Asylbewerberleistungen

Innenminister zeigt, wie man die Verfassung umgeht

Trotz Machtwort des Bundesverfassungsgerichts möchte das Bundesinnenministerium die Leistungen für Asylbewerber nicht anheben. Ermöglichen soll das ein juristischer Kniff: Asylbewerbern soll künftig pauschal Asylmissbrauch unterstellt werden.

Die Mittel, die der Staat den Asylbewerbern zur Verfügung stellt, ist „evident unzureichend“. Deshalb verstößt die bisherige Regelung gegen das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Und: Migrationspolitische Aspekte dürfen hierbei keine Rolle spielen. Punkt. Deutlicher hätten die Richter am Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes und die Praxis deutscher Behörden nicht formulieren können. Das war im Juli 2012.

Seit dem teilt das Bundesinnenministerium mit, dass man an einer Lösung arbeitet, die den richterlichen Vorgaben entspricht. Wie sich jetzt herausstellt, hat sich das Ministerium vor allem Gedanken darüber gemacht, wie man das Urteil umgehen kann.

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Juristischer Kniff
Wie aus einer Antwort (liegt dem MiGAZIN vor) des Bundesinnenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, soll das mithilfe eines juristischen Kniffs gelingen. Bisher hat man die staatlichen Leistungen aus migrationspolitischen Aspekten klein gehalten, damit man keine Anreize schafft. Das ist laut Urteil aber verfassungswidrig. Deshalb sollen die Asylbewerberleistungen künftig wegen Missbrauch gekürzt werden.

Asylsuchende, die aus einem so genannten sicheren Herkunftsstaat kommen, sollen generell nur noch das zum Leben Unabweisbare bekommen. „Ihnen wird pauschal ein ‚Asylmissbrauch‘ unterstellt. Dabei hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) offenkundig eine Gruppe besonders im Visier: Asylsuchende Roma aus Serbien und Mazedonien“, so Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Beide Staaten sollen auf die Liste der angeblich sicheren Herkunftsstaaten gesetzt werden. Damit wolle Friedrich „den Generalverdacht gegen die Betroffenen in Gesetzesform gießen“, so die Linkspolitikerin.

Friedrich gegen Verfassungsgericht
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl bemängelt schon seit Längerem die schlechten Lebensbedingungen der Roma in ihren Herkunftsländern. Der Geschäftsführer der Organisation, Günter Burkhardt, beklagt: „Die Situation der Roma auf dem Balkan ist besorgniserregend.“ Die Volksgruppe lebe dort am Rande der Gesellschaft und werde massiv diskriminiert. Die Roma hätten in ihrer Heimat oft keine Wohnung, keine Arbeit und keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung oder Schulbildung.

Für Jelkpe ist klar: „Der Bundesinnenminister stellt sich mit diesen Plänen klar gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz. Wollte er dem Geist dieses Urteils tatsächlich genüge tun, steht nur ein Weg offen: dieses diskriminierende Sondergesetz endlich abzuschaffen!“ (bk)