Benachteiligung bei der Lehrstellensuche

Schon ein Kopftuch ist ein Hindernis

Sie sind engagiert, haben gute Schulnoten und sprechen oft mehrere Sprachen. Dennoch haben es Jugendliche mit Migrationshintergrund deutlich schwerer, eine Lehrstelle zu bekommen als andere junge Menschen.

Das Kölner Antidiskriminierungsbüro hat in seiner Broschüre „Herkunft prägt Bildungschancen“ Geschichten von Jugendlichen dokumentiert, die bei der Suche nach einer Lehrstelle schlechte Erfahrungen gemacht haben. Wie Seliha, der gleich zwei Zahnärzte ins Gesicht sagten, sie könnten ihren Patienten eine Helferin mit Kopftuch nicht zumuten.

Info: Eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes kam 2010 zu dem Ergebnis, dass in vielen Unternehmen immer noch implizierte Regelungen die Einstellung von Menschen mit islamischem Glauben behindern. Gemäß dem Grund- und Antidiskriminierungsgesetz darf zwar niemand wegen seines Glaubens abgelehnt werden. Die Beweispflicht liegt aber beim Bewerber. Die Arbeitgeber nennen zumeist andere Gründe für eine Absage. Befürchtet wird aber besonders in Arbeitsbereichen mit Kundenkontakt, von der Kita bis zum Frisör, dass eine Mitarbeiterin mit Kopftuch nicht zumutbar ist.

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Die subjektive Wahrnehmung wird durch das Bonner Bundesinstitut für Berufsbildung (Bibb) unterstützt. Die Forscher kommen zu einem eindeutigen Ergebnis: Selbst mit guten Schulnoten werden Jugendliche mit Migrationshintergrund deutlich benachteiligt. Junge Menschen mit ausländischen Eltern schaffen nur zu 42 Prozent den Sprung in eine Lehrstelle – wenn sie über einen Hauptschulabschluss verfügen. Bei deutschen Lehrstellen-Bewerbern sind es 62 Prozent. Ähnlich sieht es bei Jugendlichen mit einem Realschulabschluss aus. Fast drei von vier deutschen Jugendlichen haben binnen zwölf Monaten eine Lehrstelle (74 Prozent). Jugendliche mit Migrationshintergrund bloß zu 55 Prozent. Die Abstände bleiben auch beim Vergleich der Schulnoten ungefähr gleich.

„Es gibt keine einfache Erklärung“, sagte Peter Ulrich, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Ausbildungsmarktforschung beim Bibb. Einerseits spielten soziale Faktoren eine Rolle: Eltern, die nicht in Deutschland aufgewachsen seien, hätten oft schlechtere Bildungsabschlüsse und seien häufiger ohne Job. Die Kenntnisse der Familien über das deutsche Schul- und Ausbildungssystem und die soziale Vernetzung seien schlechter. „Ihnen fehlt das Vitamin B“, so Ulrich. Andererseits nähmen Betriebe Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders kritisch unter die Lupe. „Viele Chefs gehen mehr oder weniger offen davon aus, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund den Betriebsablauf stören könnten.“ Von direktem Rassismus will Ulrich nicht sprechen, allerdings würden die Stärken der jungen Leute wie Mehrsprachigkeit nicht angemessen berücksichtigt.