Erdoğan in Düsseldorf

Doppelte Staatsbürgerschaft light für Türken

Der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan möchte seinen Landsleuten zumindest eine Lightversion der doppelten Staatsbürgerschaft ermöglichen. Nach Informationen, die dem MiGAZIN vorliegen, wird er sein Vorhaben heute in Düsseldorf ankündigen.

Sonntag, 27.02.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 03.03.2011, 4:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

„Unser Ministerpräsident ist in Düsseldorf“, wird seit einigen Tagen auf großen Werbetafeln verkündet. Gemeint ist nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sondern der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan (AKP). Wie vor drei Jahren in der Köln-Arena tritt er heute im ISS Home in Düsseldorf vor seine Landsleute.

Doppelte Staatsbürgerschaft light
Und er hat ein Geschenk im Gepäck. Laut Informationen, die dem MiGAZIN vorliegen, ist es eine Lightversion der doppelten Staatsbürgerschaft. Ermöglicht wird das nicht etwa durch ein Nachgeben der Bundesregierung in dieser Frage. Nein, der türkische Premier hat ein Gesetzespaket dabei, die er heute verkündigen wird.

___STEADY_PAYWALL___

Das bisher unter dem Namen „Blaue Karte“ (Mavi Kart) bekannte Dokument, mit der ehemaligen türkischen Staatsbürgern unter anderem aufenthaltsrechtliche oder erbrechtliche Privilegien gewährt wurden, soll mit einer Änderung des türkischen Staatsangehörigkeitsrechts erheblich ausgeweitet werden.

Wie türkische Staatsbürger
So sollen Türkischstämmige auch nach der Ausbürgerung aus der türkischen Staatsbürgerschaft einen türkischen Personalausweis bzw. Identitätskarte haben, mit der sie türkischen Staatsbürgern nahezu gleichgestellt werden. Ermöglicht wird das durch die Fortführung der Akten in den Personenstandsregistern.

Die bisherige „Mavi-Kart“-Regelung krankte vor allem daran, dass die Daten mit der Ausbürgerung geschlossen wurden. So wurden selbst einfache Behördengänge oder Geschäfte des täglichen Lebens, zu einer Tortur, weil die „Mavi Kart“ im Prinzip nur bescheinigte, dass es sich um einen ehemaligen türkischen Staatsbürger handelt, nicht aber erkennen ließ, welchen aktuellen Status die Person hat. Das soll sich mit der Neuregelung ändern. Und nicht nur das, sogar im Staatsdienst sollen ehemalige türkische Staatsbürger künftig arbeiten dürfen. Lediglich das Wahlrecht bleibt außen vor. Damit reagiert die Türkei auf Sorgen und Ängste seiner im Ausland lebenden Bürger, mit dem Verlust der türkischen Staatsbürgerschaft finanzielle oder sonstige Nachteile in der Türkei zu erleiden.

Hürdenabbau bei Einbürgerungen
Damit dürfte die Erdoğan aber nicht nur den Türkischstämmigen einen Gefallen tun, sondern auch der Bundesregierung. Der Abbau von Hürden, die im Zusammenhang mit dem Verlust der türkischen Staatsbürgerschaft stehen, dürfte sich positiv auf die Einbürgerungsmotivation der in Deutschland lebenden Türken auswirken und die seit vielen Jahren sinkenden Einbürgerungszahlen wieder ankurbeln.

Bisher verwehren insbesondere die Unionsparteien unter anderem türkischen Staatsbürgern die Mehrstaatlichkeit. So muss ein in Deutschland lebender Türke die türkische Staatsbürgerschaft abgeben, wenn er sich einbürgern lassen will. Begründet wird diese Haltung mit möglichen Loyalitätskonflikten. Dabei erfolgen weit über die Hälfte aller Einbürgerungen in Deutschland unter Hinnahme der Mehrstaatlichkeit.

Kein Loyalitätskonflikt
Für den türkischen Premier ist ein möglicher Loyalitätskonflikt kein Thema. Er wird auch heute seine Landsleute dazu aufrufen, die türkische Staatsbürgerschaft abzugeben, um sich in dem Land einzubürgern, in der sie sich niedergelassen haben. Er wird erneut an die Vernunft appellieren und mehr Engagement in Bildungsfragen fordern. Er wird seine Landsleute ermutigen, sich noch mehr einzubringen, Vorbildfunktionen zu übernehmen.

