TV-Tipps des Tages

07.08.2012 – Istanbul, Duisburg, Marxloh, Türkei, Muslime, Integration

TV-Tipps des Tages sind: Inter-City Spezial: Orhan Pamuk: Mein Istanbul; Das Feature: Duisburger Subkultur entlang einer Straßenbahnlinie; Überwintern unter Palmen – Rentnerparadies Türkei; Die Haselnuss-Kinder – Zum Hungerlohn ins türkische Hochland; Es ist noch dunkel, wenn sich die 11-jährige Badegül und der 9-jährige Ayden die Hänge in der riesigen Haselnussplantage am Schwarzen Meer hoch quälen

Inter-City Spezial
Dokumentation (Kultur – Literatur) – Film von Günter Schilhan. Orhan Pamuk, Literaturnobelpreisträger 2006, ist der bekannteste Schriftsteller der Türkei. Seine Bücher sind in über 100 Ländern veröffentlicht. Durch seine politischen Äußerungen ist der Autor, der unter hohen Sicherheitsauflagen in Istanbul lebt, in seinem Land immer wieder Anfeindungen und Morddrohungen ausgesetzt. Ein Prozess wegen „Beleidigung des Türkentums“ wurde im Januar 2006 eingestellt, doch Anfang 2008 wurde bei der Verhaftung türkischer Rechtsnationalisten eine Attentatsliste gefunden, auf der auch sein Name zu finden war. Es ist vor allem das Istanbul seiner Kindheit, das den Schriftsteller bis heute fasziniert. In der Dokumentation „Orhan Pamuk: Mein Istanbul“ aus der Reihe „Inter-City Spezial“ schildert der Autor seine Beziehung zu seiner Heimatstadt Istanbul, die auch ein zentrales Thema seiner Bücher ist. 14:30-15:15 • 3sat

Das Feature
Duisburger Subkultur entlang einer Straßenbahnlinie
Von Dieter Jandt und Guntram Walter

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Duisburg ist wie kaum eine andere Stadt von einem Wandel betroffen, dessen Strukturen nicht gesteuert werden. Manche Stadtteile versuchen sich dennoch zu entwickeln. Wächst da wirklich etwas heran oder ist das nur hilfloser Ausdruck einer sich selbst überlassenen Gesellschaft? Notwendige Investitionen bleiben aus. Die Stadt muss sparen, sie unterliegt dem Haushaltssicherungskonzept der Bezirksregierung, die Ausgabenkürzungen vor allem im sozialen und kulturellen Bereich fordert.

Die Straßenbahnlinie 903 führt durch einige der besonders betroffenen Stadtteile: Marxloh und Hamborn hängen am Tropf von Transferleistungen, doch nicht nur Verfall und soziale Schieflagen bestimmen das Bild, eine Art Subkultur ist entstanden. Wenn Muslime gegen Kirchenschließungen mobil machen und junge Männer Filme über Zivilcourage in Bus und Bahn drehen, dann ist das Ausdruck einer Gesellschaft mit Eigeninitiative. Made in Marxloh ist ein Markenzeichen, in Hochfeld suchen Künstler Schulen auf, um Bildung kreativ zu gestalten. Viele Menschen setzen sich ein, wo der Staat sich zurückzieht und die Finanzkrise die Stadträte dazu verleitet, privaten Investoren Tafelsilber anzudienen. 19:15-20:00 • Deutschlandfunk

Überwintern unter Palmen – Rentnerparadies Türkei
Reportage – Schon früh ist Urlauber Jürgen Hartwig auf den Beinen. Der Kampf um die besten Sonnenliegen treibt den Rentner morgens aus den Federn. Der 71-jährige Ex-Polizist gehört mit seiner Frau Christel zur ständig größer werdenden Gruppe von Senioren, die regelmäßig der kalten Jahreszeit in ihrer Heimat entflieht. Etwa 50.000 Rentner verbringen inzwischen die Wintermonate im warmen Süden. Besonders günstig sind solche Langzeitferien in der Türkei. Oft ist ein Mittelklassehotel mit Vollpension nicht viel teurer als die Selbstversorgung zu Hause.

So zahlen Jürgen Hartwig und seine Frau in ihrer Ferienanlage in Side ca. 25 Euro am Tag für Unterkunft, Vollpension und Getränke, alles inklusive. Die meisten Überwinterer sind über 70 Jahre alt. Darauf hat sich die Touristikbranche im Ferienort eingestellt. Ein Arzt kümmert sich täglich um die deutschen Gäste. Kreislaufkollaps, Schlaganfall und Herzinfarkt sind an der Tagesordnung. Fast täglich müssen Touristen ins örtliche Krankenhaus überwiesen werden. In jeder Wintersaison sterben in Side zwischen 10 und 20 Langzeiturlauber.

Doch die meisten Touristen hält das gute Wetter und das häufige Schwimmen im Meer eher fit. Winterinfekte seien hier so gut wie ausgeschlossen, meint Jürgen Hartwig. Sich sonnen, wenn andere frieren, und dann noch gut versorgt werden – das sei schon immer sein Traum gewesen.

WELTWEIT-Autor Michael Höft hat deutsche Rentner in ihrer Hotelanlage an der türkischen Riviera besucht. 22:00-22:30 • WDR

Die Haselnuss-Kinder – Zum Hungerlohn ins türkische Hochland
Dokumentation – Film von Rebecca Gudisch und Gönke Harms. Es ist noch dunkel, wenn sich die 11-jährige Badegül und der 9-jährige Ayden die Hänge in der riesigen Haselnussplantage am Schwarzen Meer hoch quälen. Zehn Stunden täglich schuften die beiden in den dichten Büschen für einen Lohn von umgerechnet 15 Euro am Tag.

Spät abends sinken sie völlig erschöpft in ihrer Massenunterkunft am Rande eines Flusses auf den Boden, wenn nicht der Regen das provisorische Zeltlager einfach wegschwemmt. Wie kann das sein in einem Land, in dem Kinderarbeit offiziell verboten ist und dass der EU beitreten will, wollen die beiden WDR-Weltweit Autorinnen Rebecca Gudisch und Gönke Harms wissen? Sie sprechen mit den verantwortlichen Bauern, Zwischenhändlern, Exporteuren und Politikern. Alle kennen das Problem, aber keiner bekommt es in der Griff – ebenso wenig die deutschen Abnehmerfirmen wie zum Beispiel Ferrero, die am Ende der Lieferketten stehen und die das Problem seit geraumer Zeit kennen.

Haselnüsse sind ein heiß umkämpfter Rohstoff. Sie stecken in Schokolade, Nougat-Cremes oder Eis. Und Deutschland ist weltweit der größte Abnehmer. Dreiviertel aller Haselnüsse kommen aus einer einzigen Region in der Türkei: Die Region um Ordu am Schwarzen Meer. Über 600.000 t jedes Jahr. Die Verlierer im Preiskampf sind die Bauern und die kurdischen Wanderarbeiter. Jedes Jahr reisen 100.000e Familien vom Süden an die Schwarzmeerküste, um dort auf den Haselnussfeldern zu arbeiten. Damit die Arbeit sich überhaupt lohnt, muss die ganze Familie mithelfen. Eine eindringliche Reportage von Rebecca Gudisch und Gönke Harms. 00:00-00:30 • tagesschau24