Klarmachen zum Ändern?

Wie kompatibel sind Piraten und Migranten?

Mit einem Überraschungserfolg ziehen die Piraten im Saarland in den Landtag. Nun schielen die Seeräuber auf die Bundestagswahlen. Welche Positionen vertreten sie aber in der Integrations- und Migrationspolitik? MiGAZIN hat nachgefragt.

Mittwoch, 28.03.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.04.2012, 3:31 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Mit 7,4 Prozent sicherte sich die Piratenpartei bei den Landtagswahlen in Saarland den Einzug ins Landtag. Damit sind sie bereits in zwei Parlamenten vertreten. Zuvor hatten die Piraten Berlin unsicher gemacht und einen Überraschungserfolg erzielt. Nun schielen sie auf die nächsten Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen und im nächsten Jahr sogar auf die Bundestagswahlen. Ihr Ziel: Sie wollen mitmachen – in den Parlamenten.

Ihr Hauptthema ist das Internet, die digitale Kommunikation im weitesten Sinne und Transparenz in der Politik. Auch darüber hinaus zeigt das Wahlprogramm, dass die Piraten in Saarland über einen breiten Horizont verfügen. Bildung, Energie- oder auch Familienpolitik sind ebenso vertreten wie Verbraucher-, Haushalts- oder Gesundheitspolitik. Doch kein Wort über Integrations- und Migrationsthemen. Wieso nicht? Das MiGAZIN hat nachgefragt. „Das war nicht explizit erforderlich, da diese Themen ja bereits im Parteiprogramm verankert sind“, so der stellvertretende Vorsitzende der Piraten im Saarland, Thomas Brück.

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Vielfalt ist Bereicherung
In der Tat. Im Parteiprogramm der Piraten wird die Thematik ausführlich behandelt. Etwa, wenn es um „Vielfalt“ geht. Hier segeln die Piraten mit Bundespräsident Joachim Gauck im selben Wind: „Wir erkennen den gegenseitigen Einfluss von Ausgrenzung durch die Mehrheitsgesellschaft und Segregation der als ‚fremd‘ gebrandmarkten Menschen und werten diese Situation als mit unseren Vorstellungen von Menschenwürde nicht vereinbar“, heißt es darin. Für die Piraten ist Vielfalt Bereicherung und die „Ausgrenzung von Arbeitsmigranten über Generationen hinweg“ ebenfalls „menschenunwürdig“.

Weiter geht es im Programm mit Teilhabe: „Menschen, die als Arbeitsmigranten kamen, haben das Recht, hier heimisch zu werden. Dazu gehört die vollständige Integration in das Bildungswesen, in den Arbeitsmarkt und die Möglichkeit zur Teilhabe und Mitgestaltung des kulturellen und politischen Lebens.“ Auf Nachfrage des MiGAZIN ergänzt Brück, dass es keinen Grund gibt, das Kommunalwahlrecht „nur auf EU-Bürger zu beschränken“.

Ja zum Doppelpass
In puncto Doppelpass haben sich die Piraten was ganz besonders einfallen lassen. Sie befürworten Mehrstaatigkeit und bemessen die Integrationsleistung der aufnehmenden Staaten daran, „wieweit die Bürger mit Migrationshintergrund aus eigener Entscheidung auf eine mehrfache Staatsangehörigkeit verzichten“.

Unabdinglich ist für die Piraten auch Migration – aus demografischen und wirtschaftlichen Gründen. Sie setzen sich für den Abbau von Hürden ein: Absenkung der Fristen für Einbürgerung und Daueraufenthaltsrecht.

Wieso die Piraten wählen?
Schaut man sich die Partei- und Wahlprogramme der SPD, der Grünen oder der Linkspartei an, findet man ähnliche Positionen. Wieso sollten Migranten ausgerechnet die Piraten wählen, wollten wir vom Zweiten Pirat im Saarland wissen. „Sagen Sie mir, weshalb man die Piratenpartei nicht wählen sollte bzw. welche andere Partei aus Ihrer Sicht eher wählbar wäre und weshalb“, lautet die wenig überzeugende Gegenfrage.

Allerdings ergänzt Brück: „Wir bieten die Möglichkeit einer sehr unkonventionellen Mitwirkung an politischen Entscheidungsprozessen. Wir versprechen nichts, sondern regen zur aktiven Teilnahme an.“ Eine Anspielung auf die etablierten Parteien, die in Integrations- und Migrationsthemen nicht gerade mit Umsetzung ihrer Wahlversprechen glänzen. Der Vize-Pirat setzt lieber auf Ehrlichkeit und stichelt in Richtung der Sozialdemokraten: Er könne sich „nicht vorstellen, dass Sarrazin Mitglied der Piratenpartei wird“, auch wenn er sein „umstrittenes Pamphlet“ nicht gelesen habe. Ein Seitenhieb in bester Politikermanier. Das ist es aber nicht, was die Piraten attraktiv macht.

Mit Farbenpotenzial
Ob Migranten und Piraten kompatibel sind? Von der Integrations- und Migrationspolitik allein sollte das nicht abhängig gemacht werden. Die Stärken der Seeräuber liegen woanders und die junge Wählerschaft verspricht Zukunft mit Kurs auf Schwarz-Gelb-Groß-Ampel und Jamaika. Ein Blick auf die Namen der Vorstände auf Bundes- wie Landesebene zeigt aber, dass Piraten nicht die buntesten sind. Da sind aber die Migranten am Zug. (es)
Leitartikel Politik

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