Nordrhein-Westfalen

Islamischer Religionsunterricht auf der Kippe – Land droht mit Abbruch

Die Einführung des bekenntnisorientierten Islamunterrichts in Nordrhein-Westfalen steht vor dem Aus. DITIB-Sprecher Rafet Öztürk erklärt, dass auf Seiten der islamischen Religionsgemeinschaften ernste Bedenken bestehen.

Mittwoch, 10.08.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 16.08.2011, 2:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Im Februar 2011 wurde zwischen dem nordrhein-westfälischen Schulministerium und dem Koordinationsrat der Muslime (KRM) ein Einvernehmen über eine gemeinsame Erklärung zur Einführung eines bekenntnisorientierten Islamunterrichts erzielt.

Darin wurde vereinbart, einen Beirat einzuberufen, der die religiösen Grundsätze der Muslime gegenüber dem Land formuliert und bei der Einrichtung und Durchführung des bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts mitwirkt.

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Gesetzesänderung
Laut Erklärung handelt es sich bei der Beiratslösung um eine befristete Übergangslösung, bis auf Seiten der Muslime die Anforderungen an eine Religionsgemeinschaft erfüllt sind. Da die geltende Rechtslage dem Land aber nur eine Zusammenarbeit mit einer offiziell anerkannten Religionsgemeinschaft erlaubt, ist eine Änderung des Schulgesetzes erforderlich, die das Beiratsmodell rechtlich absichert.

Daraus ergibt sich eine Konstellation, die sowohl das Schulministerium als auch den KRM zu einem Konsens zwingt. Zwar braucht die Landesregierung für die Gesetzesänderung nicht die Zustimmung des KRM, ohne dessen Einverständnis liefe das neue Gesetz aber ins Leere. Ohne die Mitwirkung des KRM würde dem Land der Ansprechpartner in Form des Beirats fehlen.

Land droht mit Abbruch
Bisher schien es so, als seien sich die Parteien einig. Wie sich nun herausstellt, brodelt es hinter den Kulissen gewaltig. In einem Interview mit der türkischen Tageszeitung ZAMAN vom 10. August 2011 spricht DITIB-Sprecher Rafet Öztürk über die Situation. Laut Öztürk übt das Land Druck auf die islamischen Verbände aus, die Gesetzesänderung mitzutragen. Sollten sich die islamischen Verbände weigern, werde das Land die Verhandlungen abbrechen und verkünden, dass der KRM für das Vorhaben „islamischer Religionsunterricht“ nicht bereit sei und den Verhandlungstisch verlassen habe.

Laut Öztürk verstehen sich die unter dem KRM versammelten islamischen Verbände bereits als islamische Religionsgemeinschaften, was fehle, sei die offizielle Anerkennung. Mit der Gesetzesänderung wolle das Land aber gerade die Anerkennung umgehen. Ein weiteres Problem sei, dass der auf Zeit angelegte Beirat im Gesetz nicht befristet werde. Theoretisch könne das Land die Anerkennung als islamische Religionsgemeinschaft dann auf die lange Bank schieben.

Ernste Bedenken
Auf die Frage, weshalb der KRM dann im Februar 2011 die gemeinsame Erklärung, in der sowohl der Beirat als auch die Gesetzesänderung genannt sind, unterzeichnet habe, erklärt Öztürk: Das Protokoll bringe nur den „guten Willen“ zum Ausdruck, sei aber nicht bindend. Der im Anschluss vorgelegte Gesetzesentwurf sei jedenfalls mehr als enttäuschend gewesen.

Öztürk: „Unserer Einschätzung nach brauchen wir keine Gesetzesänderung. Das geltende Schulgesetz ist völlig ausreichend. Um nicht missverstanden zu werden und die Verhandlungen nicht zu erschweren, möchte ich nicht laut nachdenken. Aber ich muss sagen, dass wir ernste Bedenken haben“. Was beim katholischen, evangelischen oder dem alevitischen Religionsunterricht funktioniere, müsse doch auch beim Islamischen funktionieren.

Schulministerin Sylvia Löhrmann (Die Grünen) zeigt sich indes zuversichtlich. Kommt es zwischen dem Land und dem KRM aber zu keiner einvernehmlichen Lösung, wird es für 320 000 muslimische Schüler in NRW wohl auch künftig keinen bekenntnisorientierten Islamunterricht geben. (eb)
Leitartikel Politik

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  1. Selim Ahmet Yerli sagt:

    Wenn die islamischen Verbände und das Land NRW hier eine Einigung erzielen, wird es womöglich auf beiden Seiten zum Vertrauensverlust kommen.

    Man fragt sich natürlich, warum klappt es bei den Aleviten, und bei den Sunniten nicht. Das kann nicht bloß bei den Muslimen liegen, weshalb das nicht klappt.

    Wenn die Einigung kippen sollte, werden davon LIB und VDEM profitieren, weil beide im Hintergrund gegen KRM ins Feld gezogen sind und sie schlecht machen, wo es nur geht.

