Nichts Besseres zu tun?

Lasst unseren Bundespräsidenten in Ruhe!

An diesen Tagen diskutiert Deutschland über einen Privatkredit von Bundespräsident Christian Wulff. Sein Rücktritt wird gefordert. An diesen Tagen könnte man meinen, Deutschland habe keine Sorgen mehr.

Von Dienstag, 20.12.2011, 9:08 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 10.01.2012, 7:31 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Zurücktreten soll er, unser Bundespräsident. Begründung: Ein zinsgünstiges Darlehen in Höhe von 500 000 Euro soll er von Frau Geerkens bekommen haben – 2008, als er Ministerpräsident in Niedersachsen war. Als Wulff 2010 nach seinen geschäftlichen Beziehungen zu Herrn Geerkens gefragt wurde, gab er den Kredit nicht an. Das Ältestenrat im niedersächsischen Landtag prüft nun, ob das gegen das Ministergesetz des Landes verstößt. Danach sind Belohnungen oder Geschenke an Regierungsmitglieder nur in Ausnahmen zulässig und Vergünstigungen mit Amtsbezug nicht erlaubt.

Willkommen in Deutschland!

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Ein Land, in dem schon viele Politiker zurückgetreten wurden wegen Urlaubsreisen, privat genutzter Bonus-Meilen, nicht gezahlter Mieten oder fremdfinanzierter Anzüge für die Garderobe. Aber auch ein Land, in dem eine Gruppe von Rechtsextremisten über zehn Jahre unbehelligt eine breite Blutspur durch die gesamte Bundesrepublik ziehen konnte. Ein Land, in der von Ausländern bewohnte Häuser brennen, ohne dass ein einziger fremdenfeindlicher Hintergrund festgestellt wird. Ein Land, dessen Sicherheitsdienste in diese Taten mitverwickelt sind und die Täter unterstütz haben. Ein Land, in der Regierung und Opposition darüber streiten, ob ein Untersuchungsausschuss zur lückenlosen Aufklärung überhaupt gebildet werden soll. Ein Land, in der der Bundesinnenminister an seinen V-Leuten festhält und so den Weg versperrt für ein NPD-Verbot. Kurz: Ein Land, in der der größte Sicherheitsskandal der Nachkriegszeit nur zufällig entdeckt und kein Politiker zur Rechenschaft gezogen wurde – weder amtierende noch ehemalige.

Christian Wulff aber könnte das Amt des Bundespräsidenten beschädigt haben, heißt es in diesen Tagen. Journalisten beschweren sich, dass es keine Pressekonferenz gibt – mit leckerem Buffet. Die Einsichtnahme in die Kreditunterlagen in einer Anwaltskanzlei reichten nicht – langweilig. So blieben viele Fragen unbeantwortet. So, als ob es in Deutschland keine offenen Fragen mehr gibt.

Doch! Die Nachfolge von Christian Wulff sei auch noch ungeklärt. Wolfgang Schäuble käme als CDU-Kandidat in Frage. Ein Mann, der sich während der CDU-Parteispendenaffäre ein dickes Fell übergezogen hat. Und Joachim Gauck, der zuletzt Thilo Sarrazin „Mut“ attestierte, sei der heiße Kandidat von SPD und Grünen.

Und dann, meine Damen und Herren?

Bisher ist nichts bekannt, was auf Lüge oder Betrug hinausläuft. Aber bitte: Klärt auf, ob Christian Wulff als Ministerpräsident des Landes Niedersachsen gegen das Gesetz verstoßen hat. Klärt auf, ob seine Auskunft als Ministerpräsident nicht ausreichend war. Lasst aber unseren Bundespräsidenten in Ruhe! Christian Wulff hat es wie sonst keiner vor ihm geschafft, diesem Amt ein bisher noch nie dagewesenes Gewicht zu verleihen. Ein Bundespräsident, der zum ersten Mal uns allen gehört und nicht nur – kleinkariert – denen oder jenen. Oder ist es das, was „uns“ stört? Das Ansehen des Amtes ist jedenfalls dank Christian Wulff – und gerade in diesen Tagen – gefestigter denn je.

Deutschland hat zehn Jahre aufzuarbeiten und genug offene Fragen, die dringend und lückenlos beantwortet werden müssen. Ausnahmsweise hingucken – wenigstens jetzt! Anschließend stimmen wir alle gemeinsam zum Rücktritt derer, die diesem Land, den Menschen und welchem Amt auch immer schaden oder geschadet haben. Leitartikel Meinung

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  1. Julia sagt:

    @Julius Ihre Meinung vertritt hier niemand. Bei Wahlen haben die rechtspopulisten nie mehr wie 5 % warum begnügen sie sich nicht damit dass sie eine Minderheit in der BRD sind. Ihr grosses tamtam ist fürn arsch

    Ich darf daran erinnern, dass hier nur eine Meinung wiedergegeben wird.

