Studie

Lokale Medien problematisieren, kriminalisieren und ethnisieren Einwanderer

Einwanderer aus Süd-Ost-Europa sind in lokalen Medien das Problem. Die Einheimische hingegen häufig überforderten Helfer. Wie eine aktuelle Studie über die Berichterstattung in lokalen Medien über Einwanderer zeigt, fehlt von Ausgewogenheit jede Spur.

Deutschland mag – faktisch – ein Einwanderungsland sein, seine Medien sind es noch lange nicht. Das geht aus einer aktuellen Studie des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) hervor. Die Berichterstattung über Einwanderer ist selten ausgewogen und vorurteilsbeladen. Positiv kommen meist nur die Einheimischen weg. Sie werden als die guten aber oft überforderten Helfer dargestellt. Die Einwanderer hingegen sind ganz klar das Problem.

Wissenschaftler untersuchten im Auftrag der Open Society Foundations (OSF) die lokale Medienberichterstattung über die Migration aus Süd-Ost-Europa in Duisburg. Blätter wie die Westdeutsche Zeitung (WAZ), die Rheinische Post (RP) und zweit weitere kostenlose Zeitungen, die wöchentlich erscheinen, bekommen dabei durchweg schlechte Noten. Die Ergebnisse sind laut Wissenschaftler nicht nur im Raum Duisburg interessant. Für die Analyse wurden Zeitungsartikel über die Einwanderung aus Süd-Ost-Europa im Zeitraum vom April 2014 bis Juni 2014 ausgewertet.

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Westdeutsche Zeitung

In der Westdeutschen Zeitung etwa werden die Einwanderer „stets als eine primitive Problemgruppe dargestellt, die sich durch Nomadentum auszeichnet. Sie kommen nie zu Wort, sind passiv und die Kriminalität eines Teils dieser Personengruppe wird ethnisiert“, heißt es in der Studie.

„Einheimische“ hingegen sind der Studie zufolge stets aktiv, haben Ziele, gehen, begleiten, versuchen und helfen. Sie mahnen, denken, urteilen und unterstützen. Darüber hinaus reden sie Klartext und kommen entsprechend oft zu Wort. „Kurzum spielen die Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft eine aktiv gestaltende Rolle in der Gesellschaft und handeln vernunftbasiert. Ihnen werden darüber hinaus individualisierende Attribute zugeschrieben – was bei der Repräsentation von Zuwanderern aus Südosteuropa weitgehend fehlt“, so die Wissenschaftler.

Rheinische Post

Nicht besser schneidet die Rheinische Post ab: Die Wissenschaftler bescheinigen dem Blatt eine „starke Problematisierung der Zuwanderung“. „Die Zuwandernden werden als Menschen gesehen, die die Stadt vor Herausforderungen stellen, weil sie kinderreich und schwer zu kontrollieren, ungebildet, arm und häufig kriminell seien“, so ein Resultat der Studie. Einwanderer seien in der Rheinischen Post keine Duisburger und hilfsbedürftig. Wenn sie integrationswillig sind, gebe es Chancen, sie zu integrieren – oft seien sie dies jedoch nicht. Sie organisierten sich vielmehr in Banden und betrieben Sozialmissbrauch.

Auch in diesem Blatt spielen Einwanderer der Studie zufolge eine passive Rolle und kommen in der Berichterstattung nur äußerst marginal zu Wort. Sie sind „die Anderen“. Laut Analyse werden sie beschrieben mit den Begriffen Nomadentum, Unsauberkeit, Bildungsferne, Andersartigkeit, Kriminalität, Sozialmissbrauch. Die Alteingesessenen wiederum stehen auch hier auf der anderen Seite, sie klagen und versuchen zu helfen, wirken aber ratlos, überfordert, ängstlich oder verärgert. Ihre positiven Eigenschaften werden in den Vordergrund gestellt.

Kostenlose Vorurteile

Auch die kostenlos an alle Duisburger Haushalte verteilten Wochenzeitungen Stadtpanorama und Wochenanzeiger reproduzieren der Studie zufolge Vorurteile und tragen mit dazu bei, dass Einwanderung aus Rumänien und Bulgarien als Problem aufgefasst wird.

Fazit der Studie: „Übereinstimmend ist festzuhalten, dass die EU-Bürger aus Südosteuropa als passive und anonyme Masse charakterisiert werden. Ihre Zuwanderung wird durchgehend problematisiert und mit den Aspekten Müll, Kinderreichtum, Armut und Kriminalität verknüpft. Besonders wird ihre vermeintliche Kriminalität stark ethnisiert.“ (hs)