Mit diesem Gesetzespaket wird er seinen Landsleuten aber auch Vertrauen zusprechen und ein Willkommensgefühl geben, das nicht an die Staatsbürgerschaft geknüpft, sondern davon losgelöst ist. Das genaue Gegenteil von dem, was Unionspolitiker erreichen, wenn sie die Verweigerung von Mehrstaatlichkeit mit möglichen Loyalitätskonflikten begründen und damit ihr Misstrauen offen aussprechen. (es)
Politik

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. yogurt sagt:

    @Miro

    Und wie ist das mit den ehemals deutschen Kolonien auf diversen anderen Kontinenten? Colonia Dignidad schon mal gehört? Dörfer, Städte und Gemeinden in Afrika, Süd-Amerika, USA, etc. Die sind, nun was, doch nicht mehr Deutsche? Weil sie ja nicht in Deutschland leben? Sprechen immer noch deutsch, machen deutsche Musik, essen deutsche Gerichte! Deren Integration ist dann wohl vollkommen gescheitert? Wieso haben sich diese emmigrierten Deutschen eigentlich so dermaßen schlecht integriert, dass sie immer noch ihre eigenen Bräuche pflegen?

    Muss wohl an den Genen liegen…

    Ach, noch was, lieber düpierter Miro (wie düpiert man denn als einzelner Mensch eine ganze Nation? Ein sagenhaftes Kunststück!) in Deutschland ist die doppelte Staatsbürgerschaft gang und gäbe. Sofern man Promi ist, viel Geld und Einfluß hat, oder ein paar Medaillien reinholt ist es sogar heute noch problemlos möglich.

  2. @Miro sagt:

    „Oder glauben sie das europäische Staaten sich langfristig anschauen wie sich wachsende türkische Enklaven bilden mit türkisch/islamischem Nationalismus bis hin zu grauen Wölfen usw und das mit steigenden Tendenzen in den hier geborenen Generationen?“

    -> Die Antwort lautet: JA, die europäischen Staaten schauen sich das an – bzw. schauen zu. Machen wir uns doch nix vor, bevor hier im Westen einer aufwacht, ist die Mehrheit der Bevölkerung islamisch.

  3. bobo sagt:

    Erdogan sollte man Einreise-, zumindest aber ein Redeverbot für die Bundesrepublik erteilen.

  4. Kerim - Fenasi sagt:

    Hi Miro!

    Ich bin in D geboren und arbeite hier.
    Fühle mich aber nicht deutsch.
    Hoffe das ärgert dich. :-)

  5. Kerim - Fenasi sagt:

    Ach ja, sehr coole Aktion von Erdogan.
    Ich lach mich schlapp wenn er es schafft die sinkenden Einbürgerungszahlen in D wieder steigen zu lassen.

    Erdogan for Integrationsbeauftragter in Deutschland!

  6. Boli sagt:

    @Mobo

    Sie sprechen an, das Sie doppelt wählen können. Falls Sie Deutschtürke sind hat es sich dann damit. Weil Erdogan will zwar die Vorteile und Einflussnahme in Deutschland ausweiten aber seine Deutschländer möchte er dann doch nicht in der Türkei mehr wählen lassen. Weil die könnten ja liberale Parteien wählen falls es solche in der Türkei überhaupt gibt.
    Dieses Faktum finde ich sehr bemerkenswert und es wird noch ein nicht zu unterschätzendes Nachspiel haben.
    http://www.welt.de/politik/deutschland/article12655001/Erdogan-fuer-Doppelpass-light-fuer-Deutschtuerken.html
    Oh ja, die Türkei ist eine „Inspiration“ für die arabische Welt.
    http://www.welt.de/politik/ausland/article12656558/Erdogan-fordert-Mitsprache-bei-Integrationspolitik.html
    Ironie off
    Würde mich freuen Erdogan auch demnächst brabbelnd mit einem Regenschirm im Fernsehen zu sehen so wie Gadaffi.

