Kabinettsbeschluss

Leistungen für Asylbewerber sollen verbessert werden

Asylbewerber sollen mehr Geld bekommen. Das Kabinett brachte einen entsprechenden Gesetzesentwurf auf den Weg. Damit reagiert die Bundesregierung auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die Opposition fordert eine komplette Streichung des Asylbewerberleistungsgesetzes und bessere medizinische Versorgung.

Donnerstag, 28.08.2014, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 28.08.2014, 23:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Asylbewerber können künftig mit verbesserter finanzieller Unterstützung rechnen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzesentwurf zur Reform des sogenannten Asylbewerberleistungsgesetzes. Bundestag und Bundesrat müssen der Novelle zustimmen. Den Angaben nach könnte das Gesetz frühestens im Frühjahr 2015 in Kraft treten. Scharfe Kritik an der Novelle übten Grüne und die Caritas.

Ein alleinstehender erwachsener Flüchtling bekommt danach rund 352 Euro pro Monat. Am umstrittenen Sachleistungsprinzip wird festgehalten. Dies bedeutet, dass ein Teilbetrag in bar ausgezahlt wird. Zudem soll die Zeit, in der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt werden, von 48 Monaten auf 15 Monate gekürzt werden. Danach werden Leistungen entsprechend der Sozialhilfe gewährt.

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Menschenwürde migrationspolitisch nicht relativierbar
Flüchtlinge, bei denen erkennbar ist, dass sie länger in Deutschland bleiben, sollen ganz aus dem Bezug des Asylbewerberleistungsgesetzes gestrichen werden. Diese Regelung soll den Angaben zufolge die Länder und Kommunen um 31 Millionen Euro in 2015 und 43 Millionen Euro jährlich ab 2016 entlasten. Zudem soll die medizinische Versorgung und die Bezahlung der Kosten in Eilfällen garantiert werden. Kinder und Jugendliche haben von Anfang an Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen.

Die Reform bezieht sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 18. Juli 2012. Die Karlsruher Richter hatten darin die bisherige Regelung für unvereinbar mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erklärt und eine Neuregelung der Leistungssätze gefordert. Sie lagen damals bis zu 47 Prozent unter Hartz-IV-Niveau. Die Richter hatten deutlich gemacht: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht relativierbar.“ Seit dem Urteil galt eine Übergangsregelung. Eine gesetzliche Regelung kam unter der schwarz-gelben Bundesregierung aber nicht mehr zustande.

Grüne: Gesetz ersatzlos streichen
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) begrüßte den Beschluss. Mit dem Entwurf setze man die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eins zu eins um, erklärte die SPD-Politikerin. Neben angemessenen Leistungen bringe die Reform auch mehr Klarheit in die Vergabe der Leistung.

Scharfe Kritik an der Novelle kam von den Grünen. „Das Asylbewerberleistungsgesetz ist die in Gesetzesform gegossene Diskriminierung von Schutzsuchenden, denn es schreibt die systematische soziale und medizinische Unterversorgung von Asylbewerbern, von Kriegsflüchtlingen und Geduldeten vor“, erklärten die flüchtlingspolitische Sprecherin Luise Amtsberg und der Sprecher für Sozialpolitik, Wolfgang Strengmann-Kuhn. Beide forderten erneut, das Gesetz „ersatzlos zu streichen“. Zudem bezeichneten beide Grünen-Politiker es als „erbärmlich“, dass die minimalmedizinische Versorgung über das Asylbewerberleistungsgesetzes nicht verbessert wurde.

Özoğuz: Müssen weiter verhandeln
Ähnlich äußerte sich die Caritas. „Das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gilt für alle Menschen, auch für Asylsuchende“, erklärte der Präsident des katholischen Hilfswerks, Peter Neher. Wenn der Gesetzgeber nicht zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes bereit sei, müsse zumindest die gesundheitliche Versorgung verbessert werden. Asylbewerber, Geduldete und Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus haben nur einen Anspruch auf medizinische Notversorgung. Angaben des Arbeitsministeriums zufolge sind in einem zweiten Schritt weitere Änderungen bei den Gesundheitsleistungen für Asylbewerber geplant.

Das ist auch aus Sicht der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD) erforderlich. „Leider unverändert bleiben die Regelungen für Asylbewerber hinsichtlich der Krankheitsversorgung. Hier werden wir noch weiter verhandeln müssen. Denn die Praxis zeigt, dass diese eingeschränkten Leistungen zu sehr problematischen manchmal sogar tragischen Fällen führen können“, sagte Özoğuz in Anspielung auf Fälle aus der jüngsten Vergangenheit. Flüchtlinge kamen ums Leben weil ihnen ärztliche Hilfe verweigert worden war. (epd/mig) Aktuell Politik

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