Arbeitnehmerfreizügigkeit

Union will auch Ausländer aus Nicht-EU-Staaten als Pflegekräfte zulassen

Die Unionsparteien beabsichtigten, die ab dem 1. Mai 2011 eintretende Arbeitnehmerfreizügigkeit auch auf ausländische Betreuungs‐und Pflegekräfte aus Nicht‐EU‐Staaten auszudehnen – Bundesverband Europäischer Betreuungs‐und Pflegekräfte und Grüne warnen.

Die CDU/CSU‐Fraktion beabsichtigt Medienberichten zufolge die ab dem 1. Mai 2011 eintretende Arbeitnehmerfreizügigkeit auch auf Betreuungs‐und Pflegekräfte aus Nicht‐EU‐Staaten auszudehnen. Damit will die Union die Versorgung der stetig steigenden Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland unterstützen. Gleichzeitig sollen Pflegebedürftige finanziell entlastet werden, indem die Pflegekassen die für die ausländischen Pflegekräfte zu zahlenden Sozialabgaben übernehmen.

Voraussetzung hierfür ist, dass das aus Nicht‐EU‐Staaten stammende Personal eine monatliche Entlohnung zwischen 800 bis 1.000 Euro zzgl. freier Kost und Logis vom Pflegebedürftigen erhält. Die Überlegungen der Union zeigen deutlich, wie akut das Thema Pflege und die Versorgung von Pflegebedürftigen in Deutschland geworden ist.

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Raus aus der Illegalität
Allerdings wird nach Einschätzung des Bundesverbands Europäischer Betreuungs‐und Pflegekräfte (BEBP) damit der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Denn zunächst soll die Politik dafür sorgen, dass die bereits in Deutschland arbeitenden ca. 100.000 Betreuungskräfte aus Osteuropa aus der Illegalität herausgeholt werden.

Larisa Dauer, Rechtsanwältin und 2. Vorsitzende des BEBP: „Der erste Schritt wäre, die Betreuungskräfte aus der Schwarzarbeit sanktionslos in eine legale Tätigkeit zu transferieren. Hierzu ist es erforderlich, dass der Gesetzgeber den Pflegebedürftigen und ihren osteuropäischen Betreuungskräften zusichert, dass ihnen das nachträgliche Bezahlen von Sozialabgaben und die Verhängung von Strafen erlassen werden, sofern sie die bisherige Schwarzarbeit anzeigen und in eine legale Beschäftigung umwandeln.“

Amnestielösung
Österreich gebe hier ein gutes Beispiel ab. Dort habe man sich für eine großzügige Amnestielösung entschieden und etwa 30.000 illegalen Betreuungskräften den Weg in eine legale Beschäftigung ermöglicht.

Oft seien die Angst vor dem bürokratischen Aufwand und das fehlende rechtliche Wissen die wahren Gründe für eine illegale Beschäftigung in Privathaushalten, nicht aber unbedingt der Wunsch, Sozialabgaben zu sparen. Es sei kein Geheimnis, dass die Pflichten des Arbeitgebers für Pflegebedürftige unüberschaubar sind und die Betroffenen damit überfordert werden.

Qualitätssicherung vor Anwerbung
Die Kritik von Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, geht in eine andere Richtung: „Es ist ein großer Unterschied, ob eine ausländische Pflegekraft nur die Betreuung einer Person übernimmt oder auch deren Pflege. Es kann auch nicht angehen, dass wir ausländische Pflegekräfte zwar legalisieren, aber keine Ahnung haben, wie und unter welchen Umständen gepflegt wird.“

Jeder ambulante Pflegedienst werde geprüft und müsse ausnahmslos seine Qualität darlegen. Damit werde auch die gute Versorgung gewährleistet. „Natürlich wollen wir die Entlastung der pflegenden Angehörigen – aber bitte mit Sinn und Verstand“, so die Grünen-Politikerin. Die vielerorts bestehenden illegalen Beschäftigungsverhältnisse seien ein Resultat der unzureichenden und unbezahlbaren Angebote hierzulande. „Das Problem ist doch nicht gelöst, wenn es einfach nur umetikettiert wird“, so Scharfenberg.

So fordert sie die Einbindung von ausländische Arbeitskräfte nur mit professioneller Begleitung. Die Verantwortung beschränke sich nicht darauf, einfach mehr Arbeitskräfte ins Land zu holen. „Die Österreicher haben den Unterschied zwischen Pflege und Betreuung erkannt und versucht, die Betreuungskräfte aus Nicht-EU-Staaten in ein legales Anstellungsverhältnis zu überführen. Aber es handelt sich dabei um Betreuungskräfte und nicht um Pflegepersonen“. (fa)