Flüchtlinge in München

„Germany, Germany. We love Germany.“

Am Münchener Hauptbahnhof sind mehr als 2.500 Flüchtlinge angekommen. Die meisten sind aus Kriegsgebieten nach Deutschland geflüchtet. Auf Balkan-Flüchtlinge wartet das neu eingeweihte Sonderlager, Flüchtlingsorganisationen nennen es „Abschiebezentrum“.

Mehr als 2.500 Flüchtlinge sind am Hauptbahnhof in München angekommen. Bereits am Montagabend seien 900 Asylsuchende dort registriert worden, seit Mitternacht nochmals 1.600, sagte ein Sprecher der Bundespolizei dem Evangelischen Pressedienst am Dienstag. Die bayerische Staatsregierung macht die ungarischen Behörden verantwortlich, die seit Montag die Flüchtlinge ungehindert weiterreisen lassen.

Bayerns Europaministerin Beate Merk (CSU) forderte Ungarn auf, europäisches Recht einzuhalten. Nach der umstrittenen und sich in der Praxis als untauglich erwiesenen Dublin-Verordnung ist derjenige EU-Staat für das Verfahren eines Asylbewerbers zuständig, in dem dieser erstmals europäischen Boden betreten hat.

___STEADY_PAYWALL___

Flüchtlinge im Chor: We love Germany

Der Nordeingang und der Bahnhofsvorplatz des Hauptbahnhofs in der bayerischen Landeshauptstadt wurden am Dienstagmorgen abgesperrt. Die Flüchtlinge werden dort mit Essen und Getränken versorgt sowie ärztlich untersucht und von der bayerischen Landespolizei registriert. „Die Situation für die Einsatzkräfte ist fordernd, die Stimmung aber sehr entspannt“, sagte der Sprecher der Bundespolizei: „Passanten bringen Kuchen und Süßigkeiten, die Flüchtlinge werden freundlich begrüßt.“ Die Asylsuchenden seien „sichtlich geschafft, aber glücklich“, endlich in Deutschland angekommen zu sein, erläuterte der Sprecher. Viele hätten nach der Ankunft Sprechchöre wie „Germany, Germany“ oder „We love Germany“ angestimmt.

Spontane Hilfsaktionen sammelten Geld- und Sachspenden direkt am Bahnhof für die Erstversorgung. Eine Bürgerinitiative hatte sich erst am Abend formiert. „Wir sind natürlich immer noch auf Spenden angewiesen“, erklärte ein Helfer im ARD. Jeder der ankomme, habe natürlich Hunger und Durst, die Kleinen bräuchten etwas zum Spielen. Aber auch Kleider würden dankend angenommen.

Polizei rechnet mit weiteren Flüchtlingen

Die meisten Flüchtlinge sind mit Fernzügen von Ungarn über Österreich eingereist, sagte der Bundespolizei-Sprecher: „Warum etwa in Wien niemand ausgestiegen ist oder aussteigen durfte, müssen die Kollegen in Österreich beantworten.“ Die meisten Flüchtlinge stammen offenbar aus Syrien. Der Zugverkehr am Hauptbahnhof laufe weiterhin reibungslos, nur einige Umwege müssten die Reisenden wegen der Absperrungen in Kauf nehmen.

Die Bundespolizei rechnet noch mit weiteren neuankommenden Flüchtlingen im Laufe des Dienstags. „Wir können aber nicht genau sagen, wann sie kommen und wie viele es sein werden“, sagte ein Sprecher. Man erwarte jetzt noch einen Regionalzug sowie mehrere Fernzüge mit Flüchtlingen als Fahrgästen.

Sonderlager für Balkan-Flüchtlinge eröffnet

Die Mehrheit der Flüchtlinge kommt aus Kriegsgebieten. Rund 40 Prozent stammen vom Balkan und haben wenig Chancen auf ein Bleiberecht. Speziell für sie hat Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) am Dienstag das bundesweit erste Aufnahmezentrum für Balkan-Flüchtlinge eröffnet. Das Asylverfahren soll dort vier bis sechs Wochen dauern. Müller rechne damit, dass bereits in einer Woche der erste Flieger mit Flüchtlingen Richtung Balkan starte. Sie hoffe, dass sich in den Balkan-Ländern nun schnell herumspricht, dass sich „der Gang nach Deutschland nicht lohnt“ und „Asylmissbrauch sinnlos“ sei.

Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisierte die Staatsregierung für die neue Einrichtung. Es sei offenkundig, dass es sich um ein Abschiebezentrum handle. Ein solches Sonderlager diene nur der Abschreckung. „In Manching werden Flüchtlinge qua Herkunft kaserniert und isoliert, um sie am Fließband abzuschieben“, kritisierte Flüchtlingsratssprecher Ben Rau. Das individuelle Asylrecht verkomme zur Farce, wenn Asylanträge ohnehin nur summarisch geprüft würden und Asylsuchende kaum mehr eine Chance hätten, Beratung und Rechtsmittel zu nutzen.

Am 15. September soll die zweite Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive in Bamberg auf dem ehemaligen Gelände der US-Army eröffnet werden. Derzeit werde geprüft, ob es eine dritte Einrichtung dieser Art in Bayern geben soll, sagte Müller. (epd/mig)