Achter Familienbericht

Mehr Elternzeit für welche Familien, Frau Schröder?

Kristina Schröder will Elternzeit flexibler gestalten und Eltern mehr Zeit geben. Für welche Familien, fragt der Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Der Bericht lasse die Lebenslagen von Migrantenfamilien außen vor.

Freitag, 16.03.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 21.03.2012, 8:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Neue Pläne aus dem Familienministerium: Kristina Schröder (CDU) will die Elternzeit flexibler gestalten und Großeltern zur Betreuung ihrer Enkel eine Job-Auszeit verschaffen. Erste Eckpunkte hat die Ministerin mit dem achten Familienbericht am Mittwoch (14.3.2012) in Berlin vorgestellt.

Bisher können Eltern maximal zwölf Monate der Elternzeit bis zum Ende des achten Lebensjahres des Kindes übertragen. Diesen Anteil will die Bundesregierung auf 24 Monate erhöhen und den Eltern Zeit bis zum 14. Lebensjahr des Kindes geben.

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Künftig sollen auch die Großeltern mehr Gestaltungsspielraum bekommen. Berufstätige Großeltern sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Arbeit zu reduzieren oder auszusetzen, um sich um ihre Enkel zu kümmern. Bislang ist dies nur möglich, wenn das Kind der Großeltern jünger als 21 Jahre und in Ausbildung ist.

Jede fünfte Familie außen vor
Für Hiltrud Stöcker-Zafari, Bundesgeschäftsführerin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften (iaf), ist der Vorstoß des Bundesfamilienministeriums, den zentralen Faktor Zeit für das Gelingen von Familie auszumachen, löblich. „Leider fehlen in diesem Bericht die Lebenslagen binationaler und eingewanderter Familien“, bedauert sie aber. „Es ist unverständlich, dass die Sachverständigen die interkulturelle Ausrichtung Deutschlands offensichtlich ignorieren. Dies sind laut Mikrozensus fast 20 Prozent der Haushalte in Deutschland! Zudem wächst jedes dritte in Deutschland geborene Kind in einer Familie mit Migrationshintergrund auf“, führt sie weiter aus.

Auf Migrantenfamilien nicht anwendbar
Entsprechend seien etliche Empfehlungen für viele eingewanderte Familien nicht anwendbar wie das Großelternzeitmodell. „Es ist im Moment unvorstellbar, dass Großeltern vor allem aus den Ländern außerhalb Europas für die Betreuung ihrer Enkel einen Aufenthaltstitel erhalten. Bereits aktuell werden Besuchervisa oftmals so restriktiv erteilt, dass Großeltern noch nicht einmal an familiären Ereignissen wie Geburt, Taufe oder Hochzeit teilnehmen können“, so Stöcker-Zafari.

Ebenso fehle jungen Paaren häufig die Möglichkeit, Zeit miteinander zu verbringen. Im Rahmen des Familiennachzugs seien sie oft über mehrere Monate, manchmal auch Jahre voneinander getrennt. „Dabei sollen Familien ihr Familienleben nach eigenen Vorstellungen gestalten können“, zitiert Stöcker-Zafari aus dem vorgestellten Bericht des Familienministeriums. (hs) Leitartikel Politik

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  1. Per Lennart Aae sagt:

    UNANGEMESSENE KRITIK
    Das Bundesfamilienministerium spricht in seinem Kommentar zum Achten Familienbericht der Sachverständigenkommission von „demographischen Erfordernissen“. Diese gibt es in der Tat, vor allem im Hinblick auf die DEUTSCHE Bevölkerung. Bekanntlich nimmt ja bei dieser die Populationsstärke zwischen zwei aufeinanderfolgenden Generationen ungefähr im Verhältnis 1 : 0,66 ab, das heißt. wenn die Großelterngeneration noch 100 Personen umfaßte, beträgt die Populationsgröße der Elterngeneration nur ca. 66 Personen, und die der Enkelgeneration nur noch ca. 43 Personen. Dieser Trend hält nunmehr seit Anfang der 1970er Jahre, also über 40 Jahre, an. Daraus ergeben sich für die Familienpolitik zwei (bisher leider im wesentlichen vernachlässigte) Aufgaben: 1. die jungen Paare zu motivieren, in ihrer Lebensplanung mehr Kinder anzustreben – weil es sonst zu einer fortgesetzten Überalterung der deutschen kommen wird, mit den entsprechenden bekannten Folgen; 2. die Teilnahme älterer Menschen am Familienleben der Jüngeren zu stärken – u.a. weil die Gesellschaft sonst irgendwann mit der Betreuung der Alten überfordert werden dürfte (nicht zuletzt auch wg. des langfristigen Rückgangs der Familienbetreuung im Zuge des Familienverfalls und des Rückgangs der Zahl intakter Familien).
    Die von der Sachverständigenkommission vorgeschlagene Ausweitung des Berechtigtenkreises für die Großelternzeit würde dazu beitragen, diese beiden Aufgaben zu lösen.
    Der Vorschlag ist also insofern durchaus sinnvoll. Nicht nur deswegen ist die Kritik von Frau Hiltrud Stöcker-Zafari völlig verfehlt, sondern auch weil sie den Eindruck erweckt, als ob die Lobby für Migration und Multikulturalismus die inzwischen als notwendig erkannten familien- und bevölkerungspolitischen Maßnahmen in Deutschland verhindern wolle, und zwar mit dem Argument, sie seien nicht gleichermaßen für Migranten wie für Deutsche relevant.
    Eine solche Haltung von Zugewanderten wäre m.E. völlig unangemessen und bar jeden Augenmaßes, denn sie würde den Deutschen signalisieren, wegen der Präsenz vieler Zugewanderter wolle man ihnen das Recht streitig machen, sich um die eigenen existentiellen Probleme, zu denen die demographischen gehören, zu kümmern.
    In diesem Zusammenhang sollte man nicht vergessen, daß die massenhafte Zuwanderung zwar eine Tatsache ist, diese aber ohne jede demokratische Willensbildung, nicht zuletzt mittels bewußt betrügerischer Parolen, wie der Etikettenschwindel „Gastarbeiter“, zustande gekommen ist. Es könnte durchaus sein, daß dieser Umstand eines Tages stärkere politische Relevanz bekommt. Äußerungen wie die von Frau Stöcker-Zafari könnten entscheidend dazu beitragen.
    Per Lennart Aae