Polizeigewalt

Schlagstöcke und Handschellen zu Ramadan

Für eine Gruppe von Muslimen endete ein gemütlicher Abend mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Polizeitritten. Die Polizei weist jegliche Verantwortung von sich. Die Zeugenaussagen sprechen allerdings gegen die "Ordnungshüter".

Von Emran Feroz Dienstag, 23.07.2013, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 26.07.2013, 3:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nachts gegen halb eins saßen Samir* und seine Freunde vor dem Gebäude einer Zeitarbeitsfirma und genossen die Stille des Abends. Sie kamen gerade aus der nahegelegenen Moschee in Offenbach. Dort fand – wie jede Nacht im Fastenmonat Ramadan – das sogenannte Tarrawih-Gebet statt.

Plötzlich fuhren drei Polizeiwagen herbei. Die Beamten stiegen aus und kamen eilig auf die Gruppe zu. Kurz darauf wurden die jungen Männer allesamt harsch dazu aufgefordert, ihre Personalausweise vorzuweisen. Die Gruppe reagierte gelassen, einige wollten jedoch nicht einsehen, warum man sie jeden Abend in ihrer Wohngegend, sprich, „vor der Haustür“, kontrollieren muss. Es begann eine Diskussion mit den Beamten.

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Handschellen und Faustschlag ins Gesicht
Plötzlich zog einer der Polizisten einen Schlagstock und begann damit um sich zu fuchteln. Er forderte die Gruppe auf, sich an die Wand zu stellen. Obwohl die jungen Männer ruhig waren, herrschte nun unter den Polizisten eine zunehmend aggressivere Stimmung. Einer von ihnen, Omar*, wollte schlichtend wirken: „Ich verstehe zwar nicht, warum sie so unangemessen reagieren, allerdings sind wir weder bewaffnet, noch aggressiv. Sie können mir sogar Handschellen anlegen, wenn Sie das glücklich macht.“

Omar streckte seine Arme demonstrativ aus. Allerdings hat er nicht mit dem gerechnet, was daraufhin passierte. Einer der Beamten packte ihn und nahm ihn in den allseits bekannten Polizeigriff. Dann legte er ihm Handschellen an, extra fest. Obendrauf gab es dann noch einen Faustschlag ins Gesicht. Als daraufhin auch die anderen Jungs der Gruppe emotional reagierten, verloren die Polizisten die Nerven und gingen auch auf diese los. Zum Schluss mussten einige der jungen Männer ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die Ausweiskontrolle mutierte zu einem Großeinsatz, mehr als zehn Polizeiwägen waren mittlerweile herbei gestürmt. Die ganze Nachbarschaft war wach.

Jeden Abend Routinekontrollen
Samir, Omar und ihre Freunde machen die Polizei für das Szenario verantwortlich. „Jeden Abend wurden wir hier mit sogenannten Routinekontrollen schikaniert. Wir haben es stets stillschweigend geduldet. Doch dieses Mal ging es eindeutig zu weit. Wir waren weder bewaffnet, noch haben wir sonst eine Straftat begangen“, meint der 27-jährige Samir. Des Weiteren sind die jungen Männer der Meinung, dass die Polizei die Gewalt in jener Nacht schon vor Ort herunterspielen wollte, unter anderem mit Aussagen wie „In anderen Ländern würde es euch jetzt viel schlimmer gehen“.

Die Polizei ist da anderer Meinung. Sie streitet alle Vorwürfe ab und spricht von „Widerstand gegen die Staatsgewalt“. In Offenbach spricht man jedoch schon von „islamophoben Motiven“. Die Gruppe bestand hauptsächlich aus Personen mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund. „Einige von uns trugen traditionell islamische Kleidung. Die Beamten assoziieren so etwas wohl des Öfteren mit Terrorismus und sonstigen Kriminellen“, erzählt Samir im persönlichen Gespräch.

Nicht zur Presse gehen!
Mittlerweile hat das Ereignis hohe Welle geschlagen. Vergangenen Freitagabend wurde in Offenbach gegen Polizeigewalt demonstriert. Auch lokale Vertreter von Politik und Medien waren anwesend. Einige Personen aus der Gruppe haben schon Anzeige erstattet. Die Offenbacher Kanzlei Özçelik-Dilci hat sich dem Fall gewidmet und wird die Opfer vertreten. Diese sehen allerdings eher pessimisitsch in die Zukunft und sind der Meinung, dass die Polizei – wie so oft in solchen Fällen – wieder einmal davon kommen wird.

Dass jedoch das Ganze von der Presse aufgefasst wird, liegt Samir und seinen Freunden besonders am Herzen. Immerhin hat ihnen einer der Beamten in jener Nacht „empfohlen“, damit ja nicht zur Presse zu gehen.

