Studie

Jugendliche sind offener gegenüber Vielfalt als Erwachsene

Die Bereitschaft zur Gewährung von Anerkennung und Teilhabe gegenüber Muslimen ist bei Jugendlichen deutlich höher als bei Erwachsenen. Moscheebauten oder Lehrerinnen mit Kopftuch sind überwiegend kein Problem. Das sind Ergebnisse einer aktuellen Studie.

Junge Menschen in Deutschland hegen deutlich weniger Vorbehalte gegen Muslime als ältere. In der Gruppe der 16- bis 25-Jährigen lehnen fast drei Viertel (71 Prozent) Einschränkungen beim Bau von Moscheen ab, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Studie der Humboldt-Universität in Berlin hervorgeht. Bei den über 25-Jährigen sind es nur 44 Prozent. Auch fordern 78 Prozent der Jüngeren, aber nur 67 Prozent der Älteren mehr Anerkennung für Muslime. Für die Studie wurden mehr als 8.000 Menschen befragt.

Jüngere Menschen begegnen Muslimen demnach deutlich häufiger persönlich. So gaben nur acht Prozent der Jüngeren, aber 22 Prozent der über 25-Jährigen an, noch nie Kontakt zu Muslimen gehabt zu haben. „Vielfalt ist in der jungen Generation längst Alltag geworden“, bilanzierte die Leiterin der Jungen Islam Konferenz, Esra Kücük.

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So sprechen sprechen sich rund 70 Prozent der Jugendlichen für einen islamischen Religionsunterricht aus, ebenso viele lehnen Einschränkungen beim Bau sichtbarer Moscheen ab und befürworten ein Recht für muslimische Lehrerinnen, ein Kopftuch zu tragen – unter denjenigen, die selbst noch Schüler sind, sprechen sich sogar mehr als drei Viertel gegen ein Kopftuchverbot aus. „Offenbar ist für die jüngere Generation das Kopftuch kein fremdes oder angsterregendes Zeichen, sondern schlichtweg ein religiöses Symbol, welches zum Glauben eines anderen Individuums dazugehört“, kommentieren die Autoren der Studie.

Direkter Kontakt ist für die Jüngeren mit 48 Prozent der Studie zufolge auch die häufigste Wissensquelle über Muslime. Rund 42 Prozent erfahren vor allem an Schule oder Universität etwas über Muslime, nur gut 28 Prozent aus dem Fernsehen. Bei den Älteren dagegen steht das Fernsehen als Wissensquelle mit rund 46 Prozent an erster Stelle. Dennoch schätzen auch 61,4 Prozent der 16- bis 25-Jährigen ihr eigenes Wissen über Muslime als gering ein.

Nationale Symbole spielen für die Jüngeren offenbar seltener eine Rolle. Zwar stimmten 78 Prozent der Aussage „Ich liebe Deutschland“ zu. Von außen als Deutscher wahrgenommen zu werden, ist dagegen nur 35 Prozent der Jüngeren, aber 47 Prozent der Älteren wichtig. Zudem empfindet nur jeder Zweite (51 Prozent) der Jüngeren ein positives Gefühl, wenn er die Nationalhymne hört. Bei den über 25-Jährigen sind es mehr als zwei Drittel (68 Prozent).

Download: Die komplette Studie und der Methodenbericht können kostenlos hier heruntergeladen werden.

Für die repräsentative Studie waren zwischen Ende 2013 und April 2014 mehr als 8.000 Menschen in Deutschland befragt worden, darunter rund 1.100 Jugendliche und junge Erwachsene. Die Interviews fielen damit in die Zeit vor den Debatten um die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ und die islamfeindliche „Pegida“-Bewegung. Die Autoren der Studie erklärten, eine spätere Befragung hätte keine wesentlichen Verschiebungen ergeben, da vor allem tief verwurzelte Haltungen abgefragt worden seien.

Die Junge Islam Konferenz ist ein Zusammenschluss von jungen Muslimen und Nicht-Muslimen. Gefördert von der Mercator Stiftung und der Humboldt-Universität Berlin berät die Konferenz regelmäßig über Fragen zur Integration von Muslimen und der Anerkennung des Islam des Deutschland. Seit Freitag kommen rund 100 Vertreter zum diesjährigen Bundeskongress im Auswärtigen Amt in Berlin zusammen. Das Treffen geht bis zum Sonntag. (epd/mig)