Wahlprüfsteine Bundestagswahl 2013 (13/15)

Schutz vor Diskriminierung

Welche Partei soll bei den Bundestagswahlen 2013 Ihre Stimme bekommen? Der Verband binationaler Ehen und Partnerschaften hat die Parteien nach ihrer Ausländer- und Integrationspolitik befragt und MiGAZIN bringt die Antworten. Heute: Diskriminierung

Welche umfassenden und wirksamen Maßnahmen werden Sie ergreifen, um nachhaltig Diskriminierung zu verhindern und von Diskriminierung Betroffene zu schützen?

CDU/CSU
Kulturellen und religiösen Konflikten wollen wir vorbeugen. Staat und Gesellschaft sind daher gefordert, die Voraussetzungen für Integration und ein gutes Miteinander zu schaffen. In einer vielfältigen Gesellschaft gilt es die Gemeinsamkeiten zu stärken. Der Zusammenhalt der Menschen motiviert, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die beste Integration ist gesellschaftliche Teilhabe aller. Sie stärkt die innere Einheit und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und beugt Diskriminierung vor.

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Erfolgreiche Integration bedeutet für uns: Identifikation mit unserem Land, unserem Grundgesetz und unseren Grundwerten, Teilhabe und Verantwortung. Integration kann aber nur mit der nötigen Anpassungsbereitschaft der Zuwanderer und der Aufnahmebereitschaft der Einheimischen gelingen. Ein erfolgreicher Integrationsprozess trägt dazu bei, für die Erfordernisse der globalisierten Welt besser aufgestellt zu sein. Europäisierung und Globalisierung bedingen zunehmend Zuwanderung und Integration, die wir auch in Zukunft aktiv gestalten und steuern wollen. Auf diese Entwicklung müssen wir heute wie auch in Zukunft ein wachsames Auge haben und nötige Schritte zur Förderung integrierungswilliger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte unterstützen. CDU und CSU treten Integrationsverweigerern entschieden entgegen, auch im Interesse der großen Mehrheit rechtstreuer Zuwanderer. Wer unsere Unterstützung will, muss durch sein Verhalten den Willen zur Integration deutlich machen. Wer sichseinen Pflichten entzieht, muss mit Folgen für seinen Aufenthaltsstatus und seine Leistungsansprüche rechnen. Dies ist der Maßstab für gelingende Integration, für eine starke und soziale Gemeinschaft und für den Zusammenhalt in Deutschland.

SPD
Wir wollen eine Gesellschaft, die sich jeder Form der Diskriminierung widersetzt und eine Kultur des Widerspruchs fördert, wenn bewusst oder unbewusst Rechte und Würde des Menschen verletzt werden, und einen Staat, der diese Würde und Rechte wirksam schützt. Wir bekämpfen jede Form der Diskriminierung, ob wegen Herkunft, Geschlecht, sexueller Identität, Religion und Weltanschauung, Behinderung oder Alter.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wir weiterentwickeln und eine bessere Finanzierung für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sicherstellen. Wir achten und schätzen die Religionsfreiheit und die religiöse und weltanschauliche Vielfalt in Deutschland. Deutschlands große Stärke ist seine vielfältige Gesellschaft. Integration findet aus der Mitte der Gesellschaft statt. Wir setzen uns für alle Menschen in unserem Land ein, Diskriminierungen und Vorurteilen treten wir entschieden entgegen. Eine offene Gesellschaft bietet im Rahmen der Grundrechte allen Religionen den Freiraum zur Entfaltung ihres Glaubens.

Die Grünen
Bündnis 90/Die Grünen stehen für eine Politik der Vielfalt und für klare Kante gegen Diskriminierung. Es ist ein Kernanliegen von Bündnis 90/Die Grünen, jede Art von Diskriminierung zu bekämpfen. Bündnis 90/Die Grünen treten dafür ein, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umfassend reformiert und – entlang der Kritikpunkte der Antidiskriminierungsverbände – europarechtskonform überarbeitet wird (also z. B. die überschießenden Ausnahmeregelungen für Religionsgemeinschaften und ihnen zugeordnete Einrichtungen eingegrenzt werden). Bündnis 90/Die Grünen befürworten es, den Anwendungsbereich des AGG auf die öffentliche Bildung stärker auszuprägen und setzen sich deshalb sowohl im Deutschen Bundestag als auch im Europäischen Parlament für die Verabschiedung der 5. Antidiskriminierungsrichtlinie. Dazu haben wir im Bundestag einen Antrag „Europäische Antidiskriminierungspolitik unterstützen – 5. Gleichbehandlungsrichtlinie der EU nicht länger blockieren“ (Bundestagsdrucksache 17/1202) eingebracht. Denn leider ist im Ministerrat die schwarz-gelbe Bundesregierung einer der Hauptbremser. Diese Haltung wollen wir aufbrechen. Wir treten dafür ein, dass die nächste Bundesregierung die neue Antidiskriminierungsrichtlinie aktiv unterstützt und auf eine schnelle Verabschiedung drängt.

Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2013: Die Antwort welcher Partei überzeugt Sie am meisten?
    Die Linke (40%)
    Die Grünen (21%)
    SPD (18%)
    CDU/CSU (16%)
    FDP (4%)
     
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    FDP
    Die Bekämpfung der Diskriminierung in unserer Gesellschaft ist ein gesellschaftspolitisches Ziel der FDP. Die damit verbundene Bürokratie und die Kosten, die beispielsweise der Wirtschaft durch gesetzliche Regelungen entstehen, dürfen jedoch nicht außer Betracht bleiben. Der Abbau von Diskriminierungen lässt sich nicht nur per Gesetz verordnen, sondern ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Es kommt auf eine dauerhafte Sensibilisierung für das Thema, ein Umdenken in den Köpfen und eine Veränderung des Bewusstseins bei jedem Einzelnen an. Darüber hinaus ist es wichtig, insgesamt eine Kultur zu entwickeln, in der Vielfalt nicht nur akzeptiert und toleriert, sondern als Bereicherung empfunden wird. Wir wollen nicht nur Diskriminierungen verhindern, sondern auch eine vielfältige Gesellschaft und Arbeitswelt fördern, in der tatsächlich jeder und jede eine reale Chance auf individuellen Aufstieg und Selbstentfaltung hat. Geschlecht, ethnische Herkunft, sexuelle Orientierung, Behinderung, Religion und Weltanschauung prägen die Persönlichkeit eines Menschen. Für Liberale ist es normal, verschieden zu sein. Liberale Politik schützt in besonderem Umfang vielfältige Lebensformen und Lebensentwürfe.

    Die Linke
    Die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung ist eine enorm wichtige und zugleich sehr langwierige gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Neben einer weiterentwickelten Anti- Diskriminierungsgesetzgebung und wirksamen Beratungsstellen, Kontroll- und Sanktionsmechanismen (hierzu weiter unten), muss Rassismus in Deutschland als ein relevantes Problem in der Öffentlichkeit, in den Medien und in der Politik erst noch verankert werden. Es gibt eine Fokussierung in der Debatte auf den „rechten Rand“, während der Rassismus in der Mitte der Gesellschaft und institutioneller Rassismus weitgehend ausgeblendet bleiben. Diesbezüglich sollten die deutsche Gesellschaft und Politik aus der ganz anders gelagerten Debatte über Rassismus und erforderliche Gegenmaßnahmen in Großbritannien lernen. Die Bundesregierung hat sich jedoch faktisch sogar geweigert, einen von der UN-Anti- Rassismuskonferenz geforderten Aktionsplan gegen Rassismusvorzulegen. Ihre grundsätzliche Haltung ist, Rassismus sei kein relevantes Problem in Deutschland bzw. alles Notwendige zu seiner Bekämpfung werde bereits getan, ein weitergehender Handlungsbedarf wird nicht gesehen. Deshalb verwundert es auch nicht, dass ein UN-Gremium den rassistischen Gehalt der Äußerungen Thilo Sarrazins feststellen und die Bundesregierung zu wirksamem Handeln hiergegen auffordern musste.

    Eine wichtige Maßnahme gegen Rassismus in der Gesellschaft wäre es, wenn die Bundesregierung und Parteien aufhörten, mit rassistischen Ressentiments und ausgrenzenden Sprüchen politisch punkten zu wollen (vgl. die Debatten über vermeintliche „Integrationsverweigerer“ oder angeblich asylmissbrauchende Roma vom Westbalkan, die verzerrende Vorveröffentlichung der „Muslim- Studie“ über die BILD-Zeitung usw.). Auch durch die rein ideologisch begründete Verweigerung der doppelten Staatsangehörigkeit oder eines Wahlrechts für hier lebende Ausländerinnen und Ausländer wird Misstrauen gegen die zumeist seit Jahrzehnten hier lebenden oder hier geborenen Menschen nicht-deutscher Staatsangehörigkeit gesät. Auch alle rassistischen Sondergesetze müssen abgeschafft werden, etwa das Asylbewerberleistungsgesetz und Beschränkungen der Bewegungsfreiheit von Schutzsuchenden (Residenzpflicht). Sie verstoßen nicht nur gegen die Menschenwürde der Betroffenen, sie stellen auch eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar und markieren die Betroffenen als Menschen mit minderen Rechten.

    Rassismus in der Polizei und rassistische Polizeiarbeit müssen systematisch bekämpft werden. Denn auf hiervon Betroffene wirkt besonders verstörend und ausgrenzend, dass sie von den Organen des Staates, die sie eigentlich schützen sollen, diskriminiert, verdächtigt oder sogar angegriffen werden. DIE LINKE. hat im Bundestag bereits mehrfach die Forderung nach einer unabhängigen Kontroll- und Beschwerdeinstanz eingebracht, auch die Menschenrechtsschulung des Polizeipersonals muss dringend verbessert werden (Bundestagsdrucksache 17/10685). Nicht zuletzt die NSU-Mordserie und die zum Teil infolge rassistischer Denkmuster von Ermittlungsbeamten gescheiterte polizeiliche Aufklärung haben gezeigt, wie verbreitet der Rassismus in Deutschland ist. DIE LINKE. tritt überdies für ein wirksames Verbot des racial profiling ein. Polizeikontrollen, die selektiv am Äußeren der Personen anknüpfen, darf es weder an EU-Binnengrenzen, im grenznahen Raum noch sonst wo im Rahmen der Polizeiarbeit geben.