Integrationspolitik

Keine faulen Kompromisse bei den Koalitionsverhandlungen!

Ob Doppelpass oder kommunales Wahlrecht – die Chancen stehen so günstig wie nie, diese und weitere Themen endlich umzusetzen. Voraussetzung: SPD und Grüne bleiben standhaft oder springen über ihren eigenen Schatten und wehe, wenn nicht!

Von Donnerstag, 26.09.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.10.2013, 23:23 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Doppelte Staatsbürgerschaft, kommunales Wahlrecht für nicht EU-Ausländer oder die Erweiterung des Aufenthaltsgesetzes um die Rechte türkischer Staatsangehörige aus dem Assoziationsabkommen. Was haben SPD und die Grünen als Oppositionsparteien in den vergangenen Jahren nicht alles gefordert, versprochen und gesagt. Sie haben die Islamkonferenz als Showveranstaltung tituliert, den Integrationsgipfel als Schönwetterveranstaltung ohne Substanz und auch sonst – oft nicht zu Unrecht – viel kritisiert. Auch während des Wahlkampfes wurde den Wählern mit Migrationshintergrund viel versprochen, sofern die Wahl gewonnen wird.

Nun, das ist bekanntlich nicht eingetreten. Insofern könnte man meinen, dass alles, was vor der Wahl liegt, nicht mehr gilt. Doch so einfach ist das nicht. Denn in Bezug auf die integrationspolitischen Standpunkte der SPD und der Grünen hätte die Wahl – zumindest von der Konstellation her – kaum besser ausgehen können: Auf der einen Seite haben wir eine rot-rot-grüne Mehrheit im neuen Bundestag, die sich in Integrationsfragen weitestgehend einig ist (siehe WahlNavi). Auf der anderen Seite haben wir die Union, die integrationspolitisch in fast allen Punkten konträr zur SPD, den Grünen und der Linkspartei läuft und damit auch allein auf weiter Flur steht.

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Beste Voraussetzungen also für die SPD und die Grünen – die Linkspartei lassen wir aufgrund der Wahrscheinlichkeitsrechnung außen vor, die seit Jahren gepredigte und versprochene Integrationspolitik umzusetzen, ob mit der Union oder ohne sie im Dreierpack mit der Linkspartei. In einer Großen Koalition wäre sogar eine Grundgesetzänderung mit einer Zweidrittelmehrheit zugunsten des kommunalen Wahlrechts möglich. Denn die Union wird kaum umhin können, sich auf Kompromisse einzulassen, wenn sie auch künftig die Bundeskanzlerin stellen will.

Deshalb stellt diese Konstellation die integrationspolitische Reifeprüfung für die SPD und die Grünen dar. Es liegt an ihnen, nun unter Beweis zu stellen, wie viel Wert sie ihren eigenen integrationspolitischen Forderungen beimessen. Entweder werden SPD und Grüne über ihren Schatten springen, sich auf eine rot-rot-grüne Koalition einlassen und ihre in weiten Teilen übereinstimmende Integrationspolitik umsetzen oder aber mit der Union feilschen müssen, bis das Schwarz erbleicht.

In den nächsten Tagen und Wochen wird sich also zeigen, ob die in den vergangenen vier Jahren zahllos eingereichten Anträge und Gesetzesvorlagen der SPD und der Grünen mit ellenlangen Begründungen – wohlwissend, dass sie mit Schwarz-Gelb keine Mehrheit finden werden – ernst gemeint waren oder nur für die Galerie – spätestens dann, wenn die doppelte Staatsbürgerschaft am Verhandlungstisch gegen zwei Päckchen Kaugummis geopfert wird.

Selbstverständlich wird Integrationspolitik bei den anstehenden Sondierungsgesprächen ein Thema unter vielen sein, dennoch werden viele Wähler die nächsten Tage und Wochen auch und vor allem unter diesen Gesichtspunkten kritisch beäugen und bewerten. Und wehe, es kommt im Falle einer Großen Koalition zu falschen Kompromissen à la: Ja zur Abschaffung der Optionspflicht, dafür aber ein Nein zur generellen Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft. We-he! Aktuell Meinung

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  1. Lionel sagt:

    Entweder es gibt eine Große Koalition, oder es gibt Neuwahlen.
    Die Gewichte im Fall einer Großen Koalition sind auch klar: Die SPD wäre nur Juniorpartner, auf 311 Abgeordnete der Union kommen 192 von den Sozialdemokraten, ein Verhältnis (grob) von 3 : 2.

    An der Frage des Doppelpasses werden die Sondierungsgespräche mit Sicherheit nicht scheitern – hier werden der Mindestlohn, das Betreuungsgeld, Steuern usw. im Vordergrund stehen.