* Namen geändert Aktuell Politik

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  1. deutscher staatsbürger sagt:

    Dann möchte ich es mal so formulieren: Die Jugendlichen sind noch mit einem blauen Auge davon gekommen. Leider ist es in Deutschland nicht gut bestellt in den meisten Behörden, die in engem Bezug zu den hier lebenden Ausländern stehen. Mag es doch in anderen Ländern noch schlimmer sein.

    Ich finde die Deutschen sollten sich mehr für die Belange der ausländischen Mitbürger engagieren. Die ausländischen Mitbürger sind auch Menschen und auch für sie gelten die Menschenrechte, die in den GG in der Bundesrepublik Deutschland, ein freiheitlich demokratischer und sozialer Rechtsstaat, fest verankert sind.

    Wie ein von der Einbürgerungsbehörde Alb-Donau-Kreis ausgegrenzter, diskriminierter und enttäuschter Mensch es einmal sagte: Aber sie sehen mich nicht als Menschen, denn hier gibt es Menschenrechte. Aber sie sehen mich nicht als Menschen, denn hier gibt es Tugenden wie, behandle deinen nächsten wie dich selbst…

  2. Marie sagt:

    Kaum zu glauben, wie auch hier wieder verharmlost und relativiert wird – das ist natürlich absolut überzeugend, wenn irgendwo eingebrochen wurde, dass man dann Jugendliche „kontrolliert“, die gerade friedlich aus einer Moschee kommen. Es gibt unzählige Zeugenaussagen zu der von der Polizei in Offenbach ausgehenden Gewalt und dass sich ein Jugendlicher bis auf den Slip ausziehen musste, das hat die FR auch berichtet. Wer in den Polizeigriff genommen wird, zu Boden geworfen und getreten und misshandelt, der hat ja sicher mehrere Hände frei, um das Geschehen zu filmen. 900 Anzeigen wegen Polizeiübergriffen, alles wird eingestellt, sehr überzeugend, vermutlich ist alles bloß erfunden. Die FR hat dankenswerterweise immer wieder über die Gewalt der Frankfurter Polizei gegen Menschen nichtdeutscher Herkunft berichtet – mir ist nicht bekannt und es wurde auch nichts Derartiges berichtet, dass Biodeutsche von der Polizeigewalt in einem auch nur ansatzweise vergleichbaren Ausmaße betroffen wären – es wurden nach den mir bekannten Berichten der FR Menschen mit nichtdeutschem Aussehen grundlos misshandelt. Auch wenn der Herr Masala hier mal wieder wider besseres Wissen die Unwahrheit behauptet und davon fabuliert, die Deutschen seine „gleichermaßen“ betroffen..

  3. Manni sagt:

    wenn solche Zustände wie in Gezi Park in Deutschland herrschen würde,dann kann man sicher sein das es in Deutschland alles außer Kontrolle geraten wird.Dann möchte ich mal sehen was dann die Deutschen Medien schreiben.

  4. Lutheros sagt:

    Die Polizei ergreift bewusste Gewalt gegen Migranten? Alle waren rein friedliche Moscheebesucher, gegen die der böse Staat in Form seiner Polizei tätig wird?
    Ich bleibe dabei – der Bericht hier ist nur eine einseitige Meinung.
    Selbst die nicht gerade als staatstreues Blatt verdächtige FR bringt mehr Fakten auf den Tisch als dieser Bericht hier und die Kommentare zusammen.
    Folgt ihr nur euren Emotionen oder den Fakten?

    http://www.fr-online.de/offenbach/offenbach-gewalt-verletzte-bei-polizeikontrolle,1472856,23764396.html

  5. Kigili sagt:

    Mit Demokratie und Gleichberechtigung hat die Polizeibrutalität gegenüber Minderheiten in Deutschland nichts zu tun. Solange keine Entscheidungsträger aus der Gesellschaft der Minderheiten in der Polizei zu finden sind, wird sich die Gesinnung der deutschen Exekutivgewalt auch nicht ändern. Es gibt große Parallelen zwischen der Situation der Schwarzen in Amerika und der Minderheiten in Deutschland. Als ich von der Polizeigewalt in Hamburg und Offenbach erfahren habe, musste ich sofort an folgende Szene aus dem Film Malcolm X denken:
    http://www.youtube.com/watch?v=18mvb5CSxxs

  6. Bakari Mohamed sagt:

    Also,die Deutsche Polizei ist nicht nur Rassistisch, sie ist auch kriminell.Da wird wieder nichts rauskommen,die werden von der Staatsanwaltschaft gedeckt,und wenns ganz schlimm ausgeht dann werden die Opfer noch bestraft.Das ist wie bei eine Bande.Das ist die Deutsche Mafia.