uns steht, ist mir – das sage ich mit der Erfahrung aus der ersten Auflage – eine Herzensangelegenheit. Ich bin Innenpolitiker mit Leib und Seele. Aufzuklären, was den NSU-Terror ausmacht, das muss uns sehr wichtig sein – warum? –, weil Rechtsterror heute vielleicht wieder das Thema sein könnte.

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Ich habe schon im ersten Untersuchungsausschuss dazu immer wieder die Strukturen hinterfragt und damit manchen Kollegen, vor allem aber die Medien gelangweilt: Stimmt die Sicherheitsarchitektur in Deutschland? Sind wir da fit genug? – Jetzt kommt ein dritter Aspekt hinzu: Ich finde es unglaublich interessant, in diesem Untersuchungsausschuss auch evaluieren zu können, wie die Maßnahmen zur Umsetzung unserer Empfehlungen wirken. Das ist zwar nicht der Untersuchungsauftrag, aber wir werden nicht umhinkommen, das immer wieder zu beleuchten. […]

Warum brauchen wir eigentlich eine zweite Auflage? Weil es nicht nur ein Trio war, sondern mehr Täter, weil wir den Kopf des Trios gar nicht kennen – die perfide Genialität dieser Verbrechensserien passt nicht zu den Psychogrammen der drei Täter, die wir kennen; immerhin haben sie den Föderalismus an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit und darüber hinaus gebracht –, weil der Selbstmord in Eisenach kein verabredeter Mord war, weil die Wohnung in der Frühlingsstraße gar nicht so in die Luft geflogen ist, wie wir es bisher glaubten, weil das Unterstützernetzwerk größer war, weil die V-Leute-Szene das doch wusste und weil Kiesewetter von mehr als zwei Tätern umgebracht wurde. – Sie wundern sich jetzt. Ich kann das auch nicht beweisen, aber wir alle auch nicht das Gegenteil.

Solange diese Fragezeichen bestehen, dürfen wir nicht der gleichen Gefahr unterliegen wie damals die Sicherheitsbehörden, die lange an einer Hypothese festgehalten haben; Sie erinnern sich: die Organisationstheorie. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht denselben Fehler machen. Deswegen: Solange diese Fragen gestellt werden können, ohne dass irgendeiner der Fachleute mir jetzt widerspricht, ist dieser Ausschuss erforderlich.

Wir sind nicht die besseren Ermittler; das will ich ausdrücklich sagen, vor allem, weil viele Polizisten dabei sein werden. Aber ich glaube, dass die Bundesrepublik Deutschland in allen Ländern und im Bund die „Lessons Learnt“ dieser Terrorserie für ihre Sicherheitsarchitektur noch lange nicht abgeschlossen hat. Da steckt noch eine Menge drin.

Glauben Sie daran, dass der 2. NSU-Untersuchungsausschuss die Morde aufklären kann?
    Nein, wahrschenlich nicht. (69%)
    Jein, ein bisschen vielleicht. (22%)
    Ja, weitestgehend. (9%)
     
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    Worum geht es mir nicht? Es geht mir nicht darum, das x-te Behördenversagen ohne einen weiteren Erkenntniswert zu zelebrieren. Es geht mir nicht darum, speziell eine Behörde unter Dauerbeschuss zu nehmen. Es geht mir um Balance. Jetzt zitiere ich mich selber aus dem September 2013: „Es war nicht ein Versagen der Sicherheitsbehörden, es war ein kompletter Systemausfall.“

    Wer mich dazu zwingt, den werde ich auch nötigen, dass wir dann über das Versagen der deutschen Parlamente genauso hart urteilen. Wir sprechen über Wasserhähne des BND, aber haben nie über diese Mordserie gesprochen. Wer mich dazu zwingt, den nötige ich auch, über alle Regierungschefs zu sprechen – es waren alle beteiligt –, die es nicht geschafft haben, das zur Chefsache zu machen. […] Aktuell Politik Videos

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    1. Wiebke sagt:

      Allein, dass Herr Schuster diese offenen Worte findet, lässt mich hoffen.
      Vielen DAnk!!!

    2. Ja watt denn... sagt:

      Die gesamte bisherige schriftliche Aussage Zschäpes liegt den Leitmedienvertretern bereits vor. Zschäpe gibt eine Führung durch eine Behörde zu, sie habe aber von den Morden nichts gewusst… Die von der Verteidigung Wohllebens initiierte Verzögerung, jetzt erweitert durch den „Urlaub“ von Zschäpes Wahlverteidiger Borchert bis zum 8. Dezember ist notwendig geworden, damit die staatskontrollierte Presse Zeit hat, die Aussage Zschäpes vorzubereiten, daher habe die Verteidigung von Wohlleben so gehandelt, wie sie es getan hat. Sie ist „vorgeschickt worden“. Man geht davon aus, dass der Prozess platzen wird.

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