  2. aloo masala sagt:

    Die SPD hatte angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs UND in einer Koalition mit den Grünen die doppelte Staatsbürgerschaft dauerhaft, also ohne Optionspflicht, einzuführen.

    Dieses Versprechen konnte die SPD nur deswegen geben, weil sie weiß, dass Grüne und SPD hinsichtlich des Doppelpasses auf einer Linie liegen. Für eine große Koalition gilt dieses Versprechen allerdings nicht mehr. Man sollte realistisch bleiben und wissen, dass die SPD viele ihre Forderungen, die von der CDU/CSU abweichen, nicht so diktieren kann, wie sie es selbst gerne hätte.

  3. aloo masala sagt:

    @delice

    Sie schreiben:

    —-
    Wieviele Opfer müssen wir Euch noch erbringen, damit Ihr damit aufhört?

    Reichen Mölln, Solingen, Ludwigshafen, Köln und Gott weiß wo noch, nicht aus? Um nicht zu vergessen, die vielen anderen gezielten Attentate der NSU- Morde!

    Ihr müsstet alleine schon aus dieser Scham heraus uns dieses Recht gibt?
    —-

    Was passiert wenn die Deutschen die Muslime ebenso in Sippenhaft nehmen und wegen der islamistischen Terrorattacken erpressen?

    Das machen in der Tat eine Reihe von Deutschen. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Aber was unterscheidet Sie dann von diesen Deutschen?

  4. aloo masala sagt:

    Der Doppelpass und kommunales Wahlrecht sind für die türkische Community temporäre Themen, die mit der Zeit an Bedeutung verlieren werden. Denn immer mehr Migranten werden eingebürgert und immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland geboren.

    Der Trend geht dahin, dass die CDU bei türkischstämmigen Wählern immer beliebter werden. Denn viele Deutschtürken interessieren sich nicht für Kommunalwahlrecht und Doppelpass, sondern ihre Präferenzen gleichen sich immer stärker den der Deutschen an.

    Die Zahlen von 2013 und in Klammern von 2009

    SPD: 42,9 (50, 2)
    Grüne: 21,6 (31,0)
    CDU: 20,3 (11,4)
    FDP: 3,1 (1,9)
    Sonstige: 5,2 (3,3)

    Quelle: http://dtj-online.de/endax-umfrage-rot-grun-busst-bei-deutschturken-viel-vertrauen-ein-2880

    Unter Sonstige fallen die Piraten und die Linke. Die Linke ist die Partei, die von ihrer programmatischen Ausrichtung die meiste Zugeständnisse an Migranten macht und darüber hinaus eine humane Asylpolitik verfolgt. Die Themen der Linken spielen bei den Deutschtürken offenbar keine Rolle.

    Bemerkenswert ist, dass der größte Verlierer der Wahl, die FDP, bei den Deutschtürken Gewinne erzielte. Bemerkenswert ist auch, dass sich die Zustimmung für die CDU sich bei den Deutschtürken verdoppelt hat.

    Das ist auch nicht verwunderlich. Die jungen Deutschtürken interessieren sich in erster Linie nicht für Integration oder Asylpolitik, sondern mehr für Steuer- und Gesundheitspolitik. Warum? Weil sie hier zu Hause sind.

  5. delice sagt:

    @aloo masala

    Warum muss jetzt so etwas kommen?
    Der Vergleich hinkt erheblich!

    Niemand hat bisher gleiches mit gleichem verglichen!

    Sonst hätten ja Juden auch das Recht über 6 Millionen Deutsche massenhaft zu verstümmeln, massenhaft zu erschießen oder auch noch massenhafter zu vergaßen und dergleichen! Da das aber  – nicht – geschah und auch – nicht – geschehen wird, ist das, was Sie so von sich geben abwegig bis hin wirr und nicht nachzuziehen!

    Aber gerade diese Extremen des Islams werden in den Ländern ausgelebt, deren Menschen hier allesamt die doppelte Staatsbürgerschaft – vorn herein – haben dürfen! 

    Vielleicht erinnern Sie sich auch daran? 

    Staaten wie z.B. Afghanistan, Iran, Syrien, Tunesien und Marokko!

    In Syrien wird diese Saudische Version des Islam, die nur eine ganz kleine Minderheit im Islam ist, gerade versucht vom Westen an die Macht zu bringen!

    Haben Sie schon etwas von der Türkei so etwas dahingehend gehört? 
    Hallo, die Türkei ist in der NATO usw.!

    Mehr als die Hälfte der Deutschen war schon öfters selbst in der Türkei! 

    Warum also schwingen sie mit so etwas herum? 

  6. delice sagt:

    @aloo masala

    Was versuchen Sie jetzt in etwas hinein zu interpretieren?

    Die Zahlen sagen überhaupt nichts aus! Es sind lediglich irgendwelche Ergebnisse aus einer Wahl! 

