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Vorsitzende des Zentralrates der Sinti und Roma, Romani Rose © sintiundroma.de

Gespräch mit Romani Rose

„Sonderlager sind inakzeptabel“

Viele der Flüchtlinge vom Balkan, die nach Deutschland kommen, gehören zur Roma-Minderheit. Zur Diskussion über die Balkan-Flüchtlinge äußert sich der Vorsitzende des Zentralrates der Sinti und Roma, Romani Rose, im Interview.

Von Daniel Staffen-Quandt Dienstag, 28.07.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 02.08.2015, 17:04 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Herr Rose, was halten Sie von den Plänen, Sonderlager für Balkan-Flüchtlinge zu errichten?

Romani Rose: Es ist völlig inakzeptabel, wenn Flüchtlinge hierarchisiert und Sonderlager eingerichtet werden sollen. Das Recht auf Asyl ist ein individuelles Recht und dies muss es auch in Zukunft bleiben. Dieses Recht ist nicht zuletzt in der deutschen und europäischen Geschichte begründet, in der unter anderem Sinti und Roma staatlicher Verfolgung bis hin zum Völkermord ausgesetzt waren. Angesichts der Zunahme an Flüchtlingen brauchen wir keine populistischen Forderungen, sondern eine verantwortungsvolle Politik und Verwaltung, welche Asylverfahren adäquat durchführen und vor allen Dingen gleichzeitig die Ursachen der Flucht gezielt angehen. Was wir jetzt vonseiten der Politik zum Teil hören müssen, ist unverantwortlich. In einer Situation, in der nicht zuletzt in vielen Bundesländern Flüchtlingsunterkünfte brennen, von „Sonderlagern“ zu sprechen, ist zynisch und gefährlich.

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Der Präsident des Flüchtlings-Bundesamtes hat Balkan-Flüchtlingen vorgeworfen, nur Sozialleistungen abgreifen zu wollen – damit könnten Sie den Rest des Jahres daheim gut leben. Was sagen Sie dazu?

Rose: Selbst wenn zahlreiche Flüchtlinge nach Deutschland kommen, die sie sich ein besseres und menschenwürdiges Leben aufbauen wollen, darf dies nicht zu einer Pauschalisierung führen, die völlig die komplexen Realitäten und die vielfältigen individuellen Fluchtgründe ignoriert. Gerade Angehörige der Roma-Minderheiten sehen sich vielerorts einer vielschichtigen und kumulierten Diskriminierung ausgesetzt, die ein menschenwürdiges Leben völlig unmöglich machen.

Viele Politiker und auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sehen die Roma in den Balkan-Ländern keiner Verfolgung ausgesetzt. Was ist ihre Einschätzung?

Rose: Wenn die Balkanländer als „sichere Herkunftsstaaten“ deklariert werden, ändert dies nichts an der katastrophalen Situation vor Ort. Die deutsche und europäische Balkanpolitik der letzten zwei Jahrzehnte ist gescheitert. Nach dem Kosovokrieg wurden Zehntausende Roma als Binnenflüchtlinge im Kosovo, Mazedonien und Serbien ihrem Schicksal überlassen und leben bis heute in menschenunwürdigen Zuständen. Abschiebungen aus Deutschland und Westeuropa in den letzten 15 Jahren haben die Situation vor Ort oftmals verschlimmert, während die staatlichen Strukturen dort nicht fähig waren, selbst menschenwürdige Verhältnisse für die zehntausenden Binnenflüchtlinge zu gewährleisten. (epd/mig) Interview Leitartikel

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  1. Haralds sagt:

    Herr Rose pauschalisiert und schiebt die Schuld an der Misere der Roma ausschließlich auf andere. Nicht zuletzt bemüht er die Vergangenheit. Dieses Schwert jedoch ist stumpf. Auch sollte Herr Rose wissen, wie Asyl definiert wird. Sinti und Roma werden nicht nur in Deutschland negativ wahrgenommen. Das hat seine Gründe, wie in vielen Städten sichtbar ist. Und selbst wohlmeinende Nachbarn haben dort keinen Nerv für katastrophale Zustände wie sie zum Teil in von Sinti und Roma bewohnten Häusern herrschen. Herr Rose blendet vollkommen aus, dass viele dieser Menschen an ihrer Situation und ihrer schlechten Reputation selbst Schuld tragen. Selbstreflexion täte gut. Rose scheint es egal zu sein, dass eine Anzahl Krimineller dem Ruf integrierter Sinti und Roma enorm schaden. Zu der Idee, Balkanflüchtlinge ohne Aussicht auf Asyl in speziellen Lagern unterzubringen, kann man stehen wie man will. Lager sollte man diese Einrichtungen nicht nennen.

  2. tektonischerzerstörer sagt:

    man haralds mir platzt der krage !!!!

    immer höre ich nur alle sind so ! wie viele asoziale deutsche gibts denn ? die fallen aber nicht auf ,sondern werden so hingenommen ! nur bei minderheiten ,wie z.b roma und sinti sind dann wieder die alten vorurteile da .

    immer dieses moralische beurteilen und besserwissen in bezug auf die lebensituation von menschen die sie gar nicht kennen . sie würden doch nicht einen tag überleben und am rad drehen wenn sie an der stelle dieser menschen wären .

    ja deutschland kann nicht alle aufnehmen und ja bestimmt gibt es probleme , aber die lösung dafür ist ein sachliche auseinandersetzung und kein blanker populismus der getränkt ist in rassistischen, klischees von wegen die sind selbst schuld , wir sind ja so tolll . diese selbstgefällige arroganz wird ihnen noch das genick brechen !

    diese menschen haben nichts zuverlieren und alles zugewinnen , denken sie die geben einfach so auf ? haben sie die slums in osteuropa gesehn ?
    aber anscheinend können menschen wie sie minderheiten die seit jahrhunderten hier leben nicht akzeptieren . immer schön nach unten treten michel . ich könnte kotzen

  3. Pingback: Flüchtlingspolitik: Scholz will Sonderlager für Balkanflüchtlinge - Hinz&Kunzt

  4. BunterHund sagt:

    Asyl ist ein Grundrecht und das ist richtig so! Jedes Recht und Gesetz muß aber auch Regeln haben. Das Amt für Migration argumentiert in Bezug auf die Flüchtlinge der Balkanstaaten „Allgemeine Notsituationen wie Armut, Bürgerkriege, Naturkatastrophen oder Perspektivlosigkeit sind als Gründe für eine Asylgewährung grundsätzlich ausgeschlossen“. Der Focus schreibt „Korrupte Herrscher, fehlende Perspektiven oder allgemeine Unzufriedenheit mit der Situation in der Heimat setzen Deutschland nicht in die Pflicht, Ausgewanderte aufzunehmen. Auf Asyl hat Anspruch, wer politisch verfolgt wird, niemand sonst.“

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