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Güner Balcı. Eine weitere Ethno-Unternehmerin?

Güner Balcı wollte – um es einmal salopp zu formulieren – doppelt Kasse machen, indem sie zweimal mit Sarrazin durch Kreuzberg tingelt, um Deutschlands Lieblingsthema Integration an den Mann oder die Frau zu bringen. Einmal mit dem ZDF, das andere Mal mit dem RBB.

An und für sich ist es ja auch keine schlechte Idee Herrn Sarrazin mit den Menschen zu konfrontieren, über die er sich so gerne äußert und schreibt. Dumm nur, dass der Zuschauer nicht zweimal dasselbe sehen will und der RBB vor diesem Hintergrund ihr Interesse am Fernsehbeitrag verloren und Frau Balcı von ihrer Aufgabe, eine Dokumentation zu produzieren, entbunden hat. Von manchen wurde der Rausschmiss als Intrige, also als eine Art politische Entscheidung gesehen, die aus den gemischten Gefühlen nach Frau Balcıs erstem Fernsehbeitrag mit Sarrazin im ZDF („Aspekte“) hervorgegangen ist. Aber im Nachhinein kann viel interpretiert werden!

Feststeht, dass eine Abmachung um Exklusivität des Beitrags zwischen dem RBB und der beauftragten Produktionsfirma gebrochen wurde. Es hatten sich rationale Akteure mit bestimmten Interessen getroffen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen und ihren Nutzen daraus zu ziehen. Die einen waren an Quoten, die anderen an einem „fetten“ Auftrag und an ihrem Marktwert interessiert. Und das Produkt hieß Integration. Das ist auch ganz legitim. Doch Frau Balcı konnte offenbar nicht genug kriegen und versuchte zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, wodurch sie die Abmachung bezüglich der Exklusivität brach und hochkantig herausflog. Man könnte auch sagen, sie hat zu hoch gepokert.

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Dass es Menschen gibt, die ein überordentliches Interesse an der Ethnisierung von Sachverhalten haben, ist nichts Neues. Aber wenn ethnische UnternehmerInnen so tun, als seien „ethnische Produkte“ allein nur Ergebnisse einer journalistischen Aufgabe oder moralischen Pflicht, dann ist das scheinheilig. Es ist durch und durch rational, wenn Ethno-UnternehmerInnen, die sich auf negative Integration spezialisiert haben, sich an Sarrazin klammern, um so die eigenen Geschichten über bestimmte Gruppen besser zu verkaufen.

Aber Deutschlands Lieblingsthema Integration braucht keine Ethnisierung. Ganz im Gegenteil, es braucht den manchmal tristen Routinealltag der großen Mehrheit von Menschen, die tagtäglich ihr Glück im Rahmen ihrer Möglichkeiten suchen. Mag es der Arbeiter sein, der sich in der Gewerkschaft engagiert, die Ingenieurin, die Beruf und Familie vereinbart, der Langzeitarbeitslose, der sich fürsorglich um seine Familie kümmert, die Schülerin, die sich für den Umweltschutz einsetzt, der Senior, der im Pflegeheim lebt etc. Die Bewältigung des Alltags ist immer auch mit Schwierigkeiten verbunden. Doch zu unterstellen, dass Menschen sich ihrer Probleme nicht bewusst sind und in einer „ethnischen“ Parallelwelt leben, ist peinlich.