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Bundessozialgericht

Kindergeld auch für elternlose Flüchtlingskinder ohne Arbeit

Ausländische Kinder haben Anspruch auf Kindergeld, wenn ihre Eltern Arbeitserlaubnis haben. Was aber, wenn das Kind keine Eltern mehr hat? So einen Fall musste nun das Bundessozialgericht entscheiden, weil die Bundesagentur für Arbeit nicht zahlen wollte.

Freitag, 08.05.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 14.05.2015, 21:08 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Leben Flüchtlingskinder seit Jahren ohne Eltern in Deutschland, darf ihnen das Kindergeld nicht wegen einer fehlenden Erwerbstätigkeit verweigert werden. Denn Kinderarbeit ist in Deutschland grundsätzlich verboten, so dass der Bezug von Kindergeld für elternlose und unbegleitete Flüchtlingskinder nicht vom Vorhandensein einer Arbeit abhängig gemacht werden darf, wie am Dienstag das Bundessozialgericht in Kassel entschied. (AZ: B 10 KG 1/14 R)

Die entsprechenden Vorschriften im Bundeskindergeldgesetz sind daher nach dem Urteil des höchsten Sozialgerichts „verfassungskonform einzuschränken“. Üblicherweise wird das Kindergeld immer an die Eltern gezahlt. Gibt es keine Eltern, kann bei Deutschen und EU-Angehörigen das Kindergeld direkt an das Kind überwiesen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.

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Geltendes Recht: Erwerbstätigkeit muss erlaubt sein
Für einen Ausländer aus einem Nicht-EU-Staat, der nicht abgeschoben werden darf, kommen jedoch weitere Voraussetzungen hinzu. So muss er sich mindestens seit drei Jahren in Deutschland aufhalten, sein Aufenthaltstitel muss eine Erwerbstätigkeit erlauben. Und er muss auch tatsächlich erwerbstätig sein oder Arbeitslosengeld beziehen oder sich in Elternzeit befinden.

Im jetzt entschiedenen Fall kam ein 1992 im Kongo geborenes Kind im Alter von zwei Jahren mit seiner Mutter nach Deutschland. Als der Junge sechs Jahre alt war, starb die Mutter, der Aufenthalt des Vaters ist unbekannt. Der Asylantrag des in einem Heim lebenden Kindes wurde abgelehnt. Im Jahr 2005 erhielt der dann 13-jährige Junge schließlich eine Aufenthaltserlaubnis, ohne jedoch arbeiten zu dürfen.

Gericht: Gesetz darf nichts Unmögliches verlangen
Die Stadt Bonn beantragte bei der Bundesagentur für Arbeit zur teilweisen Deckung der Heimkosten für das Kind Kindergeld. Die Bundesagentur lehnte dies ab, da nach dem Bundeskindergeldgesetz die Zahlung unter anderem von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhänge.

Ein Gesetz darf aber nichts verlangen, was rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist, urteilte das Bundessozialgericht. Solange aufgrund des geringen Alters oder wegen des Schulbesuchs eine Erwerbstätigkeit nicht möglich ist, müsse dem Kind Kindergeld gewährt werden. Voraussetzung sei eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis und ein dreijähriger Aufenthalt in Deutschland. Das Bundeskindergeldgesetz müsse daher verfassungsgemäß eingeschränkt werden, verlangen die Bundesrichter. (epd/mig) Leitartikel Recht

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