Daniela Kolbes Zwischenruf

Das Anerkennungsgesetz – viel versprochen, wenig eingelöst

Im kommenden Herbst soll das lange Zeit angekündigte Anerkennungsgesetz verabschiedet werden. Doch der Gesetzesentwurf hält nicht, was er verspricht, schreibt Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe (SPD) in ihrer MiGAZIN-Kolumne.

Im kommenden Herbst soll das lange Zeit angekündigte Anerkennungsgesetz verabschiedet werden. Doch der Gesetzesentwurf hält nicht, was er verspricht, darin sind sich die SPD-Bundestagsfraktion, die anderen Oppositionsparteien sowie der Bundesrat und die Sachverständigen einig. Nur die Bundesregierung sieht wenig Verbesserungsbedarf. Und Geld ausgeben möchte sie dafür auch nicht.

Im Herbst soll das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen im Parlament verabschiedet werden. Für schätzungsweise 300.000-500.00 Menschen mit ausländischen Qualifikationen ist das Gesetz ein Hoffnungsschimmer endlich ihrer Qualifikation entsprechend arbeiten zu können. Aus der Sicht der Betroffenen geht es neben der Anerkennung ihres Könnens darum, endlich wieder im erlernten Beruf arbeiten zu können und damit oftmals um die Chance auf ein höheres Einkommen. Das Gesetz soll ein Baustein der Fachkräftepolitik der Bundesregierung sein. Das Anliegen ist wichtig: Neben der Anwerbung qualifizierter Fachkräfte müssen die Menschen, die bereits hier leben optimal in den Arbeitsmarkt integriert werden. Und so ist die Anerkennung der ausländischen Qualifikationen ein längst überfälliger Schritt.

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Massive Probleme sind programmiert
Leider ist das Gesetz aber nicht so gut genug, um den bereits hier lebenden Migrantinnen und Migranten und den zukünftigen Einwanderinnen und Einwandern ein optimales Anerkennungsverfahren zu bieten. Das sieht nicht nur die SPD-Bundestagsfraktion so, auch unter den Sachverständigen herrschte Einigkeit über den großen Nachbesserungs- und Änderungsbedarf an dem Gesetzentwurf. Alleine der Bundesrat hat insgesamt 100 (!) Änderungsanträge beschlossen.

Den Fortschritt, den dieser Gesetzentwurf bietet, kommt einer Schnecke gleich. Nach wie vor sind die zentralen Kritikpunkte: das Wirrwarr von Ansprechpartnern im Anerkennungsverfahren und die fehlende unabhängige Beratung. Unklar bleibt auch, wie die Gleichwertigkeit der Anerkennungsverfahren unabhängig vom Wohnort gewährleistet werden soll. Schließlich gibt es kein Konzept für ein notwendiges Wissensmanagement über die verschiedenen Ausbildungsinhalte in anderen Staaten. Das größte Problem aber bildet das Mantra der Bundesregierung: Die Umsetzung des Gesetzes darf nichts kosten. Dass bedeutet kein Geld für die Durchführung der Anerkennungsverfahren und notwendige Anpassungsqualifizierungen:

Die Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf
Die dramatischen Folgen des unzureichenden Gesetzesentwurfes werden am beim entscheidenden Knackpunkt, der Anpassungs- und Nachqualifizierung, deutlich. Wegen der weltweiten Unterschiedlichkeit von Ausbildungen ist eine noch nicht abschätzbare Zahl von Nach- und Anpassungsqualifizierungen als Ergebnis der Anerkennungsverfahren zu erwarten. Über eine entsprechende Angebotsstruktur für diese Qualifizierungsmaßnahmen verfügen wir jedoch nicht in Deutschland. Um aber für die Antragsteller eine Gleichwertigkeit ihrer Berufsqualifikationen zu den deutschen Abschlüssen zu erreichen, ist ein System von passgenauen Qualifizierungsangeboten notwendig. Die Bundesregierung sieht sich hier aber nicht in der Pflicht, für ein solches Angebot zu sorgen. Sie versteckt sich hinter verquasten Apellen ins Nichts: „Verbesserte Angebote für Anpassungs- und Ergänzungsqualifikationen zur vollen Arbeitsmarktintegration bei nur teilweise nachgewiesenen Qualifikationen bilden eine Herausforderung, der sich alle stellen müssen“.

Bleibt zu hoffen, dass die Bundesländer ein qualitativ hochwertiges Anerkennungsverfahren als Standortvorteil erkennen und sich in einem Wettstreit um die bestmöglichen Lösungen bemühen.