TV-Tipps des Tages

29.01.2012 – Kinder, Religion, Neonazis, Istanbul, Türkei, Hitler, Turban

TV-Tipps des Tages sind: Was glaubst Du heute? Wenn man 14 ist, glaubt man nicht mehr alles, was die Eltern sagen; west.art Talk: Neonazis – Sind wir auf dem rechten Auge blind? Konstantinopels versunkener Hafen; Hitlers amerikanische Geschäftsfreunde: Hitlers tödliche Geschäfte; Turban und Hakenkreuz

Was glaubst Du heute?
Wenn man 14 ist, glaubt man nicht mehr alles, was die Eltern sagen. Und beantwortet nicht mehr jede Frage der Reporterin. Jakob (re.), Sena (li.) und die Drillinge (hinten) Helene, Malwine und Arne.

Der Kinderglaube ist vorbei – Menschen unter uns – Sie sind 14 Jahre alt, mitten in der Pubertät und stellen Gott und die Welt in Frage. Ihnen ist jetzt klar, dass Beten weder gegen Liebeskummer hilft noch gute Noten in Mathe garantiert.

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Der bislang festgefügte Kosmos ihres Kinderglaubens hat Risse bekommen. Manches, was Eltern und Lehrer ihnen früher erzählt haben, glauben sie jetzt nicht mehr so ohne weiteres.

Die Rede ist von fünf Offenburger Jugendlichen, die vor fünf Jahren erstmals für einen Film des SWR über ihren Glauben und ihre Weltsicht befragt wurden. Damals waren sie Drittklässler. „Was glaubst denn Du? Kinder fragen, hoffen, beten“ hieß damals der Film über Kinder aus christlichen, muslimischen und atheistischen Elternhäusern. SWR-Autorin Annette Wagner ist nun ein zweites Mal nach Offenburg gefahren. Im Jahr 2012 lautet ihre Frage „Was glaubst Du heute?“

„Über Gott und Glauben zu reden, ist total uncool“, stellen die einst so fügsamen Kinder heute fest. Unter einer Bedingung sind Jakob, Sena und die Drillinge Helene, Malwine und Arne zu einem zweiten Film bereit: „Diesmal wollen wir selbst auch Fragen stellen.“ Mit Mini-HD-Kameras interviewen sie deshalb Passanten in Offenburg und Freiburg. Deren offene Antworten beeindrucken sie. Die Interviews führen zu Sinnfragen und Glaubensdebatten in der Gruppe – und zum Dialog zwischen den Generationen.

Der Rollstuhlfahrer, der dennoch das Leben liebt, beeindruckt sie. Die Frau, die „mit den Toten spricht“, finden sie „voll gruselig“. „Kann man den Glauben verlieren – und wieder finden?“ möchte Helene von ihrer Großmutter wissen, die einen harten Schicksalsschlag zu verkraften hatte, drei liebe Menschen in einem Jahr verlor.

Der Film kontrastiert vor fünf Jahren in Schule und Elternhäusern gedrehtes Material mit aktuellen Aufnahmen von heute. Er zeigt die Veränderungen auf und thematisiert, was Vierzehnjährigen in den Religionen fehlt. 10:30-11:00 • SWR BW

west.art Talk
Neonazis – Sind wir auf dem rechten Auge blind? Live aus dem WDR Foyer

Dass eine neonazistische Zelle in Deutschland über ein Jahrzehnt lang ungehindert morden konnte, sorgt für Empörung und Fassungslosigkeit. Neun Morde an Migranten sollen auf das Konto der Zwickauer Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) gehen. Immer neue, erschreckende Details sind in den vergangenen Monaten ans Licht gekommen. Doch es bleiben viele offene Fragen: Wie konnten die mutmaßlichen Täter trotz der vielen V-Leute in der Szene so lange unentdeckt bleiben? Ist der Staat auf dem rechten Auge blind? Was brächte ein Verbot der NDP?

Eines aber scheint sicher: Die braune Gefahr wurde unterschätzt. Nicht nur in Ost-, auch in Westdeutschland sind die Neonazis auf dem Vormarsch. Überall versuchen sie, vor allem Jugendliche für ihre militante und menschenverachtende Ideologie zu gewinnen. Und längst sind es nicht mehr nur Männer, die im rechten Milieu agieren. Immer öfter marschieren Frauen bei rechtsextremen Demonstrationen in der ersten Reihe mit. Seit Ende der 1990er Jahre gründen sie verstärkt eigene Organisationen und übernehmen politische Ämter. Ist unser Bild von den Glatzen in Springerstiefeln falsch? Ist die nette Mutter von nebenan, die sich in der Schule engagiert, gefährlicher, weil sie auf die sanfte Tour rechtes Gedankengut in die Gesellschaft einschleust? Wie sollen Eltern mit Kindern umgehen, die in die rechte Szene abdriften? Was bedeutet die Aufdeckung der Zwickauer Zelle für die Migranten hierzulande, was sagt das Unwort von den „Döner-Morden“ über die Haltung in unserer Gesellschaft aus? Und welche Strategien helfen im Kampf gegen rechts? Darüber diskutiert Holger Noltze am 29. Januar bei west.art Talk mit seinen Gästen. Im WDR-Foyer begrüßt er:

Claudia Hempel
Die Berichte, die die Journalistin in ihrem Buch „Wenn Kinder rechtsextrem werden“ zusammengetragen hat, offenbaren eindrucksvoll unsere Hilflosigkeit im Umgang mit dem Rechtsextremismus.

Esther Lehnert
Die Erziehungswissenschaftlerin ist Mitarbeiterinder der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“ (mbr) in Berlin und Expertin für die Rolle der Frauen in der rechten Szene.

