NSU Prozess

Verfassungsrichter watschen OLG München ab

Das Bundesverfassungsgericht hat das OLG München angewiesen, mindestens drei Presseplätze für ausländische Medien zu schaffen. Nach Wochen der Kritik müssen die Münchener Juristen jetzt handeln. Der Karlsruher Richterspruch wurde mit Erleichterung aufgenommen.

Das „Windhundrennen“ sollte den anstehenden NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) München revisionssicher machen. Das „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“-Prinzip sei die juristisch Sauberste, argumentierte das Gericht. Dass ausländische Journalisten vom Verfahren ausgeschlossen wurden, störte die Verantwortlichen nicht. Trotz wochenlanger Proteste und Kritik wichen die Münchener Juristen keinen Millimeter von ihrer Position ab.

Jetzt wurde dem OLG ausgerechnet dieses „Windhundrennen“ zum Verhängnis. Das Bundesverfassungsgericht (BVerwG) in Karlsruhe watschten das die Münchener Juristen am Freitag per einstweiliger Anordnung ab. Sie müssen jetzt mindestens drei Plätze „an Vertreter von ausländischen Medien mit besonderem Bezug zu den Opfern der angeklagten Straftaten“ vergeben. Ob das Gericht ein Zusatzkontingent schafft oder die Akkreditierung insgesamt nach anderen Regeln gestaltet, bleibt ihm überlassen. Nun prüft der Strafsenat, wie sie mit dieser Vorgabe der obersten Verfassungsrichter umgehen soll.

___STEADY_PAYWALL___

Erleichterung
Unabhängig davon wurde der Karlsruher Richterspruch mit Erleichterung aufgenommen: „Das ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die ich aus außenpolitischer Sicht nur sehr begrüßen kann“, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) dem Deutschlandradio. Zuvor hatte sich die Türkei überrascht gezeigt und erklärt, dass ein vergleichbarer Fall in der Türkei zu Recht Empörung ausgelöst hätte. Die Entscheidung des BVerfG bezeichnete das türkische Außenministerium in Ankara als einen „Schritt in die richtige Richtung“.

Grünen-Chef Cem Özdemir zeigte sich ebenfalls erfreut: „Ich will immer noch keine Gerichtsschelte betreiben, aber das eine kann ich mir dann doch nicht verkneifen, das hätte man auch einfacher haben können, in dem man einfach geschaut hätte, wie in anderen vergleichbaren Prozessen das Thema ‚Beteiligung von ausländischen Journalisten‘ gehandhabt wurde. Und da gibt es ja Beispiele. Das wollte man leider in München nicht sehen.“

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD) mahnte an, sich „jetzt auf die eigentliche Sache“ zu konzentrieren. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat. Er sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger, dass die Fortdauer dieses Streits „einen Schatten auf das gesamte Verfahren“ geworfen hätte.

Sabahs Beschwerde erfolgreich
Vor dem BVerfG hatte die türkische Tageszeitung Sabah Beschwerde eingelegt. Der stellvertretende Chefredakteur, Ismail Erel, nahm den Karlsruher Richterspruch mit Erleichterung auf. „Das Gericht hat uns recht gegeben“, sagte er kurz nach Bekanntwerden der Entscheidung. „Wir haben uns nicht zu Unrecht ungleich behandelt gefühlt“, so der türkische Journalist.

In einer Stellungnahme an das BVerfG hatte das OLG entgegen früheren Verlautbarungen eingeräumt, einige Journalisten vorab über den Start des Akkreditierungsverfahrens informiert zu haben. Hinzu kam eine technische Panne, die dazu führte, dass die Infomail über den Akkreditierungsstart bei einigen Journalisten später eintraf. (bk)