Interview mit Mareike Geiling

„Das Zusammenleben ist für beide Seiten bereichernd“

Eine Initiative vermittelt Flüchtlingen online Wohngemeinschaften, die die Menschen aufnehmen. Das funktioniere sehr gut, sagt Initiatorin Mareike Geiling im Gespräch: „Viele Menschen möchten helfen.“

Mit Ihrer Internetseite „fluechtlinge-willkommen.de“ bringen Sie seit etwas mehr als einem halben Jahr Flüchtlinge und Wohngemeinschaften zusammen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Mareike Geiling: Wir haben von Anfang an ein sehr großes Echo bekommen, das unsere Erwartungen weit übertroffen hat. Unsere Erfahrung ist, dass sehr viele Menschen helfen wollen. Aktuell haben sich rund 1.400 Menschen bei uns angemeldet, die Wohnraum anbieten möchten. Dem stehen 1.200 Anmeldungen von Geflüchteten gegenüber. Wir kommen leider kaum mehr hinterher, deshalb beschränken wir uns nun auf Vermittlungen in größeren Städten.

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Schließlich sind die Regelungen komplex: Wenn möglich, beantragen wir bei der jeweiligen Kommune, dass sie die Mietkosten übernimmt. Leider regelt das jede Kommune etwas anders. Die allermeisten Städte lehnen unser Konzept glücklicherweise nicht ab. Manchmal erleben wir auch, dass doch ein großer Schritt zwischen einer Anmeldung bei uns und der tatsächlichen Aufnahme eines Flüchtlings liegt. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass wir ganz plötzlich nichts mehr von Leuten hören, die ihre Unterstützung angekündigt hatten. Bisher konnten wir trotzdem 65 Wohngemeinschaften in ganz Deutschland zusammenbringen.

Funktioniert das Zusammenleben in den Wohngemeinschaften?

Geiling: Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen bekommen. Fast jedes zweite Mietverhältnis ist unbefristet, die anderen Wohngemeinschaften nehmen einen Flüchtling für eine bestimmte Zeit auf. Viele Flüchtlinge hatten einen guten Einstieg in das Leben in Deutschland und leben mittlerweile in einer eigenen Wohnung. Kein einziges Mietverhältnis mussten wir vorzeitig beenden. Im Gegenteil: Das Zusammenleben ist für beide Seiten bereichernd, für den Geflüchteten genauso wie für die Mitbewohner. Häufig sind langfristige Kontakte entstanden. Diese Erfahrung habe ich auch persönlich mit einem Flüchtling aus Mali gemacht, der in meiner Wohnung gelebt hat. Die Geflüchteten können in einer Wohngemeinschaft viel besser in Deutschland ankommen als in einer anonymen Großunterkunft.

Die Zahl der Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte ist zuletzt gestiegen – haben Sie auch Bedrohliches erlebt?

Geiling: Nein. Wir haben einige wenige Mails bekommen, in denen wir beschimpft wurden. Das sind aber verschwindend wenige im Vergleich mit den Mails mit positivem Tenor. Und die Wohngemeinschaften haben so etwas bislang zum Glück gar nicht erlebt. (epd/mig)