Meral Sahin
Die Geschäftsinhaberin und stellvertretende Vorsitzende der Interessengemeinschaft Keupstraße hätte sich schon früher mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Politik gewünscht.

Steven Uhly
Der Roman „Adams Fuge“ des Kölner Schriftstellers kreist um die Themen Identität und Integration, aber auch um rechtsnationale Umtriebe und die Rolle von V-Leuten in der Szene.

Andreas Zick
Gemeinsam mit Wilhelm Heitmeyer erforscht der Bielefelder Soziologe „Deutsche Zustände“. In diesem Zusammenhang hat er sich auch mit Fremdenfeindlichkeit beschäftigt. 11:00-12:25 • WDR

Konstantinopels versunkener Hafen
Dokumentation – Die türkische Metropole Istanbul am Ufer des Bosporus platzt aus allen Nähten und droht am Verkehrskollaps zu ersticken. Dem soll ein Tunnel unter der Europa von Asien trennenden Meerenge ein Ende bereiten.

Mitten im modernen Istanbul hat ein gigantisches Bauprojekt begonnen, das die chronischen Verkehrsprobleme der überbevölkerten größten Metropole der Türkei lösen soll. Geplant sind ein Tunnel unter dem Bosporus und – tief in den Grundfesten der Stadt – ein Umsteigebahnhof zwischen Bahn und Metro. V

Von der über 3.000-jährigen Vergangenheit Istanbuls – einst hieß die Stadt Konstantinopel und vormals Byzanz – sind nur relativ wenige Spuren erhalten. Doch bei Aushubarbeiten für das Tunnelprojekt, die weitab vom Bosporus-Ufer begannen, legten Bauarbeiter 37 Schiffe samt Ladung frei, die durch eine Lehmschicht geschützt und dadurch hervorragend erhalten waren. Bei dem wertvollen Fund handelt es sich um Teile des versunkenen Hafens, der unter Kaiser Theodosius II. gebaut und vom fünften bis zum zehnten Jahrhundert genutzt worden war. Aus der Baustelle wurde eine mehr als fünf Hektar große Unterwasser-Grabungsstätte, die unter anderem Aufschluss über Ausdehnung und Untergang des Hafens von Konstantinopel geben soll. 14:50-15:45 • arte

Hitlers amerikanische Geschäftsfreunde

US-Firmen verdienten am Krieg – Thema: Hitlers tödliche Geschäfte – Der Film konzentriert sich auf die Konzerne, die für Hitlers Kriegsführung unentbehrlich waren. Die Dokumentation wird durch neues Archivmaterial sowie Interviews mit Zeitzeugen und Experten gestützt.

Henry Ford, der legendäre Autobauer, der GM Manager James D. Mooney und der IBM Boss Tom Watson wurden von Hitler für ihre Verdienste um das III. Reich mit dem Großkreuz des deutschen Adlerordens ausgezeichnet, dem höchsten Parteiorden für Ausländer. Zu diesem Zeitpunkt, 1937 und 1938, lief Hitlers Rüstungsmaschine bereits auf vollen Touren. Die deutschen Töchter dieser amerikanischen Konzerne, Opel, die Ford Werke AG und Dehomag, hatten sich bereitwillig in die Kriegsvorbereitungen des ‚Führers‘ integrieren lassen.

Ohne die von Opel und Ford produzierten Lastwagen und Kettenfahrzeuge hätte Hilter weder die Tschechoslowakei besetzen noch Polen und Frankreich überrennen können. Opel beteiligte sich außerdem an der Fertigung der Ju-88, Hitlers wichtigstem Bomber.

Standard Oil of New Jersey lieferte bis in die ersten Kriegsjahre hinein Rohöl, Spezialmotoröl für Panzer und Bleizusätze für das Benzin der Luftwaffe.

Die Hollerith-Maschinen der IBM, Vorläufer des heutigen Computers, sollten Hitler helfen, Krieg und Vernichtung zu organisieren. 20:15-21:00 • EinsExtra

Turban und Hakenkreuz
Der Großmufti und die Nazis – Thema: Hitlers tödliche Geschäfte

Der Film beleuchtet die Beziehung zwischen Muhammad Amin al-Husaini, dem Mufti von Jerusalem und den Nazis und sie erzählt eine bis heute unbekannte Geschichte des Dritten Reiches.

Muhammad Amin al-Husaini, der Mufti von Jerusalem ist eine der schillerndsten Figuren des 20. Jahrhunderts. Vor allem ist er einer der Wichtigsten für die Araber. Und wie kaum eine andere Persönlichkeit aus der arabischen Welt ist er mit der deutschen Geschichte verwoben. Schon zu seinen Lebzeiten galt er als Legende, verehrt und bewundert von seinen Landsleuten, verachtet und bekämpft von seinen Feinden. Sechzehn Jahre lang war al-Husaini das religiöse Oberhaupt der arabischen Muslime, dreißig Jahre ihr politischer Führer und lange Zeit auch politischer Repräsentant der arabischen Welt.

Und so unwahrscheinlich es sich heute anhört, er war offenbar auch in Deutschland populär. Man kannte ihn. Vier Jahre lang von 1941 bis 1945 lebte der Araberführer in der Reichshauptstadt, war eng mit der Staatsmacht verbunden, hatte Freunde bis in die höchsten Kreise des Regimes. Der Araber in Berlin hat das verbrecherische System ideologisch und politisch gestützt und verteidigt, skrupellos und verbohrt wie ein Nazi. Seine enge Verbundenheit und vielseitige Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten hatte vor allem eine Grundlage: den Judenhass. 22:00-22:45 • EinsExtra