Racial Profiling

Verwaltungsgericht Koblenz urteilt erneut zugunsten der Polizei

Erneut musste sich das Verwaltungsgericht Koblenz mit einem Fall von „Racial Profiling“ auseinandersetzen und erneut sprach es ein Urteil zugunsten der Polizei aus. Klägeranwalt: „Ich habe selten eine derart einseitige Beweiswürdigung lesen müssen“.

Im Oktober 2012 hatte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eine vielfach kritisierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz vom 28.02.2012 aufgehoben und damit die rechtswidrige Methode des sogenannten „Racial Profiling“ (verdachtsunabhängige Personenkontrollen aufgrund äußerlicher Merkmale wie bspw. Hautfarbe) bundesweit bekannt gemacht. Damals war es um eine bundespolizeiliche Kontrolle von Menschen einzig anhand der Hautfarbe gegangen.

Nun hat sich das VG Koblenz mit einer neuen Entscheidung zum „Racial Profiling“ geäußert. In einem Urteil vom 21.08.2013 hat das Gericht die Klage einer Frau abgewiesen, die damit erreichen wollte, dass ein gegen sie ausgesprochener Platzverweis als rechtswidrig festgestellt werden sollte.

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Im Polizeigriff hinausgeführt
Die 28-jährige hatte zusammen mit einer Begleiterin im Mai 2012 im Kasseler Hauptbahnhof zwei Bundespolizisten beobachtet, wie sie zielgerichtet Personen offensichtlich einzig wegen ihrer Hautfarbe nach den Personalien befragten. Da beide Frauen diese Vorgehensweise als rassistisch empfanden, beobachteten sie die Kontrolle aus nächster Nähe.

In der Niederschrift über die öffentliche Sitzung, die dem MiGAZIN vorliegt, schilderte die Klägerin den Sachvherhalt folgendermaßen: „Wir haben die Kontrollen durch die Bundespolizei beobachtet. Es waren zwei bis drei Kontrollen schon vorher erfolgt, die ebenfalls dunkelhäutige Personen betrafen. Ich stellte mich ca. 1 1/2 bis 2 Meter neben die Kontrollgruppe. Es war die Art und Weise der Kontrolle, die mich gestört hatte. Ich wollte den Betroffenen das Gefühl geben, nicht allein zu sein.“ Die Bundespolizisten reagierten mit einem Platzverweis und führten die Klägerin im sogenannten Polizeigriff hinaus.

In einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Koblenz widersprachen sich die Aussagen der Beamten sowie die der beiden Frauen und des Betroffenen der Kontrolle, der von beiden Parteien als Zeuge benannt worden war. Doch das Gericht wertete sämtliche Aussagen der Bundespolizisten als besonders glaubhaft, während es die wesentlichen Aussagen der Klägerin und des weiteren Zeugen als unglaubwürdig darstellte.

Einseitige Beweiswürdigung
„Ich habe selten eine derart einseitige Beweiswürdigung lesen müssen“ kommentiert Rechtsanwalt Sven Adam, der die Klägerin juristisch vertritt, die Ausführungen des VG Koblenz. Trotz verfahrenswichtiger Aussagen der vernommenen Personen hat das Gericht in der Verhandlung zudem etliche Anträge auf Protokollergänzung zurückgewiesen.

„Offensichtlich war es das Ziel, die Hautfarbe als einzigen Grund der Kontrolle von Menschen nicht thematisieren zu müssen und auch deshalb die Klägerin und den Zeugen als unglaubhaft darzustellen“, so Adam.

Berufung eingelegt
Bereits vor der mündlichen Verhandlung hatte das Gericht seine Haltung in einem Prozesskostenhilfebeschluss vom 08.01.2013 deutlich gemacht. Darin hat es die Praxis des „Racial Profiling“ ungeachtet der Rechtsprechung des EGMR und des OVG Rheinland-Pfalz „erneut zu legitimieren versucht und wollte damit offenbar auch eine Beweisaufnahme verhindern“, so Rechtsanwalt Adam weiter. Doch genau dies hielt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung aber für erforderlich.

Nun wird das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz auf die Berufung in einer weiteren Beweisaufnahme die Aussagen der Polizeibeamten und Zeugen neu würdigen müssen. Die Klägerin: „Wir hoffen, dass unsere Frage beantwortet wird, ob wir eine offensichtlich rechtswidrige Personalienfeststellung in unmittelbarer Nähe beobachten durften. Außerdem will ich ungern weiterhin als angebliche Lügnerin dastehen, wie das Verwaltungsgericht offenbar meint.“ (bk)