Studie

Einwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten überschaubar

Die EU kann den Fachkräftemangel in Deutschland nicht decken. Daher ist Einwanderung aus den Nicht-EU-Staaten erforderlich. Doch die Zahl der Fachkräfte aus diesen Ländern ist überschaubar. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor.

Im Jahr 2013 zogen insgesamt 885.000 Personen nach Deutschland. 41 Prozent dieser Personen (363.000) kamen aus Nicht-EU-Staaten. 6,6 Prozent dieser Einwanderer (24.000) erhielten einen Aufenthaltstitel zur Fachkräftezuwanderung und 2,7 Prozent (9.500 Personen) zur sonstigen Erwerbstätigkeit, für die keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt wird. Insgesamt reisten demzufolge 9,3 Prozent ein, die eine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnten.

Weitere 19 Prozent der Einwanderer stellten nach ihrer Einreise einen Asylantrag, etwa 15 Prozent wanderten zum Zweck der Familienzusammenführung ein, 14 Prozent reisten zu Studiums- oder Ausbildungszwecken ein und etwa jeder Zehnte kam aus humanitären Gründen bzw. erhielt eine Duldung. Das geht aus einer aktuellen Auswertung der Bertelsmann-Stiftung hervor.

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Wie daraus weiter hervorgeht, waren die am häufigsten an Fachkräfte vergebenen Aufenthaltstitel für eine qualifizierte Beschäftigung (72 Prozent) und die Blaue Karte EU (12 Prozent). Über die 2012 neu geschaffene Zuwanderungsmöglichkeit für Fachkräfte mit Berufsqualifikationen, also Nicht-Akademiker, sind im Jahr 2013 lediglich 324 Personen eingereist. Nach Herkunftsregionen aufgeschlüsselt kamen die meisten dieser Fachkräfte von Nicht-EU-Staaten aus Indien, USA, China oder dem geografischen Europa. Aus Afrika kamen vier Prozent.

Weitere Quellen für Fachkräfte

Die Gesamtzahl der Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten ist laut Studie jedoch größer als die rund 24.000 Personen mit den entsprechenden Aufenthaltstiteln: Zusätzliche Fachkräfte würden gewonnen durch befristet erteilte Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche. Auch Statuswechsel kommen den Experten zufolge häufig vor. So wechselten rund 4.700 Personen von einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums oder der Arbeitsplatzsuche nach Abschluss einer deutschen Hochschule in einen Aufenthaltstitel zur Fachkräftezuwanderung. Weitere 749 Personen wechselten von einer Aufenthaltserlaubnis für eine Beschäftigung, die keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt, in einen Aufenthaltstitel zur Fachkräftezuwanderung.

Fachkräfte finden sich laut Auswertung auch unter den Personen, die im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland kommen – diese gingen jedoch nicht notwendigerweise einer Beschäftigung nach oder seien nicht ihren Qualifikationen entsprechend berufstätig. Eine Studie des BAMF geht davon aus, dass ca. 55 Prozent der Ehepartner aus dem Ausland einen Studien- oder Berufsabschluss besitzen. Allerdings sind lediglich 15 Prozent dieser Abschlüsse in Deutschland als gleichwertig anerkannt. Nur 30 Prozent der berufstätigen Ehepartner aus dem Ausland mit einer im Herkunftsland erworbenen Berufsausbildung arbeiten in ihrem ursprünglichen Beruf.

Hinzu kommen Fachkräfte, die entweder einen Asylantrag gestellt oder bereits einen Schutzstatus erhalten haben. „Eine belastbare Bezifferung dieser Personengruppen ist jedoch aufgrund der gegenwärtigen Datenlage nicht möglich“, so die Wissenschaftler. „Trotz dieser zusätzlichen Kanäle ist die Zahl der Fachkräfte, die Deutschland durch Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten zur Verfügung stehen, überschaubar“, fassen die Forscher ihre Auswertung zusammen.

EU-Mobilität wird zurückgehen

Jüngste Berechnungen von Experten gehen davon aus, dass die Zuwanderung nach Deutschland im Rahmen der EU-Binnenmobilität mittel- und langfristig zurückgehen wird und Deutschland auf mehr Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten angewiesen sein wird, um den Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials zumindest abzuschwächen.

Mit Blick auf die mittelfristige Notwendigkeit, verstärkt Fachkräfte aus Drittstaaten zu gewinnen, bestehe weiter ein Reformbedarf des deutschen Systems der Einwanderungssteuerung. Deutschland braucht den Forschern zufolge eine „attraktive, transparente und flexibel anpassbare Migrationsarchitektur“, insbesondere im Hinblick auf die Schwankungen der EU-Binnenmobilität. Diese müsse qualifizierten Zuwanderern langfristige Bleibeperspektiven einräumen und eine zügige Einbürgerung in Aussicht stellen. „Die Willkommens- und Anerkennungskultur ist zu fördern – nicht nur für neu zuwandernde Fachkräfte, sondern auch für die bereits im Land lebenden Migranten“, lautet die Forderung. Die Migrationsgestaltung müsse ferner Teil einer Gesamtstrategie zur Fachkräftesicherung sein. Dabei sei es wichtig, mehr Transparenz über Einwanderung herzustellen, ihre demokratische Legitimation zu stärken und die Bevölkerung mitzunehmen. (etb/bs)