Der Triebtäter

Wasserfest

Durch die Teilnahme am Schwimmunterricht, so das Bundesverwaltungsgericht, soll eine Ausgrenzung verhindert – im Umkehrschluss also die „Integration“ gefördert werden. Eine kühne Behauptung.

Ich bin die Niña, die Pinta und die Santa Maria. Und während Deutschland sich an der Kakophonie der Blockflöten ergötzte und an die Wahlurnen trabte, um eine Stimme abzugeben, die ohnehin in der Leere des Raumes verhallen wird, segle ich in anderen Fahrwassern. Da hat nämlich mal wieder ein Gericht die Politik, die zu gestalten eigentlich der Regierung vorbehalten ist, mangels Interesses der Koalition selbst geformt.

Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom, so heißt es – doch darüber, wie tot einer innerlich sein muss, um zur Wahlurne zu schwimmen, will ich hier ja gar nicht nachdenken – zu desillusionierend könnte die Antwort sein. So ganz komme ich vom Wasser aber auch nicht los.

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Das Wasser ist ja auf vielfältige Weise mit dem Thema Migration verbunden: Über die Außengrenzen der Festung Europa, bewacht von den Kriegsschiffen der Frontex, über die große Wasserknappheit in vielen Ländern der Welt, die Migration erzwingt, bis neuerdings ganz hinüber zum profanen Schwimmunterricht.

Im konkreten Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht darüber zu entscheiden, ob es muslimischen Mädchen zugemutet werden soll, gegen ihren Willen am Schwimmunterricht teilzunehmen. Und es hat auch entschieden, nämlich, dass in unserer übersexualisierten Gesellschaft ein junges Mädchen ohnehin nicht vor dem Anblick halbnackter Menschen geschützt werden muss, weil selbst Butter nicht mehr ohne Sex verkauft werden kann. Darum, so erklärte dass Gericht, sei es auch genug der Zugeständnisse, wenn die Schülerinnen eben einen Burkini tragen.

Während der Vater nun im Anschluss an die Verhandlung erklärte, er habe jetzt vor Allah alles getan, was ihm möglich sei, weshalb er das Urteil respektieren werde, äußerte sich seine Tochter bisher sturer.

Der Burkini übrigens, bevor ich das vergesse, und so suggeriert ja bereits der Name, ist ein Kleidungsstück, das entsprechend der muslimischen Kleidungsvorschriften gestaltet wurde, den Anbietern zufolge allerdings zu rund 80% an Nichtmuslime verkauft werde, Frauen also, die sich, ganz unabhängig irgendwelcher Kleidungsvorschriften, vor der Sonne und offenbar allzu lüsternen Blicken schützen wollen.

Durch die Teilnahme am Unterricht wiederum, so die Richter, soll eine Ausgrenzung verhindert – im Umkehrschluss also die „Integration“ gefördert werden. Eine kühne Behauptung, die aufgrund der Oktroyiertheit des devianten Verhaltens – des Tragens einer besonderen Bekleidung – mindestens fragwürdig ist. Integration schließlich kann nur funktionieren als freiwilliger Prozess, sie ist die Reaktion eines willkommenen Gastes, der sich wohl fühlt und plant, nicht nur Gast, sondern langfristig zu bleiben.

Die Freiheit dieser Entscheidung wird muslimischen Schülerinnen durch das Urteil allerdings genommen, das Argument der Integration durch Teilhabe implodiert, in dem Moment, in dem Freiwilligkeit zu Zwang wird. Der Schwimmunterricht im Burkini ist somit nicht mehr als eine angeordnete (Zwangs-)Eingliederung. Er ist Freiheit in Zwang, ein goldener Käfig.