  2. MoBo sagt:

    „Man fragt sich natürlich, warum klappt es bei den Aleviten, und bei den Sunniten nicht. Das kann nicht bloß bei den Muslimen liegen, weshalb das nicht klappt.“

    Aleviten haben nicht so viele parallel bestehende Vereine die sich jahrelang eigene Netzwerke und Hierarchien aufgebaut haben, außerdem sind Sunniten i.A. heterogener als Aleviten, man hat z.B. auch verschiedene Herkunftsländer oder mehr Strömungen zu beachten.

  3. OMG sagt:

    „Das kann nicht bloß bei den Muslimen liegen, weshalb das nicht klappt.“

    Klar, ausgerechnet die rot-grüne Landesregierung, die auch noch von sich aus auf islamischen Religionsunterricht gedrängt hat, sabotiert das jetzt.

    An den islamischen Verbänden liegt es natürlich nicht.

  4. Charlotte Reims sagt:

    Diese ganzen formalen Fragen gehen soch am eigentlichen Thema vorbei. Die wichtigste Frage ist gar nicht beantwortet:

    Was sollen die Kinder lernen?

    Dass sie einer Zwangsreligion angehören, aus der sie niemals austreten können?

    Dass Moslems etwas Besseres sind als der Rest der Menschheit und dass nur sie ins Paradies kommen und der Rest in die Hölle?

    Solange der Islam nicht inhaltlich, theologisch und politisch so weit aufgerollt worden ist, dass sichergestellt ist, dass er als Schulfach keinen Schaden anrichtet, hat der Islam im deutschen Bildungssystem nichts verloren.

  5. BiKer sagt:

    @ charlotte

    oh mein gott! die kinder sollen lernen, dass sowohl der eintritt als auch der austritt aus dem islam allein mit dem bekenntnis bzw. mit der abkehr möglich ist – nicht so kompliziert wie der ein- und austritt aus der kirche.

    die kinder sollen lernen, dass der islam es verbietet, menschen in besser oder schlechter zu klazifizieren – so wie es der islam vorschreibt.

    die kinder sollen lernen, dass es den menschen nicht zusteht, darüber zu urteilen, wer in den paradies kommt und wer in die hölle, so wie es der islam vorschreibt.

    so lange, liebe charlotte, der islam richtig gelehrt wird, gehört es in den deutschen bildungssystem. ihre frage nach dem „was“ ist da schon korrekt. nur schweifen sie aus und landen inmitten von vorurteilen. schade.

  6. Snillisme sagt:

    Und wenn der kleine Torben, weil er vl grad ’ne Freistunde hat, mal für eine Stunde mit seinem Kumpel Mehmet in den Islamunterricht gehen würde, dann könnte er lernen daß Mehmet später mal seine Schwester heiraten könnte, er selbst als Nichtmuslim aber niemals Mehmet’s Schwester.
    Und erkönnte sich dann fragen wie es gleichzeitig sein kann daß der Islam es verbietet, Menschen als besser oder schlechter zu klassifizieren.

  7. BiKer sagt:

    @snillisme

    ich habe oben doch schon geschrieben dass allein der bekkenntnis bzw der abkehr ausreicht um aus der religion auszutreten. der frau steht ee demnach frei, sich fuer einen nichmuslimischen mann zu entschdeiden. aber auch das duerfte nicht noetig sein. sie haette lediglich ein verbot missachtet, wie es die allermeisten tun. der eine betet nicht der andere spendet nicht oder fastet nicht und trotzdem sind sie muslime. ihr beispiel zeigt mir einfach nur wes geistes kind sie sind. sonst wuerden sie sich informieren oder einfach mal eins und eins zusammenzaehlen. schauen sie sich doch mal um. wie viele muslimische frauen mit nichtmuslimischen ehemann es gibt. auch ganz bekannte namen. trotzdem sind sie muslime.

  8. Snillisme sagt:

    @ Biker
    „schauen sie sich doch mal um. wie viele muslimische frauen mit nichtmuslimischen ehemann es gibt.“

    Diese Aufforderung würde ich gerne auch an alle anderen Diskussionsteilnehmer weiterreichen.
    Damit wäre dann die Frage nach der Toleranz des Islam in diesem Zusammenhang geklärt.

  9. BiKer sagt:

    @ snillisme

    was isn das fürn quatsch, bitte?

  10. Ottokar sagt:

    Hallo Biker,

    „schauen sie sich doch mal um. wie viele muslimische frauen mit nichtmuslimischen ehemann es gibt. auch ganz bekannte namen.“

    Könnten Sie uns eventuell einige dieser bekannten Namen nennen? Mich würde das interessieren. Es wäre tatsächlich eine Art Beweis für die religiöse Toleranz, die im Islam herrscht bzw herrschen soll. Wir Nicht-Moslems haben nämlich so unsere Zweifel. Wobei das ganz ehrlich auch nicht weiter schlimm wäre, wenn es doch keine so bekannten Beispiele geben würde. Mein Gott, dann ist es halt so. Bei orthodoxen Juden ist es auch nicht anders. DIe heiraten auch nur unter sich. Aber nur die Orthodoxen, ein Freund von mir, Christ auf dem Papier, ist mit einer Jüdin auf dem Papier, verheiratet. Sie feiern halt mehr Feste, das ist alles ;)

    grüße
    ottokar