Aufruf zur Bespitzelung

Türkischer Bund fordert Entschuldigung von Körting

Der Aufruf Ehrhart Körtings, man solle bei Nachbarn, „die nur Arabisch oder eine Fremdsprache sprechen“ näher hingucken, hat beim Türkischen Bund Berlin-Brandenburg Empörung ausgelöst. Sie fordert eine Entschuldigung.

Freitag, 19.11.2010, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.11.2010, 3:08 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verkündete Terrorgefahr hat Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) auf den Plan gerufen. Er rief die Menschen zu Wachsamkeit gegen mutmaßliche Terroristen auf. „Man sollte achtsam sein“, sagte er vergangenen Mittwoch der RBB-Abendschau.

„Wenn wir in der Nachbarschaft irgendetwas wahrnehmen, dass da plötzlich drei etwas seltsam aussehende Menschen eingezogen sind, die sich nie blicken lassen oder ähnlich, und die nur Arabisch oder eine Fremdsprache sprechen, die wir nicht verstehen, dann sollte man glaube ich schon mal gucken, dass man die Behörden unterrichtet, was da los ist“, so der Berliner Innensenator im Wortlaut.

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TBB fordert Entschuldigung
Darauf reagierte der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) mit Empörung und Verwunderung. „Es ist inakzeptabel, dass ein Innenminister zur Denunziation aufruft“, sagte der Sprecher des TBB, Safter Çınar.

Alle Menschen hätten das höchste Interesse, dass Terror verhindert wird, aber dies könne die Äußerungen des Innensenators in keinster Weise rechtfertigen. Der Innensenator scheine auch vergessen zu haben, dass beispielsweise der Anführer der sog. Sauerlandgruppe ein gebürtiger Deutscher ist.

Angesichts der unstrittigen Verdienste von Ehrhart Körting wolle der TBB nicht so weit gehen, seinen Rücktritt zu fordern, doch müsse er diese Aussage umgehend zurücknehmen. „Das ist für uns eine Sache der ganzen Landesregierung, deshalb ist auch der Regierende Bürgermeister Wowereit gefordert, seinen Innensenator zu Räson zu rufen“, sagte Çınar.

Bespitzelung nicht hinnehmbar
Auch für Christine Buchholz, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der Linkspartei, ist der Aufruf Körtings inakzeptabel. „Die Terrordebatte darf nicht dazu genutzt werden, arabische Mitbürger unter Generalverdacht zu stellen. Körtings Aufruf an die Bevölkerung, ausländische Nachbarn zu bespitzeln, ist nicht hinnehmbar“, sagte die Linkspolitikerin.

Körting befördere Misstrauen und rassistische Vorurteile. In der öffentlichen Wahrnehmung entstehe so das Bild eines gewalttätigen Islam. „In der Realität lehnt die überwältige Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime Terroranschläge ab. Wenn man Terrorgefahr verhindern möchte, muss die Bundesregierung ihre Beteiligung am ‚Krieg gegen den Terror‘ einstellen“, forderte Buchholz abschließend. (bk) Aktuell Politik

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  1. Dirk Märtin sagt:

    Zum Glück sind schon sehr oft Straftaten durch die Aufmerksamkeit der Bürger bereits im Vorfeld verhindert worden. Die soll und muss auch für terroristische Attentate gelten! Die Augen offen zu halten hat nichts mit der Vorverurteilung irgendwelcher ethnischer Gruppen zu tun!

  2. aisha sagt:

    Die Terrorangst wird noch dazu führen, dass bei allen Migranten generell Telefone und Wohnungen abgehört werden. Ich kann das nicht mehr hören. Wenn wir Krieg führen in anderen Ländern, dann steigt die Terrorgefahr.
    Als es den Terror der Roten Armee Fraktion gab, hat niemand das Christentum in Frage gestellt. Der Islam muss für vieles Herhalten. Terorristen sind keine Muslime. Kein Muslim befürwortet Terroranschläge. Genauso wie kein Christ sexuellen Missbrauch an Kindern befürwortet. Aber um die Wahrheit geht es ja nicht.

  3. Pingback: Wochenrückblick – KW 46/2010 – | Migration und Integration in Deutschland | MiGAZIN

  4. schwesteringeborg sagt:

    Körtings Aufruf ist nachvollziehbar, aber schlicht naiv.

    Zu Zeit der RAF fühlten sich viele Bürger aufgerufen, „die Alternativen“ genauer zu beobachten, also Wohngemeinschaften etc.
    Die Terroristen gaben sich allerdings eher eine bürgerliche Fassade.
    Der Vergleich mit der christlichen Herkunft der RAF-Terroristen ist, nebenbei bemerkt, ebenfalls verfehlt. , weil die RAF sich nicht als religiöse Terrorgruppe verstand.

    Das aktuellste Beispiel für einen unauffälligen Kleider- und Lebensstil war die NSU

  5. Wendy sagt:

    @aiha – als 9/11 war gab es riesige Freudesfeiern in den arabisch/muslimischen Ländern. Die haben auf den Straßen getanzt!
    DAs scheint mir schon eine „Befürwortung“ zu sein.

    Klar, das hat nichts mit dem Islam zu tun -sagen sie- aber die Menschen dort sehen das vielleicht etwas anders als sie, schon mal daran gedacht?

    Es gibt im übrigen auch christliche Sekten die Gewalttaten verüben. Nach deren Auffassung sit das auch Christen.

  6. Einspruch sagt:

    @aisha

    Das Sie die RAF in welcher Form auch immer in Beziehung zum Christentum zu rücken zeigt mir das Sie wohl nicht sehr viel über die Entstehung und Zielsetzung der damaligen RAF wissen. Die RAF entstammt einem radikal linkem Gedankengut mit Hang zur Anarchie. Sie hatte keinerlei Bezug zum Christentum aber nachweislich regen Kontakt zu palästinensisch-muslimischen Terroristen, der El Fatah im Libanon wo sich die RAF Terroristen haben ausbilden lassen.
    Schauen Sie sich mal den Film – Der Baader Meinhof Komplex an, dann wissen Sie einiges mehr.
    http://www.planet-wissen.de/politik_geschichte/verbrechen/raf/index.jsp

    Wenn Sie schon das Christentum mit Gewalt reinziehen wollen sollten Sie sich der IRA – der irischen Untergrundarmee zuwenden. Hier geht es oberflächlich betrachtet um die gegenseitige Bekämpfung katholischer Iren gegen englische Protestanten die über Jahrhunderte hinweg Teile von Irland der englischen Krone widerrechtlich einverleibt haben. Der IRA geht es aber im Gegensatz zur Hamas nicht um die Zerschlagung Englands sondern lediglich um eine Wiedervereinigung und Eingliederung Nordirlands zur Republik Irland. Der Konflikt zwischen beiden Parteien ist also nur vordergründig religiös aber fast zu 100% politisch motiviert.
    http://www.planet-wissen.de/politik_geschichte/verbrechen/ira/index.jsp