Arbeitsmarkt

Höhere Bildung verschlechtert Job-Chancen von Migranten

Erstmals berichtet die Bundesagentur für Arbeit über die Entwicklungen am Arbeitsmarkt nach Migrationshintergrund. Die ersten Zahl zeigen: Migranten mit akademischer Ausbildung sind deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als Migranten mit betrieblicher Ausbildung.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) berichtet erstmals über die Entwicklungen am Arbeitsmarkt nach Migrationshintergrund. Möglich macht dies eine freiwillige Vollerhebung unter Arbeitsuchenden, Arbeitslosen und erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Für 70 Prozent der Befragten konnten entsprechende Angaben zum Migrationshintergrund erhoben werden. Erste Ergebnisse wurden nun in einem Bericht vorgelegt.

Danach haben 35 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland einen Migrationshintergrund. Der Vergleich zu ihrem Anteil (19,5 Prozent) an der Gesamtbevölkerung Deutschlands zeigt, dass Migranten am Arbeitsmarkt häufiger Probleme haben als Menschen ohne Migrationshintergrund. „In Bezug auf die in den letzten Jahrzehnten erfolgte Zuwanderung und gemessen am Bevölkerungsanteil der Migrantinnen und Migranten in Deutschland zeigt sich, dass Menschen mit Migrationshintergrund häufig nicht hinreichend erfolgreich am Erwerbsleben teilhaben können. Es bleibt weiterhin Herausforderung, gleiche Chancen für alle zu ermöglichen“, so die Bundesagentur für Arbeit (BA).

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Bildung entscheidet, höhere Bildung auch
Wie aus der Auswertung weiter hervorgeht, spielen Bildungsmerkmale für Chancen am Arbeitsmarkt eine entscheidende Rolle. Der Anteil arbeitsloser Migranten ohne Hauptschulabschluss liegt mit 54 Prozent leicht über dem Anteil derjenigen ohne Migrationshintergrund (46 Prozent). Der Anteil arbeitsloser Migranten mit Hauptschulabschluss hingegen liegt mit 32 Prozent schon deutlich unter dem Anteil derjenigen ohne Migrationshintergrund (68 Prozent). Und unter denen, die eine mittlere Reife vorweisen können, machen Migranten nur noch knapp 23 Prozent der Arbeitslosen aus.

Überraschend ist allerdings, dass Migranten mit (Fach-) Hochschulreife wiederum stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind, als jene, die einen niedrigeren Schulabschluss haben. Hier liegt der Anteil arbeitsloser Migranten bei 38 Prozent und damit sogar über denen, die einen Hauptschulabschluss (32 Prozent) vorweisen können. Ein ähnliches Phänomen ist auch im Hinblick auf die abgeschlossene Berufsausbildung zu beobachten. So liegt der Anteil arbeitsloser Migranten mit einer betrieblichen Ausbildung bei niedrigen 18 Prozent (82 Prozent bei Menschen ohne Migrationshintergrund); der Anteil von arbeitslosen Migranten mit einer akademischen Ausbildung hingegen liegt bei 34 Prozent.

Ein Migrationshintergrund liegt vor, wenn die Person nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder der Geburtsort der Person im Ausland liegt und eine Zuwanderung nach 1949 erfolgte oder der Geburtsort mindestens eines Elternteiles der Person im Ausland liegt sowie eine Zuwanderung dieses Elternteiles nach 1949 erfolgte. Eine Teilgruppe der Personen mit Migrationshintergrund sind Aussiedler oder Spätaussiedler, sofern sie als Aussiedler oder Spätaussiedler, als dessen Ehegatte oder als dessen Abkömmling die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben und eine Zuwanderung nach 1949 erfolgte.

Regional große Unterschiede
Die höchste Arbeitslosenquote weisen Migranten in Baden-Württemberg. Dort hat mehr als jeder zweite Arbeitslose einen Migrationshintergrund (51 Prozent); es folgen Hessen und Hamburg mit je 49 Prozent sowie Bremen und Nordrhein-Westfalen mit je 46 Prozent. Im Vergleich dazu machen Migranten in Sachsen-Anhalt nur 7,7 Prozent der Arbeitslosen aus.

Der Anteil der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung („Hartz IV“) mit Migrationshintergrund liegt bei rund 42 Prozent. Dabei liegt die Spreizung zwischen 10 Prozent in Sachsen-Anhalt und 60 Prozent in Hessen.

BA: Zahlen nicht verallgemeinern!
Wie die BA mitteilt, beziehen sich diese Zahlen auf den Stand Dezember 2012. Künftig werde der Bericht jedoch quartalsweise veröffentlicht und fortlaufend weiterentwickelt, um den Informationsbedarf gerecht zu werden. Bei der Interpretation sei allerdings zu beachten, „dass es immer um die Verteilung von Chancen geht. Es sind nie Aussagen, die sich auf den Einzelnen verallgemeinern lassen. Oder anders ausgedrückt: Für den Einzelnen ist die Tatsache seines Migrationshintergrundes nicht Ausdruck eines Problems. Ganz im Gegenteil: Für ihn mag sich daraus durchaus eine Stärke und besondere Befähigung ergeben.“ (etb)