Nach Brandanschlag

Polizei findet keine fremdenfeindlichen Hintergründe in der Moschee

Unbekannte zünden ein Koran-Exemplar an, legen damit Brand in einer Moschee und die Spurensicherung sucht vergeblich nach Hinweisen für einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Geistiger Slapstick, kommentiert Ekrem Şenol.

Am Montag kam es aus bisher ungeklärter Ursache zu einem Brand in einem Gebetsraum einer Bielefelder Moscheegemeinde. Der Vorsitzende entdeckte das Feuer zufällig und alarmierte die Feuerwehr. Ersten Ermittlungen zufolge wurde in das Gebäude eingebrochen und eine an der Wand angebrachte Geldkassette aufgehebelt. Daraus wurde ein geringer Bargeldbetrag, vermutlich nur Münzgeld, entwendet. Den Brand legten die Täter, indem sie – brisantes Detail – ein Exemplar des Korans anzündeten. Die Flammen verbreiteten sich großflächig; es entstand Sachschaden.

„Die Auswertung der Brandspuren und die Suche nach weiteren relevanten Spuren hat durch die Brandermittler und die Spurensicherung des Kriminalkommissariates 11 begonnen. Der Staatsschutz ist in die Ermittlungen eingebunden. Es wurde eine sechsköpfige Ermittlungskommission gegründet“, teilt die Polizei mit.

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Und welch Überraschung: Wie die Polizei weiter mitteilt, liegen „keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen, politischen oder religiösen Hintergrund vor“. Offizielle Begründung: „Möglicherweise aufgrund der enttäuschend geringen Beute und/ oder zur Verdeckung des Einbruchsdiebstahls könnte dann der Brand in dem Gebetsraum gelegt worden sein.

Wahrlich, eine intellektuelle Glanzleistung des Kriminalkommissariates und des Staatsschutzes. Es kann allenfalls erahnt werden, wie lange die Ermittlungskommission wohl gebraucht hat, um mit dieser Begründung den Beweis zu erbringen, dass aus den NSU „Pannen“ keinerlei Lehren gezogen wurden.

Wie wir inzwischen wissen müssen, hinterlassen Rechtsextremisten ungern Spuren, die auf ihre politischen Hintergründe – Fremdenfeindlichkeit, Rassismus etc. – schließen lassen. Ganz im Gegenteil: Es darf sogar angenommen werden, dass sie äußerst sorgfältig vorgehen, um genau den gegenteiligen Anschein zu erwecken. Schließlich werden sie sowohl ein Interesse daran haben, strafverschärfende Umstände zu kaschieren als auch nicht ins Visier der Ermittler zu geraten.

Könnte es also nicht genau andersherum gewesen sein? Die Täter wollten die Moschee in Brand setzen, vertuschen dies aber durch das Aufbrechen der Spendenkasse, um so einen falschen Anschein zu erwecken. So schließen sie strafverschärfende Umstände aus und nehmen auch noch Taschengeld mit. Dieser Gedanke liegt auch deshalb so nahe, weil die Spendenkassen von Moscheevereinen nicht gerade dafür bekannt sind, prall gefüllt zu sein.

Außerdem: Wer vertuscht Diebstahl von geringwertigen Sachen – Geldstrafe – mit einer schweren Brandstiftung – Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr!? Ist das Gegenteil nicht naheliegender? Soweit die ersten Gedanken, die sich einem Laien aufdrängen. Dass eine sechsköpfige Ermittlungskommission aber einen großen Bogen um diese Logik macht, ist geistiger Slapstick.

Ob der Gebetsraum tatsächlich aus fremdenfeindlichen Motiven heraus in Brand gesetzt wurde oder es sich tatsächlich um Diebstahl handelt, wird dieses Sextett mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht herausfinden. Mit der hier abgelieferten Begründung tappen sie nicht nur zeitlich irgendwann vor dem Bekanntwerden des NSU, sondern liefern sich mit der SoKo Bosporus auch ein intellektuelles Wettrennen um die Pole-Position.

Noch einmal zum…: Unbekannte zünden ein Koran-Exemplar an, legen damit Brand in einer Moschee und die Spurensicherung sucht vergeblich nach Hinweisen für einen fremdenfeindlichen Hintergrund – weil auch Diebstahl begangen wurde! Wie einfach, nicht wahr?