Mittelmeer

Hunderte Tote bei jüngstem Bootsunglück befürchtet

Die Europäische Union steht angesichts neuer Schiffsunglücke mit mehreren hundert Toten Flüchtlingen im Mittelmeer einmal mehr in der Kritik. Europa „tötet, nur um nicht aufzunehmen“, lautet die Kritik. Diese Unkultur müsse neu definiert werden.

Nach dem jüngsten Schiffsunglück im Mittelmeer werden zahlreiche weitere Tote befürchtet. Bisher hätten internationale Einsatzkräfte knapp 360 Flüchtlinge gerettet, erklärte die italienische Küstenwache am Donnerstag. Zudem wurden 26 Leichen geborgen. In dem kaum seetüchtigen Holzkutter, der am Mittwoch vor der libyschen Küste kenterte, befanden sich nach Angaben von Überlebenden etwa 600 Menschen. „Ärzte ohne Grenzen“ forderte mehr Engagement für die Seenotrettung.

Der Kutter kippte anscheinend bei der Ankunft eines irischen Marineschiffs um, weil sich die Menschen an Bord auf eine Seite drängten. An der Rettung der Schiffbrüchigen beteiligten sich drei Schiffe, darunter die „Dignity 1“ von „Ärzte ohne Grenzen“. Sehr viele Menschen, die das Mittelmeer auf der Flucht überqueren wollen, können nicht schwimmen. Die Wahrscheinlichkeit Überlebende zu retten sinkt von Stunde zu Stunde.

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Auf dem Weg zum Holzkutter sei die „Dignity 1″ zur Rettung von knapp 100 Menschen auf einem anderen Boot abberufen worden. Erst danach konnte es die Fahrt zum Schiff mit den etwa 600 Insassen fortführen. Dies zeige, dass es noch immer viel zu wenig Ressourcen für Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer gebe“, erklärte der Koordinator des „Dignity 1“-Einsatzes, Juan Matías.

Die italienische Küstenwache rettete am Mittwoch nach eigenen Angaben gleichzeitig weitere 381 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer. Deren Kutter war ebenfalls vor der libyschen Küste gesunken.

Das Bewusstsein dafür, dass diese Menschen vor Konflikten und Verfolgung flöhen, müsse unbedingt geschärft werden, sagte Gemma Parkin von der Hilfsorganisation „Save the Children“ aus Palermo dem epd. Nur dann könne man anders mit dieser Situation umgehen. Unter den Überlebenden waren sind nach ihren Aussagen mindestens 13 Kinder.

Der Leiter des römischen Flüchtlingszentrums der Jesuiten, Camillo Ripamonti, erhob schwere Vorwürfe gegen die Europäische Union. Sie betrachte die Rettung von Menschenleben und die Aufnahme von Flüchtlingen als wirtschaftliche Frage. „Wir müssen den Sinn einer Kultur neu definieren, die tötet, nur um nicht aufzunehmen.“ (epd/mig)