Sinti und Roma in Deutschland – wenige wissen wirklich etwas über sie, aber viele mögen sie nicht. Warum ist das so? Im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat die TU Berlin diesen Widerspruch zum Anlass genommen, um „Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma“ zu erforschen.
Das Ziel dieser bisher einzigartigen Studie, deren Veröffentlichung für den Sommer 2014 geplant ist, war es den Wissens- und Vorurteilsbestand zu Sinti und Roma in der deutschen Bevölkerung zu erforschen. Einer der Projektleiter, der Vorurteilsforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz, stellte am Montag (7. April) in Berlin erste Ergebnisse vor.
Unbeliebteste Bevölkerungsgruppe in Europa
Sinti und Roma seien so gut integriert, dass man sie kaum bemerke, sagte Benz. Nichtsdestotrotz seien Sinti und Roma laut Umfragen die unbeliebteste Bevölkerungsgruppe in Europa. Auf der europäischen Beliebtheitsskala lägen sie an letzter Stelle, nach Juden und Asylbewerbern, so der Vorurteilsforscher. Der Wissenschaftler sah hier Parallelen zum Antisemitismus, da auch in der Judenfeindlichkeit „der unbekannte Feind“ ein wirkungsvolles Subjekt der Ablehnung sei.
Wie stellen sich die Deutschen das Zusammenleben mit gesellschaftlichen Minderheiten vor? In einer repräsentativen Befragung von gut 2.000 Personen fragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der TU Berlin nach Vorschlägen für ein gutes Zusammenleben mit gesellschaftlichen Minderheiten: Benz sagte, es beruhige ihn, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten (91 Prozent) Integrationsangebote für einen guten Vorschlag für ein besseres Zusammenleben hält. Mehr als ein Drittel der Befragten wünschte sich aber auch mehr Polizei im Zusammenleben mit Minderheiten, die Hälfte der Befragten will Migration nach Deutschland beschränken.
Das (Un)wissen
Über kein anderes Volk weiß man hierzulande so wenig und zugleich so viel Negatives wie über Sinti und Roma: In der Forsa-Umfrage konnte etwa jeder Zwölfte die Begriffe Sinti und Roma nicht zuordnen, nur jeder Zwanzigste war dazu in der Lage, Sinti und Roma voneinander zu unterscheiden. Als Historiker habe ihn besonders schockiert, dass viele Deutsche nichts über die Geschichte der Sinti und Roma wüssten, sagte Benz. So gaben nämlich fast 20 Prozent – also rund jeder Fünfte – zu, noch nie etwas über den Völkermord an Sinti und Roma während des Nationalsozialismus gehört zu haben. In der Gruppe der 25 bis 34-jährigen, also bei den jungen Erwachsenen, war es sogar knapp ein Drittel.
In einem neuen Bericht, den Amnesty International anlässlich des internationalen Roma-Tages am Dienstag (8. April) veröffentlichte, weist die Menschenrechtsorganisation unterdessen darauf hin, dass Roma in Europa systematisch diskriminiert, vertrieben, an der sozialen Integration gehindert und beim Zugang zu Schulen, Arbeit, Sozialdiensten, gesundheitlicher Versorgung und Infrastruktur benachteiligt werden.