Antisemitismus

Zentralrat der Juden wirft Muslimen Untätigkeit vor

Der Zentralrat der Juden wirft Muslimen Untätigkeit gegen Antisemitismus vor. Muslime weisen diesen Vorwurf von sich. Sehr wohl setze man sich mit Antisemitismus auseinander. Historiker Grosser wiederum kritisiert zu große Identifikation jüdischer Organisationen mit Israel.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, wirft den muslimischen Verbänden vor, nicht genug gegen Antisemitismus zu tun. „Sie versprechen es, aber konkrete Schritte muss man mit der Lupe suchen“, sagte Graumann der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Der Zentralrat der Juden habe sich stets für Muslime in Deutschland eingesetzt. Eine Solidarisierung von Muslimen mit Juden bleibe nun aber aus.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland wehrt sich gegen den Vorwurf der Untätigkeit. Der Vorsitzende Aiman Mazyek sagte der Zeitung, in den Freitagsgebeten und im Austausch mit Jugendlichen setzten sich die islamischen Gemeinden sehr wohl mit Antisemitismus auseinander. Mazyek mahnte eine klare Unterscheidung zwischen Kritik an der israelischen Kriegspolitik und Antisemitismus an. Tatsächlich hat sich Mazyek seit der isaraelischen Militäroffensive im Gaza mehrmals gegen Antisemitismus positioniert und diese öffentlich verurteilt.

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Auf Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg hatten Muslime vereinzelt antisemitische Parolen gerufen. Zudem werden arabischstämmige Jugendliche verdächtigt, einen Anschlag auf die Synagoge in Wuppertal-Barmen verübt zu haben. Die Unsicherheit hat laut Graumann bei Juden in Deutschland stark zugenommen: „Wir laufen mit verwundeten Seelen herum.“ Der Zentralratspräsident kritisierte auch Politiker und Medien, weil sie zunächst nicht auf die Parolen der Demonstranten aufmerksam gemacht hätten.

Die ständige totale Identifikation mit Israel
Im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg kritisiert der Publizist Alfred Grosser jüdische Verbände in Deutschland und Frankreich. „Das schlimme ist die ständige totale Identifikation mit Israel, auch wenn Israel momentan große Kriegsverbrechen begeht“, sagte der französische Politologe und Historiker in einem Interview des Deutschlandfunks. Grosser wurde 1925 als Sohn eines jüdischen Arztes in Frankfurt am Main geboren und emigrierte mit seinen Eltern nach Frankreich.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland und die vergleichbare Institution in Frankreich vergäßen, dass es sich nicht um einen Krieg zwischen ebenbürtigen Konfliktparteien handle. Die Angriffe der Hamas auf Israel könne man nicht mit der Zerstörung von Häusern und Menschen im Gaza-Streifen vergleichen, sagte Grosser. Mit Blick auf die Demonstrationen in Frankreich kritisierte er auch die Medien. Sie berichteten ausschließlich über antisemitische Taten, über Angriffe auf Muslime erfahre man nichts.

UN: Konflikt im Nahen Osten nicht missbrauchen
In mehreren Städten demonstrierten am Wochenende wieder Menschen für ein Ende der Kämpfe zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas. An einem „Schweigemarsch für den Frieden im Nahen Osten“ in Aachen beteiligten sich am Samstag rund 300 Menschen. Auch in Hagen und Mönchengladbach gingen Menschen zu friedlichen Protesten auf die Straße. In Düsseldorf und Köln waren für Sonntag weitere Demonstrationen geplant.

Derweil beklagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Zunahme antisemitischer Attacken in Europa. Als Reaktion auf die Eskalation der Gewalt in Gaza hätten sich die Übergriffe gehäuft, erklärte er am Sonntag (Ortszeit) in New York. Der Konflikt im Nahen Osten zwischen Israelis und Palästinensern dürfe nicht dazu missbraucht werden, um sozialen Frieden und Harmonie zu stören. Der Generalsekretär kritisierte auch die Militäroffensive Israels. Den Beschuss einer Uno-Schule von Seiten Israels bezeichnete Ban Ki Moon als Verbrechen; die USA nannten den Vorfall „schandhaft“. (epd/mig)