Ausbildungsberufe

Deutschland erleichtert Zuwanderung aus Drittstaaten

Deutschland öffnet den Arbeitsmarkt für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten. Die Bundesregierung regelte dafür die Beschäftigungsverordnung neu. Die Integrationsbeauftragte mahnt: Viele der Zuwanderer bringen auch ihre Familien mit.

Freitag, 01.03.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 07.03.2013, 0:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die bestehende Beschäftigungsverordnung grundlegend umgestaltet. Damit wurde der deutsche Arbeitsmarkt auch für Absolventen von Ausbildungsberufen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union geöffnet. Allerdings gilt: Der Ausländer muss einen Beruf nachweisen, der in Deutschland gebraucht wird. Außerdem muss ein Arbeitsvertrag vorliegen und die mitgebrachte Qualifikation mit inländischen Abschlüssen vergleichbar sein. Insgesamt wurden 40 Prozent der alten Paragrafen über Bord geworfen.

Laut Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) geht bei der Neuregelung darum, „den Wohlstand in Deutschland langfristig zu sichern“. Für die am meisten gesuchten akademischen Berufe habe man bereits die Blaue Karte eingeführt. „Aber auch im Mittelbau des Arbeitsmarktes, den Ausbildungsberufen, fehlen in etlichen Branchen qualifizierte Arbeitskräfte: zum Beispiel Krankenpfleger, Elektriker und Lokführer. Bisher war für sie die Tür fest verschlossen“, so die Ministerin.

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Neue Herausforderungen
Der Zugang von Nichtakademikern zum deutschen Arbeitsmarkt soll künftig auf zwei Wegen gesteuert werden: Zum einen über eine Positivliste, auf der die Engpassberufe stehen, in denen der Bedarf besonders groß ist. Die Positivliste wird gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) erstellt und nach dem jeweiligen Bedarf angepasst. Zum anderen kann die BA für einzelne Berufe bilaterale Vermittlungsabsprachen mit den Arbeitsverwaltungen in den Herkunftsländern treffen. In diesen Absprachen können zum Beispiel feste Kontingente und zeitliche Begrenzungen festgelegt werden.

Für die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), bringt die neue Beschäftigungsverordnung aber auch Herausforderungen mit sich: „Viele der Zuwanderer bringen auch ihre Familien mit nach Deutschland. Umso mehr muss auch die Integration der Angehörigen und insbesondere der Kinder von Beginn an unterstützt werden. Besonders wichtig ist es, die Schulen besser auf die Unterrichtung von Quereinsteigern vorzubereiten, die häufig über keine oder nur geringe Deutschkenntnisse verfügen. Hier herrscht ein dringender Nachholbedarf!“

Zeichen für Willkommenskultur
Nötig seien neue gezielte Angebote, um den zugewanderten Kindern den Erwerb der deutschen Sprache zu ermöglichen. So sollten diese Kinder beispielsweise Intensivkurse Deutsch besuchen können, bevor sie am regulären Schulunterricht teilnehmen. „Ich fordere die Länder nachdrücklich auf, solche Angebote schnellstmöglich bereitzustellen“, betonte Böhmer.

Insgesamt sei die Neuregelung ein weiterer Baustein zur Etablierung einer Willkommenskultur. „Der Beschluss sendet das Signal aus: Wer über Wissen und Können verfügt und sich aktiv bei uns einbringen will, ist willkommen! Zugleich steht der Beschluss für den gesellschaftlichen Wandel, der sich in unserem Land vollzieht: Hiernach werden verstärkt die Potenziale von gut qualifizierten Migranten geschätzt“, erklärte Böhmer

Nützlichkeitsrassismus
Ganz anders beurteilt die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dağdelen, den Kabinettsbeschluss: Durch billigere ausländische Fachkräfte werde die Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt verschärft. „Betroffen sind von diesem Nützlichkeitsrassismus auch und besonders in Deutschland lebende Migranten“, so die Linkspolitikerin.

„Einerseits werden Ressentiments und rassistische Vorbehalte geschürt, indem Migranten als Arbeitsmarktpuffer und Lohndrücker eingesetzt werden. Andererseits erspart die Bundesregierung der deutschen Wirtschaft die Ausbildungskosten für Fachkräfte, indem sie Fachkräfte aus dem Ausland anwirbt und somit auf Dauer die Ausbildung von Fachkräften erschwert“, so Dağdelen weiter. Wer Fachkräfte brauche, der müsse sie zuerst einmal selbst ausbilden und vor allem gut bezahlen, „egal ob sie aus Deutschland oder aus dem Ausland kommen“.

Die Verordnung bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates. Sollte dieser zustimmen wird die Verordnung am 1. Juli 2013 in Kraft treten. (bk) Leitartikel Politik

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  1. Confianza sagt:

    Das kann sowohl gut ausgehen aber genauso gut in die Hose gehen. Wichtig ist, dass die es keine Sprachbarriere gibt!
    Ich weiß nicht genau, was ich davon halten soll. Hab schon n schlechtes Gefühl dabei!

    LG,
    Moni von Krankenpfleger

  2. Armin V. sagt:

    Ich muss Frau Dagdelen Recht geben! Diese Art von Einwanderung die die Bundesregierung nun plant ist eigentlich nur legalisierter Menschenhandel, denn die Löhne sind kaum existent bzw. bietet den Zuwanderern nicht mehr Wohlstand, als sie es in ihren Heimatländern kennen! Außerdem verhindert man Lohnerhöhungen für bereits hier arbeitende Menschen!

    Wehe die gleiche Kritik wäre aus der rechten Ecke zu hören gewesen, dann hätte man hier wahrscheinlich im Artikel die ersten Xenophobie-Vorwürfe lesen können.