  2. Pragmatikerin sagt:

    @ Julia

    Sie irren, ich vertrete auch die Meinung von Julius – sowie noch viele andere hier.

    Wer lesen kann, ist klar im Vorteil ;-)

    Pragmatikerin

  3. Bunzel Wulffi sagt:

    Das Sauerland Syndrom? So wie der korrupte und kriminelle OB Sauerland glaubt gestützt auf seine Muslime den Volkszorn aussitzen zu können, so will jetzt auch Bunzelpräsident Wulffi verfahren. Es ist Euer Präsident, nicht unserer.

  4. Fikret sagt:

    @ Kasimir, für mich eigentlich JA; für Einige nicht..

  5. Ali sagt:

    Ich kann dem Artikel nur in Teilen zustimmen. Die Kritik an der medialen Präsenz der Affäre im Vergleich zu anderen brennenden Themen teile ich. Eine Kampagne wegen seiner islamfreundlichen Äusserungen kann ich nicht erkennen, zumal der Bundespräsident fast keine politische Macht hat, die da gekappt werden könnte. Auch ist Herr Wulff wegen seiner positiven Sicht auf Migration nicht zwangsläufig sakrosant. Politiker gleich welcher Couleur dürfen sich nicht dem Verdacht aussetzen, dass sie bestechlich sind. Kleine Leute bekommen zum Beispiel von den Banken nur zu hohen Zinsen Geld. Auch sollten Politiker in der Lage sein sich ihren Urlaub selber zu finanzieren. Das sind berechtigte Punkte, die der Artikel nicht aufgreift. Schade.

  6. Maria sagt:

    Tja, daran erkennt man, dass viele islamische Migranten, solange man ihnen Honig ums Maul schmiert, Fehlverhalten der Politiker billigen. Daran erkennt man die kindische Gesinnung. In Deutschland gibt es aber Gesetze, über die der Bundespräsident nicht steht, sondern für sie zu stehen hat.
    Und Äpfel mit Birnen zu vergleichen ist Augenwischerei.

  7. Blog_Reisender sagt:

    Nüchtern betrachtet war die Aussage Wulff’s „Der Islam gehört zu Deutschland“ nichts anderes wie eine politisch inszenierte Aktion – dem sollte man wirklich nicht all zu viel Gewicht beimessen. Oder glaubt hier wirklich irgend jemand, dass ein Herr Wulff sich für die Moslems hier in der BRD interessiert. Sicherlich hat Herr Wulff dein ein oder anderen – guten – bekannten aus muslimischen Reihen, aber mal Ehrlich, ein Herr Wulff würde seine Kinder NICHT in die Gettos von Berlin oder Duisburg zur Schule schicken. Spätestens da würde seine „Der Islam gehört zu Deutschland“ aufhören.

    Außerdem …. richtiger wäre auch gewesen, er hätte gesagt,

    „Der Islam gehört zur BRD“,

    weil … Deutschland und BRD … da besteht nunmal ein großer Unterschied auch wenn der deutsche Michel und seine muslimischen Brüder das so gar nicht gerne hört und auch nicht glauben wollen.

    Wie dem auch sei. In der Politik passiert nichts zufällig und man hängt sich das Fähnchen so, wie man es gerne hängen haben möchte. Einmal in die eine Richtung dann in die Andere.

    Der Islam gehört so wenig zu Deutschland wie der Nackthund in die Arktis.

  8. Traurig sagt:

    Ich bin auch für eine vielfältige und bunte Kultur. Ich habe keine Probleme mit Ausländern/Inländern, wenn man gegenseitig sich respektiert und akzeptiert und das auf Basis des Grundgesetzes.
    Wer dergleichen Meinung ist und ehrlich seiner Arbeit nachgeht, ist willkommen.
    Aber deswegen einen Bundespräsidenten zu dulden, der nur auf seinen
    „privaten“ Vorteil aus ist – NEIN , Danke – Abtreten. Es ist genug Doppelmoral in diesem Staat , da gehört in dieses Amt ein Mensch mit Moral, Anstand
    und Prinzipien und kein Trickser und Wortverdreher.

  9. Anna Radack sagt:

    Dass hier die meisten Blogger muslimischen Glaubens von „unserem“ Präsidenten reden, den sie unterstützen und halten wollen, desavouiert diesen Mann in den Augen der Mehrheit der autochthonen Deutschen. Nichts ist schlimmer für Herrn Wulff als dieses Personalpronomen. Haben das die Muslime bedacht? Es ist ein echter Schuss in den Ofen!

  10. derkompetente sagt:

    „Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand, ist ein alter Scherz, den man wohl in unsern Zeiten nicht gar für Ernst wird behaupten wollen“.( Georg Wilhelm Friedrich Hegel, in seiner Vorrede zu den „Grundlinien in der Philosophie des Rechts“ ). Dieser Satz hat auch heutzutage nichts von seiner Gültigkeit verloren.