Einjahresbilanz

Nur 2.500 Fachkräfte lockte die Blaue Karte EU an

Rund 2.500 Fachkräfte hat die Blaue Karte EU im ersten Jahr aus dem Ausland nach Deutschland gelockt. Das ist vom Soll weit entfernt. Dennoch zog Innenminister Friedrich eine positive Bilanz. Opposition sieht keinen Grund für Eigenlob und Experten fordern Zuwanderungsmarketing.

Vor gut einem Jahr wurde die „Blaue Karte EU“ eingeführt. Damit wurde die EU-Richtlinie aus Mai 2009 umgesetzt, die die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung festlegt. Am Mittwoch zog das Bundesinnenministerium eine erste Bilanz.

Danach wurden seit der Einführung 8.879 Blaue Karten EU verteilt (Stand: 30. Juni 2013). Davon gingen unter anderem 1.450 an Hochschulabsolventen, die unmittelbar nach ihrem Hochschulabschluss oder nach einer kurzen Suchphase einen Arbeitsplatz gefunden und so eine Blaue Karte erhalten haben. Aus dem Ausland hat die Blaue Karte EU etwas mehr als 2.500 Hochqualifizierte angezogen.

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Willkommen weil gebraucht
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU): „Vorrangig muss es darum gehen, das große Potenzial unserer eigenen Bürgerinnen und Bürger zu nutzen und unsere jungen Leute bestens auszubilden. Aber willkommen sind zusätzliche Fachkräfte aus dem Ausland. Experten sind sich einig, dass ohne eine solche Fachkräftezuwanderung unsere Wirtschaftsentwicklung gebremst wäre.“

Ob mit den rund 2.500 Einwanderern aus dem Ausland der Fachkräftemangel abgefangen werden kann, scheint allerdings mehr als Zweifelhaft. Noch im Juni 2012 verwies die Bundesregierung selbst auf Forschungsergebnisse, wonach erst bei einer Zuwanderung von jährlich 100.000 Fachkräften aus dem Ausland von einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt im Jahr 2030 ausgegangen werden kann.

Kein Grund für Eigenlob
Entsprechend reagiert die Opposition. Brigitte Pothmer, Arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, sieht bei diesen Zahlen keinen Grund für Eigenlob. „Die Bundesregierung hat ihre Hausaufgaben offensichtlich nicht gemacht: Von einer echten Willkommenskultur ist Deutschland noch weit entfernt und die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist immer noch unzureichend“, so Pothmer.

Auch eine erste Bilanz des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) fiel eher durchwachsen aus. „Die Gesetze sind gut, aber sie sind im Ausland noch zu wenig bekannt gemacht worden“, erklärte SVR Vorsitzende Christine Langenfeld. „Es fehlt ein modernes Zuwanderungsmarketing.“

Imagewandel zum Einwanderungsland
Bisher verhalte sich die Bundesregierung viel zu defensiv. „Wir brauchen eine offensive Informationskampagne im Ausland, die aktiv über die rechtlichen Möglichkeiten informiert. Dabei muss auch vermittelt werden, dass ausländische Fachkräfte in Deutschland willkommen sind“, sagte Langenfeld. Der Imagewandel vom „Nichteinwanderungsland“ zum weltoffenen Einwanderungsland müsse aktiv vorangetrieben werden.

Die Blaue Karte erhalten Personen, die einen Hochschulabschluss haben und einen Arbeitsvertrag mit einem Jahresbruttogehalt von mindestens 46.400 Euro nachweisen können, in Mangelberufen reichen 36.200 Euro. Familienangehörige von Blaue-Karte-Inhabern dürfen nach der Einreise sofort und unbeschränkt eine Arbeit aufnehmen. (etb)