Arm durch Arbeit

Wer soll in den Schulen die Flüchtlingskinder unterrichten?

Seit Wochen wird über den „Ansturm“ der Flüchtlingskinder auf deutsche Schulen berichtet. Glaubt man den Lehrergewerkschaften, so steht das deutsche Schulsystem kurz vor dem Zusammenbruch. Der Grund: es gibt angeblich keine gut ausgebildeten Lehrer für das Fach „Deutsch als Fremdsprache“. Aber stimmt das eigentlich?

Der „Deutsche Lehrerverband“ forderte deshalb, einen Teil der Flüchtlingskinder wieder aus den Schulen herauszunehmen. Da sie sowieso bald abgeschoben würden lohne es sich ja gar nicht, sie erst für einige Monate in den Schulen zu unterrichten. Die GEW fordert nun, dass pensionierte Lehrer in die Schulen zurückgeholt werden, um „auszuhelfen“. Auch fachfremde Lehrer könne man in einem Crashkurs fit für den Unterricht in „Deutsch als Fremdsprache“ machen.

Der „Fachverband Deutsch als Fremd- und Zweitsprache“ schreibt in einer Stellungnahme dazu: „Dieser Unterricht gehört in die Hände von qualifizierten Fachleuten. Die entsprechenden Lehrkräfte werden mittlerweile seit Jahrzehnten an deutschen Hochschulen in Studiengängen Deutsch als Fremd- und Zweitsprache ausgebildet. Diese Absolventen aber haben Schwierigkeiten, ausbildungsadäquate Stellen zu finden. In den Schuldienst können sie in der Regel nicht eintreten, da Deutsch als Fremdsprache kein Schulfach ist und sie kein Staatsexamen haben. So werden sie auch nicht in den Vorbereitungsklassen eingesetzt und finden sich als schlecht bezahlte, aber dennoch hoch motivierte Honorarkräfte in prekären Verhältnissen wieder, zum Beispiel in den Integrationskursen für Erwachsene.

___STEADY_PAYWALL___

Früher oder später wandern sie deshalb in andere Tätigkeitsbereiche ab – eine Verschwendung von Lebenszeit und Ausbildungskapazitäten. Daher fordert der Fachverband Deutsch als Fremd- und Zweitsprache e.V. (FaDaF): Einstellung von Lehrkräften mit einschlägiger didaktischer Hochschulausbildung Deutsch als Fremd- und Zweitsprache für Vorbereitungs-, Sprach- und Förderklassen mit Flüchtlingskindern an Schulen bzw. schulübergreifend.“

Der Fachverband hat Recht. Es gibt in den Integrationskursen rund 20.000 gut ausgebildete Dozenten, die einen Hochschulabschluss, eine Zusatzqualifikation in Deutsch als Fremdsprache und Alphabetisierung haben und über jahrelange Berufserfahrung im Deutschunterricht mit Migranten verfügen. Ihr durchschnittliches Nettoeinkommen liegt bei 800 Euro bis 1.200 Euro für eine Vollzeittätigkeit, wie es vor wenigen Tagen noch in den Tagesthemen hieß. Sie wünschen sich nichts mehr, als aus den Integrationskursen auszusteigen und einen „richtigen” Arbeitsplatz an einer Schule zu bekommen, von dem sie leben können. Im „Forum Deutsch als Fremdsprache“ sind deshalb einige sehr wütende Reaktionen auf die Vorschläge der Lehrergewerkschaften nachzulesen.

Welche Anforderungen muss ein Lehrer für „Deutsch als Fremdsprache“ an einer Schule eigentlich erfüllen? Das hängt von der Zielsetzung ab: will man die Flüchtlingskinder auf ein Leben in Hartz IV vorbereiten, dann genügt es, ihnen pensionierte Erdkundelehrer mit einem DaF-Crashkurs vorzusetzen. Will man den Kindern eine faire Chance geben, dann brauchen sie erfahrene Lehrer, die sie in einem oder zwei Jahren von Null auf Hundert katapultieren.

Die Kinder kommen mit Null Sprachkenntnissen in die Schule und sollten nach einem Jahr in der Lage sein, einen Konzessivsatz von einem Konsekutivsatz zu unterscheiden, und einen Adverbialsatz von einem Präpositionalobjekt. Denn das sind die Anforderungen, die Kinder auf einem Gymnasium in der 7. Klasse bestehen müssen. Das kann man auf www.klassenarbeiten.de nachlesen. Wenn ein pensionierter Lehrer sich diese Aufgabe zutraut, dann mag er unterrichten. Ansonsten soll er den Flüchtlingskindern nicht ihre Zukunft versauen. Statt fachfremde Lehrer mit einem Crashkurs auszustatten kann man die Kinder auch gleich an der Hauptschule anmelden, denn da werden sie in zwei Jahren unweigerlich landen, wenn die Öffentlichkeit nicht mehr hinguckt.