  7. T.Da sagt:

    An Miro.
    Sie wissen auch nicht was sie da von sich geben oder?
    die Deutsch stämmige die Ungarn oder sonst wo leben tut der Deutsche Staat auch sehr viel das sie ihre identität nicht verlieren oder? googlen sie mal bisschen. Was sagen sie dann dazu. Ihr, die diese Auffassung teilen wissen oder wollen nicht wissen über Länder Politik. Kein Staat wird sein Landsleuten den rücken kehren und das finde ich persöhnlich sehr gut. Was ist mit den leuten die doppelte Staatbürgerschaften haben ( nicht türken ). Das nenne ich Doppelmoral.

  8. Miro sagt:

    @ yogurt und T.Da

    Wenn sie vergleichen wollen und wenn sie die Integrationsfähigkeit von Deutschen ansprechen dann sollte sie diese anhand von Ländern wie den USA, Canada oder Australien beurteilen. Ich glaube da hat man insgesamt recht gute Erfahrungen mit Deutschen gemacht. In den USA haben wohl knapp 30% der weißen Amerikaner einen deutschen Migrationshintergrund. Spürrt man das wenn man durch die USA reist? Nein und so sollte es auch sein. Einmal mehr ein Beleg das es gute, weil integrationsbereite und schlechte Einwanderer gibt. Übrigens erwartet realistisch niemand von der ersten Generation das sie sich mehr mit dem Einwanderungsland identifizieren als mit dem Land aus dem sie gekommen sind, aber von ihren Kinder kann man das erwarten. Bei vielen funktioniert das auch, nur bei manchen findet man das hier vor.
    […]

  9. Boli sagt:

    @T.Da
    Sie wissen auch nicht was sie da von sich geben oder?

    Es ist wohl eher so das das auf Sie zu trifft T.Da:
    ______________________________________________
    Der ehemalige Parlamentsbeauftragte für Minderheitenrechte in Ungarn, Jenő Kaltenbach, kommentierte die gegenwärtige Lage der Minderheiten in Ungarn als „gesellschaftlich weitgehend integriert (assimiliert), in keinem geschlossenen Siedlungsgebiet lebend, zahlenmäßig klein, kein ausgeprägtes Identitätsbewusstsein, eher eine Doppelidentität“. Sein Fazit war, dass der Assimilationsprozess der Ungarndeutschen und der einhergehende Verlust der Muttersprache trotz einiger positiver Impulse in der letzten Zeit kaum rückgängig gemacht werden kann. In jüngster Zeit konnte jedoch in zahlreichen Orten ein Trend zur ungarndeutschen Minderheiten-Selbstverwaltung beobachtet werden.
    Die Zahl der deutschsprachigen Ungarndeutschen lag bei der Volkszählung von 2001 bei 62.233. Inklusive der assimilierten Ungarndeutschen wird die Zahl auf über 200.000 geschätzt.
    ____________________________________________________

    Sie versuchen hier Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Ungarn mit Deutschland zu vergleichen ist völliger Blödsinn und selbst wenn Sie ein anderes Land hernehmen. Zeigen Sie mir ein Siedlungsgebiet von Deutschen außerhalb Deutschlands das in die Millionen geht. Es sind jeweils wenige tausend Menschen von denen man hier sprechen kann.
    Anders ist es bei Türken und Arabern in Europa. Sie werden zunehmend als Sicherheitsproblem bezogen auf den inneren Frieden in Westeuropa empfunden.

  10. Jos. Blatter sagt:

    Alles was recht ist, Erdogan kämpft für seine Leute. Das ist gut so, der türkisch islamische Block wird gestärkt, jedem ist klar, wo die Loyalität steht.
    Sicher, der eine oder andere wird enttäuscht sein, aber nur, weil er nicht mit klarem Kopf auf diese islampolitische Gruppe geschaut hat.
    Der Orient ist nicht mit der freiheitlich demokratischen Welt kompatibel, er kann eine jahrhundertelange Entwicklung nicht in 3-4 Generationen aufholen,
    dieses Denken gehört nicht nach Europa. Fazit:
    Ein künstliches Experiment ist gescheitert, niemand darf Zusammenführen, was nicht zusammen gehört, das ist unmenschlich. Danke Erdogan.