Licht und Schatten

Kabinett beschließt neues Bleibe- und Abschieberecht

Das Bundeskabinett hat die Reformierung des Bleiberechts beschlossen. Demnach sollen gut integrierte Ausländer einfacher ein Bleiberecht erhalten. Auf der anderen Seite sollen aber auch Abschiebungen erleichtert werden. Pro Asyl und Opposition warnen.

Donnerstag, 04.12.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 09.12.2014, 17:37 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Gut integrierte Ausländer ohne klaren Aufenthaltsstatus sollen künftig leichter ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland bekommen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der den bisher gültigen Stichtag abschafft. Damit könnten Zehntausende Geduldete ein Bleiberecht bekommen, die bislang keine Chance darauf hatten. Auf der anderen Seite soll das Ausweisungs- und Abschieberecht reformiert werden, um Ausländer künftig leichter abschieben zu können. „Das Gesetz hat eine einladende und eine abweisende Botschaft“, sagte de Maizière in Berlin. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl befürchtet eine massive Verschlechterung der Lage für die Betroffenen.

Ein Bleiberecht bekommen sollen dem Gesetzentwurf zufolge integrierte Ausländer, die gut Deutsch sprechen und für ihren Lebensunterhalt bereits selbst sorgen oder dies nach aller Voraussicht künftig tun können. Für Erwachsene gilt, dass sie sich seit mindestens acht Jahren in Deutschland aufhalten müssen oder seit mindestens sechs Jahren, wenn sie minderjährige Kinder haben. Für Jugendliche wird die Frist auf vier Jahre herabgesetzt.

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In Deutschland leben rund 100.000 sogenannte Geduldete, rund 28.000 davon seit acht Jahren. Sie haben zwar kein Aufenthaltsrecht in Deutschland zugesprochen bekommen. Die Betroffenen können aber auch nicht abgeschoben werden, etwa weil ihre Identität ungeklärt ist oder das Herkunftsland sie nicht wieder einreisen lässt. Bislang konnten Geduldete nur dann ein dauerhaftes Bleiberecht beantragen, wenn sie bis zum 1. Juli 1999 eingereist sind. Bei Erwachsenen mit Kindern gilt als Stichtag der 1. Juli 2001.

Bei Ausweisungen sollen die Behörden künftig zwischen dem Ausweisungsinteresse des Staates und dem Bleibeinteresse des Ausländers abwägen und den Gerichten eine Empfehlung geben. Hintergrund der Regelung ist nach Angaben des Ministeriums die schwierige Umsetzung von Abschiebeentscheidungen, die derzeit regelmäßig von den Gerichten kassiert werden.

Pro Asyl: Es soll rigoroser abgeschoben werden
Um Abschiebungen leichter durchzusetzen, soll zudem ein maximal viertägiger Gewahrsam eingeführt werden, der unmittelbar vor einer Abschiebung eingesetzt werden soll. Zudem sieht das Gesetz befristete Wiedereinreisesperren für abgelehnte Asylbewerber vor. Das soll vor allem jene treffen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten eingereist sind, also etwa Bosnier, Mazedonier und Serben. Die Gesetzesänderungen müssen noch vom Parlament beraten werden. Die Länder müssen dem Gesetz den Angaben zufolge nicht zustimmen.

Pro Asyl kritisierte die geplanten Änderungen scharf. „Es soll rigoroser abgeschoben werden“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Er verwies vor allem auf die im Gesetzentwurf definierten Gründe für die Annahme einer Fluchtgefahr, die eine Abschiebehaft rechtfertigen. Danach wird von Fluchtgefahr etwa ausgegangen, wenn ein Asylbewerber „erhebliche Geldbeträge“ für Schleuser aufgewandt hat. „So gut wie jeder Flüchtling musste für seine Flucht viel Geld ausgeben, weil es keine legalen Wege nach Europa gibt“, sagte Burkhardt.

Özoğuz: Kompromiss hat viel abverlangt
Auch aus der Opposition kam harte Kritik. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter sprach von einem „Entrechtungsprogramm“. Die Abgeordneten Volker Beck und Luise Amtsberg (beide Grüne) erklärten, drastische Verschärfungen im Abschiebungs- und Ausweisungsrecht dürften nicht der Preis für eine Bleiberechtsregelung sein. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, warf der Regierung vor, irrationale Ängste vor angeblich kriminellen Asylbewerbern zu schüren.

Selbst Staatsministerin Aydan Özoğuz, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration,ließ durchblicken, dass Sie mit dem Kabinettsbeschluss nicht nicht ganz zufrieden ist: „Dem heute im Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf sind anstrengende Verhandlungen vorausgegangen“, so Özoğuz. Sie gehe noch davon aus, dass hierüber im Parlament wie in der Öffentlichkeit sicherlich noch kontrovers diskutiert werden wird. Der erreichte Kompromiss habe „allen Seiten etwas abverlangt.“ (epd/mig) Leitartikel Politik

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