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Berlin © seier+seier auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Berlin

Bericht beschenigt Vergabe von Flüchtlingsheimen gravierende Mängel

Bei der Unterbringung von Flüchtlingen betonen Länder immer wieder, wie überfordert sie sind. Selbstverschulden ist kaum Thema. Gravierende Mängel bei der Vergabe von Flüchtlingsheimen an private Betreiber haben jetzt externe Wirtschaftsprüfer dem Land Berlin bescheinigt.

Montag, 22.06.2015, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 22.06.2015, 16:39 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

In Berlin soll die Flüchtlingsunterbringung komplett neu organisiert werden. Der bisher dafür zuständige Chef des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso), Franz Allert, werde von dieser Aufgabe entbunden, erklärte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) am Donnerstag in Berlin. Aufgebaut werden solle das Berliner Flüchtlingsmanagement als neue Organisationseinheit. Diese ist zwar dienstrechtlich immer noch beim Lageso angebunden, soll aber organisatorisch als eigenständige Struktur arbeiten.

Geleitet wird die neue Abteilung von einer Doppelspitze: Für die Flüchtlingsunterbringung in Berlin zuständig seien fortan die Wohnungsbauexpertin Petra Hildebrandt (SPD) sowie der Finanzexperte Stephan Herting, sagte Czaja. Die Organisation unterstehe unmittelbar dem Staatssekretär für Soziales, Dirk Gerstle (CDU).

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Gravierende Mängel
Grund für die Umstrukturierung sind gravierende Mängel bei der Vergabe von Flüchtlingsheimen an private Betreiber. Externe Wirtschaftsprüfer bescheinigten dem Lageso in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht seit mindestens 2010 eine lückenhafte Dokumentation, ungenaue Aktenführung und intransparente Vergabeverfahren, wie der für die Behörde zuständige Sozialsenator einräumte. Bislang habe es in dem Amt keine klar definierten „Soll-Prozesse“ für die Vergabe von Flüchtlingsheimen gegeben. „Es existierten keine verbindlichen Dienstanweisungen“, sagte Czaja.

Auch Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit konnten die Wirtschaftsprüfer dem Lageso nicht bescheinigen. Ob dem Land Berlin dabei finanzieller Schaden entstanden sei, könne wegen der lückenhaften Aktenlage jedoch nicht nachgewiesen werden, so der Sozialsenator. Die Wirtschaftsprüfgesellschaft Roever Broenner Susat Mazars hatte die Verträge zwischen dem Lageso und 22 Flüchtlingsheimen überprüft.

Korruptionsvorwürfe
Die Wirtschaftsprüfer wurden eingeschaltet, nachdem im Oktober 2014 Korruptionsvorwürfe gegen Lageso-Chef Allert laut geworden waren. Kritisiert wurde unter anderem, dass Allerts Patensohn zwischenzeitlich Geschäftsführer der Gierso, einem privaten Flüchtlingsheimbetreiber, war. Zudem soll die an der Gierso beteiligte Firma Pewobe überhöhte Rechnungen für seine Flüchtlingsheime an das Lageso gestellt haben. Trotz der massiven Vorwürfe konnten die Wirtschaftsprüfer Allert keine persönliche Vorteilsnahme nachweisen, betonte Czaja.

Allert soll weiter als Lageso-Chef im Amt bleiben. Abgesehen von der Flüchtlingsunterbringung habe er in der Behörde eine „gute und erfolgreiche Arbeit“ geleistet, sagte der Sozialsenator. Zugleich betonte Czaja, dass die nun in Gang gebrachte Umstrukturierung erst der Anfang eines Prozesses sei.

Um die „unhaltbaren Zustände“ bei der Berliner Flüchtlingsunterbringung zu beenden, haben die Wirtschaftsprüfer mehrere Handlungsempfehlungen gegeben. So müssen zunächst klare Dienstanweisungen formuliert werden, die Objekt- und Betreiberakquise von Flüchtlingsheimen strikt getrennt und mehr Personal für die Flüchtligsunterbringung eingesetzt werden, heißt es in dem Bericht. Auch der Landesrechnungshof Berlin prüft derzeit die Vergabepraxis der Berliner Flüchtlingsheime. Wann ein Ergebnis dazu vorliegt, sei derzeit noch nicht absehbar, sagte Czaja. (epd/mig) Aktuell Politik

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