Koran-Verteilung

Die Verbotsforderung nutzt den Salafisten

Die kostenlose Verteilung des Korans von Seiten der Salafisten schlägt hohe Wellen. Politiker wie Vertreter von Religionsgemeinschaften verurteilen die Tat. Sie wären aber besser beraten, Ruhe zu bewahren. Denn die mediale Aufmerksamkeit nutzt vor allem den Salafisten.

Von Haşim İskender Freitag, 13.04.2012, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 17.04.2012, 8:09 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Salafisten verteilen seit dem Osterwochenende in zahlreichen deutschen Städten kostenlose Exemplare des Korans. Ziel: Jeder Haushalt in Deutschland soll ein Koran haben. 25 Millionen sollen dafür unters Volk gebracht werden. Bis jetzt sollen 250 000 bis 300 000 Exemplare verteilt worden sein. Mehr möchte die Ulmer Druckerei Ebner & Spiegel nach der öffentlichen Kritik aber nicht mehr drucken.

Der Salafismus ist nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ein Sammelbecken einer als „islamistisch“ bezeichneten Bewegung in Deutschland. Nach Schätzungen sollen der Bewegung etwa 3000 bis 5000 Personen angehören. Ziel von Salafisten sei laut Sicherheitsbehörden die Gründung eines islamischen Staats, in dem wesentliche Grund- und Menschenrechte keine Geltung haben sollen.

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Und weil die Initiatoren der Verteilaktion problematisch sind, hat sich die Verteilaktion zu einer Debatte über das heilige Buch der Muslime ausgeweitet. Zahlreiche Politiker, Muslimfunktionäre und Kirchenvertreter haben sich in die Debatte eingeschaltet. Alle scheinen sich einig darüber zu sein, dass die Aktion falsch ist.

Nur Politiker gehen einen Schritt weiter und fordern ein Verbot oder sogar Ausweisung der Initiatoren. Sie wären aber besser beraten, wenn sie sich die Problemgruppe genauer ansehen. Es sind meist junge Menschen, mit durchaus guter Bildung, die in den Salafismus treiben. Es fallen immer mehr Deutschstämmige der Bewegung in die Arme. Und so scheint etwas aus der Kontrolle geraten zu sein in Bezug auf den Salafismus. Daher ist vor allem Aufklärung nötig!

Aber die Reaktionen und die große mediale Aufbereitung des Themas über die Verteilaktion ist wiederum Wasser auf die Mühlen der Salafisten. Es werden Ängste geschürt und Vorurteile geschaffen gegenüber Muslimen. Tenor: Koran = gefährlich. Und Muslime, die sich nicht verstanden und in die Ecke gedrängt fühlen, sind gerade Hauptzielgruppe der Salafisten.

Lucas Wiegelmann von der Welt bezeichnet das als ein Reflex. Er nennt es einen „Anti-Koran-Reflex“, das es in Teilen der deutschen Gesellschaft gibt. Er schreibt: „Jede Sekunde [!] verteilt der evangelische Gideonbund weltweit zwei Bibeln. Würde man die Bände stapeln, käme jede Stunde ein Turm in der Höhe des Big Ben (96 Meter hoch) heraus.“ Wiegelmann gibt den Christen einen beschwichtigenden Rat mit auf den Weg: „Für Christen gibt es keinen Grund, die Konkurrenz der heiligen Bücher zu scheuen. Jeder wirkliche Gläubige geht ohnehin davon aus, dass seine Ansichten überzeugender sind als andere.“

Eine Portion Gelassenheit wäre also nicht verkehrt. Zudem garantiert die Meinungsfreiheit den Menschen, Literatur zu drucken und zu verteilen, wenn sich der Inhalt im Rahmen des Grundgesetzes bewegt. Das ist unsere Stärke! Die Übersetzungen der verteilten Koranexemplare wurden von Sicherheitsbehörden geprüft und für unbedenklich erklärt. Wieso also die Aufregung?

Vielmehr sollte man den Salafisten danken für die kostenlose Aufklärungsaktion und den Bürgern eine Empfehlung aussprechen: Lies! Denn nur so erkennen Sie, welchen Nonsense Salafisten predigen. Denn nur wer liest, wird die vielen Gemeinsamkeiten zwischen dem Koran und der Bibel erkennen. Aktuell Meinung

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  1. dieter sagt:

    Guten Tag,
    wir sind im 21. Jahrhundert; den letzten Jahrhunderten haben sich Menschenrechte herausgebildet und wurden von Christen und Islamis -vertreten durch deren Staaten – in den Weltorganisationen anerkannt. Sie sind die Grundlage unseres „way of live“ also theologiefrei. Ich meine es ist stark an der Zeit sich nicht die „Theologie um die Ohren zu hauen“, sondern das heutigen Leben mit den Menschenrechten zu führen und diese Menschenrechte als verbindliich für Christen und Muslime zu achten. Nur so kommen wir weiter; Interpretationen sind (übersetzt) Auslegung. Und mit Auslegung kommen wir nicht weiter im Verständnis der Menschen untereinander. Wenn die Muslime als auch (was sie mehrheitlich? tun) die Christen -lassen wir die Vergangenheit- schon seit der französischen Revolution mehr oder weniger tun (den „Ausrutscher der Nazis lasse ich beiseite) können wir sehr gut zusammen leben und darauf aufbauen. Wie sagte der „Alte Fritz“ jeder soll nach seiner Fascon selig werden. Er hatte recht.

  2. AHA sagt:

    Letztlich ist es denke ich wichtig die „gottgefälligen Geldgeber“ ausfindig zu machen um dort die Sache aus den Angeln zu hebeln und diese öffentlich bloß zu stellen selbst wenn dies bedeuten würde das der saudische Staat dahinter steckt oder wer auch immer. Ein guter Anfang ist schonmal, das bestimmte Verlage Ihre Druckverträge zurücknehmen. Wo nichts mehr ist kann auch nichts mehr verteilt werden.