    Das was Sie vorgeben ist reine Kaffeesatzleserei!

    Es sagt nichts über den Wunsch aus, dass auch wir generell eine doppelte Staatsbürgerschaft wollen! 

    Höchstwahrscheinlich haben Sie ja schon beide Staatsbürgerschaften, aber interpretieren etwas – für uns-, was so nicht stimmen kann! 

    Ich denke, dass wir selber mündig genug sind, selbst eine Ungleichheit oder eine Diskriminierung unterschieden zu können! 

    Im Übrigen wird die CDU/CSU gewählt, weil die SPD uns stets verraten hat! Da geht man halt dann gleich zum Original hin! Ich sehe das nicht als etwas Schlechtes an! 

  7. dilek sagt:

    Mir wäre es neu, dass die SPD die Durchsetzung der doppelten Staatsangehörigkeit nur auf eine mögliche rot-grüne Koalition beschränkt hätte. Die Behauptung ist falsch und schon sehr spitzfindig. Im Regierungsprogramm der SPD steht klar drin:
    Denjenigen, die nach Deutschland eingewandert sind, wollen wir mehr Teilhabe ermöglichen. Deutschland ist ein Einwanderungsland und lebt von seiner Vielfalt, dem Engagement und den Ideen der Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft. Jetzt müssen wir den nächsten Schritt tun und ein Einbürgerungsland werden. Dazu gehört eine Modernisierung des Staatsangehörigkeits- und Wahlrechts. Deshalb wollen wir die doppelte Staatsbürgerschaft von Bürgerinnen und Bürgern akzeptieren. Was wir
    brauchen ist ein Staatsbürgerschaftsrecht, das unserer vielfältiger werdenden Gesellschaft entspricht, faire Chancen auf Teilhabe und Zugehörigkeit für alle eröffnet und das Selbstbild Deutschlands als ein weltoffenes Land unterstreicht. Insbesondere wollen wir, dass Deutschlands Kinder auch deutsche Staatsbürger sind und bleiben. Mädchen und Jungen, die hier geboren werden, sollen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten und behalten. Die Optionspflicht, die junge Menschen mit der Volljährigkeit zwingt, sich für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden, werden wir abschaffen und insgesamt die doppelte Staatsbürgerschaft von Bürgerinnen und
    Bürgern akzeptieren. Die Optionspflicht ist ein integrationspolitischer Missgriff und ein
    bürokratisches Monstrum, das den Kommunen enorme Verwaltungskosten aufbürdet.
    Ausländischen Studierenden, die in Deutschland einen Hochschulabschluss oder eine
    vergleichbare Qualifikation (z.B. Meisterprüfung) erwerben, wollen wir ermöglichen,
    ohne Einschränkungen in Deutschland zu arbeiten.

  8. aloo masala sagt:

    @dilek

    was man will und was man verspricht zu machen, sind zwei verschiedene dinge.

  9. dilek sagt:

    @alo masala Wenn Sie behaupten, die SPD hätte NUR im Falle eines Wahlsiegs UND in einer Koalition mit den Grünen in Aussicht gestellt, die doppelte Staatsbürgerschaft dauerhaft, also ohne Optionspflicht, einzuführen, dann ist diese Behauptung ganz einfach FALSCH. Genau das hat sie gerade eben nicht getan. Sie hat die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts nicht auf den Fall einer rot-grüne Regierungskoalition beschränkt.

  10. aloo masala sagt:

    @dilek
    Zunächst einmal, das Wahlprogramm ist ein Pamphlet, das in erster Linie die Positionen einer Partei wiedergibt und nicht ein Versprechen, diese Positionen auch umzusetzen. Denn dann wären Koalitionsverhandlungen unmöglich.

    Rotgrün wollte den Doppelpass schon 1999 einführen, scheiterte jedoch am Widerstand der CDU und deren ausländerfeindliche Kampagne während der Hessenwahl. Die derben Verluste in Hessen führten dazu, dass rotgrün über keine Mehrheit im Bundesrat verfügte und das Gesetz nicht mehr durchbringen konnte. Was dann in Zusammenarbeit mit der Union herausgekommen ist, ist die heutige Optionspflicht, die von der SPD schon immer als falsch abgelehnt wurde.

    Seither reicht die SPD in jeder Legislaturperiode mindestens einmal einen Antrag ein, um diese Regelung zu ändern. Der Wille der SPD für den Doppelpass schlägt sich auch im Wahlprogramm nieder. Aber sie können keinen Doppelpass versprechen, außer in einer rotgrünen Koalition. Das haben Sie auch ausdrücklich so gesagt. Siehe Quelle:

    http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-03/staatsbuergerschaft-wahlkampf-spd-cdu

    Das schließt natürlich Ihre Behauptung nicht aus, allerdings kann ich keine Belege dafür finden.