Bades Meinung

„Wer betrügt, der fliegt“. Eine himmlische Realsatire

Was würde Franz Josef Strauß selig über die Kampagne seines derzeitigen irdischen Amtsnachfolgers Seehofer gegen angebliche Armutswanderer und Sozialbetrüger aus Bulgarien und Rumänien sagen? Klaus J. Bade hat darüber nachgedacht.

„Cefix-Halleluja-Bimmbam-Hollerstaudenbusch“, zeterte auf einer blau-weißen Wolke im Himmel Erster Klasse, in dem man zwar schimpfen, aber nicht fluchen darf, der etwas dickliche Engel und vormalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß, der hienieden seinerzeit in Innsbruck promovieren wollte, worum es damals einigen Ärger gegeben hatte, vorbei, vorbei.

Der bayerische Engel schimpfte, wie zu Lebzeiten, mit vorgerecktem und auf den Hemdkragen gedrücktem Doppelkinn, mit zornig vorgeschobenen Schultern und auf den Zehen wippend; denn er sah mit einigem Missfallen herab auf das ungeschickte Wirken des CSU-Generalsekretärs Dr. phil. Andreas Scheuer, der in Prag promoviert, aber erheblich mehr Ärger damit hatte und gerade eifrig den Kampfspruch verbreitete „Wer betrügt, der fliegt!“, den des Engels letzter irdischer Amtsnachfolger Seehofer in die Welt gesetzt hatte.

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Gegen den Spruch selbst hatte der Engel nichts, im Gegenteil: Er hätte von ihm selber stammen können; ging es dabei doch um die in seinem Politischen Testament hinterlassene Richtlinie, dass es rechts von der CSU keine bedeutende, demokratisch legitimierte Kraft mehr geben dürfe. Ganz auf dieser Linie versuchte sein politischer Nachfahre im Amt, Seehofer, mit dem Motto „Wer betrügt, der fliegt“ die NPD mit ihrem Slogan „Geld für die Oma, nicht für Sinti und Roma“ rechts zu überholen und zugleich der Alternative für Deutschland rechte Wählerstimmen abzujagen; denn die bayerischen Kommunalwahlen und die Europawahl standen bevor.

„Wohl getan“, lobte deshalb der Engel und klopfte sich auch selbst auf die gefiederte Schulter. Gleichwohl bedauerte er rückblickend, dass er seine alte Drohung, die CSU bundesweit zu etablieren, zu Lebzeiten nicht mehr umgesetzt hatte; denn damit hätten sich in Bayern die liberal-konservativen Kräfte in der CDU und bundesweit die rechtskonservativen Kräfte im Saugschwamm der CSU sammeln können. „Was nicht ist, kann ja noch werden“, tröstete sich der Engel FJS.

Was den himmlischen Ministerpräsidenten a.D. aber ärgerte, war die Tatsache, dass es für die Anwendung des Kampfspruchs „Wer betrügt, der fliegt“ offenbar viele Kandidaten in der CSU selber gab; denn mit der semantischen Drohgebärde war ja z.B. nicht ein namenloser, faul promovierter CSU-Landrat gemeint, der seine Doktorarbeit buchstäblich zusammenkopiert hatte. Gemeint damit war auch nicht der lustige und allseits beliebte Bayern-Präsident, Spekulant und Steuerhinterzieher Uli Höneß.

Und ausdrücklich nicht gemeint war auch der erwähnte, eifrig über angebliche ‚Armutswanderer‘ und Sozialbetrüger aus Bulgarien und Rumänien herziehende smarte CSU-Generalsekretär Dr. Andreas Scheuer, obgleich der sich fabelhaft für den Spruch eignen würde; denn Scheuer muss sich nicht nur wegen des Führens eines in Deutschland falschen Doktortitels, sondern obendrein auch noch wegen des Verdachts auf Plagiate bei dessen Erwerb, mithin wegen gleich zweier potentieller Verfehlungen im Bereich der Titelerschleichung verantworten.

Er übertrifft damit sogar noch den CSU-Freiherrn von und zu Gutenberg mit der gleichermaßen flott gegelten Frisur, bei dem zwar auch ein Teil der Doktorarbeit abgeschrieben, aber wenigstens der Titel echt, wenn auch ebenfalls erschlichen und deshalb zurückzugeben war.

Denn das schon im Jahr 2004 von Herrn Scheuer erworbene, nur an der Prager Universität zu erwerbende ‚kleine Doktorat‘ ist ja kaum mehr als eine gehobene Magisterarbeit, wobei der ‚kleine‘ Doktortitel in Deutschland nur in Bayern und Berlin geführt werden darf.

Das hätte ja für Herrn Scheuers bilokale Arbeit als Generalsekretär in München und als Bundestagsabgeordneter in Berlin zuletzt sogar ganz passend sein können – wenn der faule Titel nicht ebenso aufgeflogen wäre, wie die Tatsache,
dass Herr Scheuer in seiner Arbeit überdies aus Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung abgeschrieben hatte – dummerweise sogar mit einem unverzeihlichen Abschreibefehler, der den Engel FJS erboste; denn Herr Scheuer hatte ausgerechnet den Namen Franz Josef Strauß falsch mit abgeschrieben, nämlich mit einem Bindestrich zwischen dem ‚Franz‘ und dem ‚Josef‘.

„Dieses geht entschieden zu weit, Halleluja“, schimpfte der Engel entrüstet, aber so, dass man es nicht bis zur nächsten Wolke hören konnte, denn die NSA ist auch da oben überall. Aber vielleicht war das da unten in Bayern ja auch schon erledigt: Scheuers schlichte Ankündigung, seinen seit 2004 geführten falschen Doktortitel dann eben künftig nicht mehr führen zu wollen, veranlasste seinen Ministerpräsidenten Seehofer sogleich zu der bayerisch-höchstrichterlichen Exkulpation: Damit sei die Sache für ihn erledigt und der Generalsekretär genieße wieder sein volles Vertrauen.

So ist das System Bayerns. Wie hieß doch gleich der Titel der ‚kleinen‘ Doktorarbeit des Herrn Scheuer? „Die politische Kommunikation der CSU im System Bayerns“. Das ist, mit Verlaub, wirklich bescheuert.