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Wenn Kardinal Meisner ein muslimischer Mufti gewesen wäre…

Die öffentliche Empörung nach der Predigt von Kardinal Meisner hielt sich in Grenzen. Hier und da ein paar Statements und das war‘s. Was wäre wohl los gewesen, wenn nicht Kardinal Meisner, sondern ein muslimischer Mufti diesen Mist verzapft hätte?

„Ich sage immer, eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien.“ Das sagte der Kölner Kardinal Meisner (80) bei einer Veranstaltung vor Mitgliedern der katholischen Bewegung Neokatechumenaler Weg und rief damit ein Wellchen der Empörung aus. Zwar kritisierten ein paar Landes- und Bundespolitiker den Kardinal, zum großen BUM kam es aber nicht.

Nur NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) verlangte vom Kardinal eine „Klarstellung“ und Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) zeigte sich „sehr enttäuscht“. Aus dem Bundestag meldete sich nur der Kölner Politiker Volker Beck (Grüne). Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), wollte sich indes trotz Journalistenanfrage nicht einmal dazu äußern.
Bekir Alboğa von der Türkisch-Islamischen Union Ditib fragte, was wohl los wäre, wenn „ein muslimischer Würdenträger in vergleichbarer Position“ so einen Satz formuliert hätte. Eine berechtigte Frage, die schnell beantwortet ist:

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Das hätte keine Welle, sondern einen Tsunami ausgelöst. Stichwort: Hassprediger. Über Wochen und Monate hätte man eine Wertedebatte geführt und die Vereinbarkeit des Islam mit dem Grundgesetz diskutiert. Ob der Islam zu Deutschland gehört? Natürlich nicht mehr. Und wehe, irgendwer hätte es unterlassen, sich von diesem islamischen Mufti zu distanzieren. Politiker – vor allem die aus der Union – hätten eine Pressemitteilung nach der anderen verfasst und erst gar nicht auf Journalistenanfragen gewartet.

Erst recht hätte niemand Verständnis für den Mufti aufgebracht, wenn er zurückgerudert wäre, indem er lediglich erklärt hätte, seine Wortwahl wäre „vielleicht unglücklich“ gewesen. Auch würde niemand zugunsten des Mufti annehmen, er dürfe kurz vor seinem Abgang und sowieso Wiederholungstäter, nicht mehr ernst genommen werden. Nein, der Mufti würde gerade aufgrund seines Alters zum Obermufti ernannt werden, dem sowieso jeder Muslim folge.

So weit ist es nicht gekommen. Zum Glück. Weder wurde die Vereinbarkeit der Kirche als Institution infrage gestellt noch das Christentum als Religion. Einzig die Person Meisner stand im Fokus der Kritik. Auch hat sich kein einziger Innenminister zu Wort gemeldet, um daraus ein Horrorszenario für die innere Sicherheit zu stricken, Fundamentalismus, Extremismus, Terrorismus.

Alles ist so gelaufen, wie es im Grunde laufen muss: ein paar kleine Aufreger hier, ein paar Stimmen da, ein paar schlichtende, wohlwollend formulierte Kommentare in den Zeitungen und gut ist. Bleibt zu wünschen, dass das auch dann so bleibt, wenn mal ein Mufti Mist verzapft. Hoffentlich denken wir dann alle gemeinsam an den „guten“ alten Kardinal Meisner und lassen die Moschee im Dorf.