Fasching

Warum Blackfacing auch 2015 immer noch rassistisch ist

Die Jury für den „Anglizismus des Jahres“ hat „Blackfacing“ zum bestimmenden Lehnwort von 2014 bestimmt. Nach und nach stellt sich somit auch in Deutschland ein Verständnis dafür ein, dass ein rassistisches Karikieren von Schwarzen Menschen hierzulande eine Tradition hat. Besonders zur Faschingszeit.

Blackfacing ist eine rassistische Praxis, die gerne verharmlost wird, während die Praxis bis heute als Symbol für das Trauma des Rassismus und der Versklavung gilt. Ende des 19. Jahrhunderts entstand sie in den sogenannten „Minstrel Shows“, bei denen schwarzbemalte, weiße Darsteller in den USA das Klischee des naiven, schwachsinnigen, aber immer lustigen Schwarzen karikierten. Doch gilt Blackfacing keineswegs als ausschließlich amerikanische Praxis. Auch in Großbritannien und Frankreich gilt es als Ausdruck des Rassismus der Kolonialzeit. Und in Deutschland hat die stereotypisierende Darstellung von Schwarzen Menschen in alten DEFA Filmen, aber auch zur frühneuzeitlichen Karnevalstradition ihren Platz gefunden. Die Praxis war in jedem Kontext und zu jeder Zeit negativ belegt und stand gleichbedeutend für die Abwertung Schwarzer Menschen. Nichtsdestrotz wird sie bis heute an deutschen Schauspielhäusern, im Fernsehen1, zu Karneval und zahlreichen anderen Bereichen angewandt.

Dies hat zur Folge, dass vor allem im Bereich des Sprechtheaters Schwarze Schauspieler_innen vom Spielbetrieb ausgegrenzt werden oder zumindest kaum Chancen haben in den Ensembles eine Festanstellung bekommen. Denn wenn es einmal explizit schwarzer Schauspieler bedarf, können weiße Menschen dazu bemalt werden. Und fester Teil eines Ensembles zu werden wird vielen schwarzen Darstellern durch die Einstellung an vielen Theaterhäusern verwehrt, die den Standpunkt vertreten, dass es zu wenige Rollen für Schwarze Menschen gäbe. Deutlich macht dies beispielsweise die Antwort der Theaterleitung des Schlosspark-Theaters in Berlin, die den Startpunkt der Blackface-Debatte in Deutschland markiert, als es um das Stück „Ich bin Rappaport“ im Jahr 2012 ging: „Kaum einem Ensemble eines Theaters in Deutschland, Österreich und der Schweiz gehören schwarze Schauspieler an. Allein deswegen, weil das Stückrepertoire der Theater ihnen zu wenige Rollen in einer Spielzeit bieten könnte, die ein Festengagement rechtfertigten.“

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Deutlich zeigt sich wie sich Ausgrenzung hinter vorgeschobenen Argumenten versteckt. In Wahrheit ist es jedoch so, daß sich die Leitungen der deutschen Theater nicht mit den neuen Realitäten auseinandersetzen und es nicht geschafft haben, sich zeitgemäß in dem Theaterbetrieb einzuschreiben. Dass ein Hamlet nicht weiß, sondern auch schwarz sein kann – ohne Farbe, zeigen Inszenierungen an Bühnen in England und Frankreich.

Aber nicht nur in der Theaterlandschaft ist Blackfacing zu finden, auch in der Werbung und in Fernsehsendungen können wir die Fortschreibung dieser rassistischen Stereotype in Deutschland beobachten. Bei Kritik stößt man meist auf wenig Verständnis. Erwähnt sei hierbei der Auftritt des ARD-Buchmanns Denis Scheck, der mit Blackface und weißen Handschuhen ganz offen eine Anspielung auf die rassistische Tradition der Minstrel-Shows machte, um dabei auf die „Absurdität der Diskussion“ um die Abschaffung diskriminierender Wörter in Kinderbüchern aufmerksam zu machen. „Mittels Satire“, hieß es in einer öffentlichen Stellungnahme. Schade, dass er seine Argumentation auf dem Rücken schwarzer Menschen ausgetragen hatte. Ein anderes Beispiel: Die Saalwette der Sendung “Wetten, dass …?” in Augsburg 2013. Als der Moderator Markus Lanz die Einwohner des bayrischen Städtchens aufrief als Marionetten der Augsburger Puppenkiste verkleidet in der Veranstaltungshalle erscheinen. Ausgesucht wurden die Figuren Jim Knopf und Lokomotivführer Lukas: „Jim Knopf muss natürlich geschminkt sein, schwarze Farbe oder Schuhcreme, ganz egal!“, erklärt Lanz und vergaß darüber scheinbar auch, dass es auch Schwarze Zuschauer in Augsburg gibt.

Einen aktuellen Höhepunkt stellt dieser Tage wieder der stattfindende Karneval dar. Alle Jahre wieder feiern hierbei in Köln Karnevalsvereine wie die “Höhenberger Dschungel-N*“ und die Kölner “Original N*köpp von“ in rassistischer und diskriminierender Manier ihren Auftritt. Beide Vereine werden seit Jahren immer wieder für ihre rassistische Praxis kritisiert und bei beiden ist weder eine Umdenken noch eine Einsicht zu erkennen, dass ihre vermeintliche Tradition äußerst problematisch ist. „Traditionspflege“ lautet das Argument der Verfechter.

Deutschland ist übrigens nicht alleine mit dieser fragwürdigen Praxis. Seit Jahren ist in Holland eine Diskussion über den rassistischen Gehaltes des „Zwarte Piet“in Gange. Eine Figur, die vergleichbar mit dem deutschen Knecht Ruprecht als Begleiter des Nikolaus in der Vorweihnachtszeit durch die Straßen zieht. Auch er ist in Blackface Manier schwarz angemalt und verkörpert durch Gesten und Verhalten die rassistischen Bilder von Menschen afrikanischer Herkunft , die noch in vielen Köpfen verankert sind. Da nutzt es auch nichts, dass die Professorin Verene Shepherd, Teil der Working Group of Experts on People of African Descent – bei dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte moniert, dass „der Zwarte Piet ein Stereotyp aufrechthält, das Menschen afrikanischer Herkunft als zweitklassigen Bürger darstelle und Rassismus weckt.“

All diese Beispiele zeigen. Blackfacing existiert auch heute noch auf verschiedensten Ebenen und zeigt sich in mannigfaltigen Formen und bunten Verkleidungen, trotz aller demokratischen Interventionsversuche, unzähliger Karnevale der Kulturen oder Minister_innen mit Migrationsgeschichte. Es braucht wohl noch weitere Jahre, um das Ausmaß dieser Form von Rassismus deutlich zu machen. Auf dass sich Karnevalisten vielleicht irgendwann einmal schämen schwarz geschminkt in einer N*Maskerade anzutreten und die Meinung vertreten, dass das alles so gar nicht rassistisch ist und auch nicht so gemeint.