Rücktrittsrede im Wortlaut

„Es war mir ein Herzensanliegen, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu stärken.“

Bundespräsident Christian Wulff hat seinen Rücktritt erklärt und betont, worauf es ihm in seiner Amtszeit vor allem angekommen ist: Den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken. MiGAZIN dokumentiert die Rede im Wortlaut:

Freitag, 17.02.2012, 12:51 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.02.2012, 8:05 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

„Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Bürgerinnen und Bürger,

gerne habe ich die Wahl zum Bundespräsidenten angenommen und mich mit ganzer Kraft dem Amt gewidmet.

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Es war mir ein Herzensanliegen, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu stärken. Alle sollen sich zugehörig fühlen, die hier bei uns in Deutschland leben, eine Ausbildung machen, studieren und arbeiten – ganz gleich, welche Wurzeln sie haben. Wir gestalten unsere Zukunft gemeinsam.

Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Kraft am besten entfalten und einen guten Beitrag zur europäischen Einigung leisten kann, wenn die Integration auch nach innen gelingt.

Unser Land, die Bundesrepublik Deutschland, braucht einen Präsidenten, der sich uneingeschränkt diesen und anderen nationalen sowie den gewaltigen internationalen Herausforderungen widmen kann. Einen Präsidenten, der vom Vertrauen, nicht nur einer Mehrheit, sondern einer breiten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger getragen wird. Die Entwicklung der vergangenen Tage und Wochen hat gezeigt, dass dieses Vertrauen und damit meine Wirkungsmöglichkeiten nachhaltig beeinträchtigt sind. Aus diesem Grund ist es mir nicht mehr möglich, das Amt des Bundespräsidenten nach innen und nach außen so wahrzunehmen, wie es notwendig ist.

Ich trete deshalb heute vom Amt des Bundespräsidenten zurück, um den Weg zügig für die Nachfolge frei zu machen.

Bundesratspräsident Horst Seehofer wird die Vertretung übernehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird auf der wichtigen Gedenkveranstaltung für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt am Donnerstag der kommenden Woche sprechen.

Was die anstehende rechtliche Klärung angeht, bin ich davon überzeugt, dass sie zu einer vollständigen Entlastung führen wird. Ich habe mich in meinen Ämtern stets rechtlich korrekt verhalten. Ich habe Fehler gemacht, aber ich war immer aufrichtig. Die Berichterstattungen, die wir in den vergangenen zwei Monaten erlebt haben, haben meine Frau und mich verletzt.

Ich danke den Bürgerinnen und Bürgern, die sich für unser Land engagieren. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundespräsidialamt und anderen Behörden, die ich als exzellente Teams erlebt habe.

Ich danke meiner Familie. Vor allem danke ich meiner Frau, die ich als eine überzeugende Repräsentantin eines menschlichen und modernen Deutschlands wahrgenommen habe. Sie hat mir immer, gerade in den vergangenen Monaten und den Kindern starken Rückhalt gegeben.

Ich wünsche unserem Land von ganzem Herzen eine politische Kultur, in der die Menschen die Demokratie als unendlich wertvoll erkennen und vor allem, das ist mir das Wichtigste, sich gerne für die Demokratie engagiert einsetzen.

Ich wünsche allen Bürgerinnen und Bürger, denen ich mich vor allem verantwortlich fühle, eine gute Zukunft.“ Leitartikel Politik

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  1. saliha balkan sagt:

    „Ich habe Fehler gemacht, aber ich war immer aufrichtig.“ sagte Wulff. Für mich steckt darin die Weisheit : man kann in diesem Land „unaufrichtig“ sein, darf aber dabei keine Fehler machen!

    Einst sagte unser Klassenlehrer vor der Klausur zu uns: Spicken ist erlaubt, sich erwischen lassen ist jedoch verboten.

    zurück zu Wullf: er hat weder was verbrochen noch sich erwischt gefühlt, in Erklärungsnot kam er dennoch, denn er stand im Kreuzfeuer. Von allen seiten wurden die Dinge dramatischer dargestellt als sie es sind. Angefangen vom Häuschen per Privatkredit bis hin zu den Übernachtungen bei Freunden. Von Korruptionsvorwüfen, die keine waren. Er musste gehen, dafür wurde schnell eine Kampagne gestartet. Der Spuk ist vorbei. Und wer ist als nächstes dran?;)

  2. H. Senol sagt:

    Unglücklich, misslich und schade, dass ein solch menschlicher Bundespräsident zum Rücktritt gedrängt wird, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Berichterstattungen der Medien über das Unwort des Jahres 2011: „Döner-Morde“. Hm..

  3. mardelli sagt:

    Herr Wullf wurde vom Amt verjagt wegen seiner Islam Aussage.

    Menschen wie Sarrazin & Co haben uns bewiesen dass wir in dieser Gesellschaft kein Platz haben.

    Sagt Ja zu Parallelgesellschaft und Nein Zur Assimilation-Integration.

  4. Mck sagt:

    Als er sagte, der Islam gehöre zu Deutschland, war er bei den meisten […] unten durch.

  5. Katharina sagt:

    „Ja zur Parallelgesellschaft“?? Das ist eine Form des Aufgebens, die angesichts der ablehnenden Reaktionen auf Sarrazin&Co, die es auch von „bio-deutscher“ Seite in großem und deutlichem Maß gab, fatal wäre. Sag ja dazu, es deinen und meinen Kindern zu zeigen und vorzuleben, wie wir alle es besser machen können.

  6. Nun ja ... sagt:

    Endlich habe ich zum Thema von Mazyek mal was sinnvolles gehört.

  7. Nun ja ... sagt:

    Besser: Endlich habe ich von Mazyek hinsichtlich des Themas mal was sinnvolles gehört … .

  8. Nun ja ... sagt:

    @mardelli

    Wulff wurde nicht aus dem Amt gejagt, weil er gewisse Islam-Aussage machte:

    „Mazyek: Wulff-Rücktritt hat nichts mit seinen Islam-Aussagen zu tun

    Nach dem ersten Bekanntwerden der Wulff-Affäre hatten viele Muslime den BP wegen seinem großen Integrations-Engagement unterstützt. Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, glaubt, die Akte-Wulff sei übertrieben worden, trotzdem müsse er sich den rechtlichen Konsequenzen stellen.

    http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2012/02/405220/mazyek-wulff-ruecktritt-hat-nichts-mit-seinen-islam-aussagen-zu-tun/

    Ich für mich fand diesen Mann sicherlich nicht wegen einer Islam-Aussage untragbar, sicher nicht, sondern wegen all dem, was sich über viele Wochen aufgezeigt hat, was ans Licht kam, wie er darauf reagiert hat. Und so sehen es wohl sehr viele Menschen (Nichtideologen).

    Es geht vor allem um ein moralisches Amt, wo keine zwielichten Personen sitzen sollten. Gerade dann, wenn sie sich für Minderheiten einsetzen – und das Wort Glaubwürdigkeit enorm wichtig ist.

    Und nun ist gut. Der Mann hat den Hut genommen (werden müssen) und nun hoffen wir, dass sich solch ein Desaster nicht wiederholen wird.

    achherje

  9. Bierdurst sagt:

    Wulffi lebt auch in einer Parallelgesellschaft, in der der Maschmeyers, der Geerkens und der Groenewolds.
    In diesem Sinne: Wegtreten!
    Gestern war ein guter Tag für Deutschland.

  10. Achherje sagt:

    Nun ja … lach! Immerhin glaubt Mazyek mal und fordert nicht … so, man soll ja nicht zu viel loben, Herr Mazyek ;-)

    achherje ….